Diskussion über Ausbau der Impfstoff-Produktion

(c) Motivbild/Novartis

Bundeskanzler Sebastian Kurz will mit der Industrie über einen Ausbau der Impfstoffproduktion reden. Diese bremst die Hoffnungen. Europäische Impfstoff-Produktionsstätten aus- und aufzubauen, sei zeitaufwendig und kostenintensiv, aber jedenfalls zu unterstützen.

Die aktuelle Situation rund um Verzögerungen bei Lieferungen von Corona-Impfstoffen führt zu Diskussionen über einen Ausbau der Impfstoffproduktion in Europa. Die Industrie warnt allerding vor allzu großen Erwartungen. Die Unterstützung seitens der EU sei zwingend notwendig, um die Impfstoffproduktion speziell für Covid-19-Impfungen zu erhöhen. Allerdings sei dies nicht in wenigen Wochen oder Monaten umzusetzen, sagt Alexander Herzog, Generalsekretär des heimischen Pharmaverbandes. Er übt aber auch Kritik: „Wir haben wertvolle Zeit bereits im letzten Jahr verloren, was das Hochfahren an Produktionskapazitäten betrifft. Dies deshalb, weil vielen auf EU-Ebene erst jetzt bewusst wird, dass die Impfstoffproduktion nichts Alltägliches ist, sondern eine hoch komplexe Angelegenheit. Hier die Produktionskapazitäten auszubauen, ist sehr aufwendig und kostenintensiv.“

Um eine Impfung beispielsweise gegen Covid-19 herzustellen, müssten mehrere hundert Einzelteile zusammengeführt werden. Dafür sind einerseits spezielle Produktionsverfahren nötig, andererseits auch entsprechendes Expertenwissen, um diese Prozesse durchführen zu können. „Das ist der Grund, warum es weit weniger Produktionsstätten für Impfstoffe gibt als für andere Arzneimittel. Und es ist auch der Grund, weshalb drei Viertel der weltweiten Impfstoffproduktion immer noch in Europa passieren, was natürlich positiv zu sehen ist“, so Herzog.

Ein Weg, die Produktion von Impfstoffen in der EU auszubauen und den die pharmazeutische Industrie begrüßt, ist der Vorschlag der Kommission, über eine öffentlich-private Partnerschaft in die Erforschung neuer Virus-Varianten und in den Ausbau der Produktion zu investieren. Diese als „HERA Incubator“ bezeichnete Kooperation soll Kräfte aus unterschiedlichen Bereichen bündeln, um möglichst schnell neue Virus-Varianten zu erkennen und mit angepassten Impfstoffen darauf zu reagieren. Zur Erhöhung der Impfstoffproduktion ist hier konkret geplant, ein Netz von Produktionsanlagen zu schaffen, das dazu dient, einen erhöhten, schnellen Bedarf an Impfstoffen abdecken zu können – auch unter Bereitstellung von speziell geschultem Personal, das in der Impfstoffproduktion schlichtweg notwendig ist.

Wie wichtig das sei, zeige das Beispiel, dass der Impfstoff-Entwickler Moderna letztes Jahr vergeblich um Unterstützung durch die EU bat und letzten Endes Aktien im Wert von über einer Milliarde Dollar verkaufte, um selbst am Aufbau einer europäischen Lieferkette zu arbeiten. Auch andere Impfstoffhersteller berichten laut Herzog davon, wie schwierig es ist, rasch anderswo geeignete Produktionsstätten zu finden. Eine Umrüstung auf die Produktion von Covid-19-Impfstoffen wäre zwar in einzelnen Werken möglich, aber keinesfalls in kurzer Zeit. „Das ist auch insofern heikel, als es darum geht, durch solche Umrüstungen nicht die Verfügbarkeit anderer Impfstoffe zu gefährden“, warnt Herzog. (red)