Interview: So will der Gesundheitsminister seine Arbeit anlegen

Gesundheitsminister Rudolf Anschober im Gespräch mit RELATUS-Chefredakteur Martin Rümmele. © Oliver Miller-Aichholz

Er wolle keine „Politik des Drüberfahrens“ machen, sondern alle Stakeholder im Gesundheitsbereich einbinden, sagt Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) im RELATUS-Interview. Und er macht klar: „Gesundheit ist eine der Prioritäten dieser Regierung.“

Im Gesundheitsbereich sind in den vergangenen Monaten viele Dinge offen geblieben: Ärzte und Apotheker diskutieren über eine Liberalisierung der Hausapotheken, über mehr Geld für Nachtdienste und Lieferengpässe bei Medikamenten. Wie werden Sie hier agieren? Mein Stil ist, dass ich mir beide Seiten und Argumente anhören werde und dann versuchen werde auch gemeinsam Lösungen zu finden. Ich möchte nicht vorab per Zuruf von außen Position beziehen. Türkis und Grün sind wie wir wissen unterschiedlich positioniert – wenn diese Parteien es schaffen zu einem Konsens zu kommen, schaffen wir es auch alle miteinander im Gesundheitsbereich. Meist sind es nicht die besten Lösungen, wenn man einem zu 100 Prozent Recht gibt. Oft ist die Lösung ein Kompromiss. Meine Priorität ist aber immer auch die Versorgung der Bevölkerung und nicht die Erfüllung der Anliegen eines Interessenten. Alle Stakeholder haben natürlich ihre Einzelinteressen. Das übergeordnete Interesse einer guten Versorgung für die Menschen eint am Ende des Tages aber alle.

Apotheken, Pharmabranche und Ärzte wollen mehr Geld für das System und auch für den eigenen Aufwand oder Produkte. Zahlen müssen das am Ende die Krankenversicherungen. Werden Sie sich hier einbringen? Auch hier gilt: ich werde mir alle Seiten an den Tisch holen, anhören und dann Entscheidungen treffen. Das ist die Art, wie ich Politik machen will: zuerst Fachliches aufrollen und die Expertise einholen. Für mich ist es ein Mindestmaß an Respekt in einer Funktion wie der meinen, Betroffene an den Tisch zu holen, zu reden und die Standpunkte anzuhören. Mein Bereich ist ein Ressort des Zusammenhalts – das heißt eben auch, in Dialog mit allen zu treten. Ich will nicht eine Politik des Drüberfahrens machen.

Beobachter kritisieren, dass die Regierung die Vorhaben im Gesundheitsbereich nicht beziffert hat und das Geld im System nicht dafür ausreicht. Wie sehen Sie das? Braucht es mehr Geld im System und woher soll es kommen? Man findet in Regierungsprogramm ganz bewusst keine Zahlen und Kosten – weil das Ziel war, die Schwerpunkte zu positionieren. Natürlich haben wir die Kosten teilweise berechnet, um Einschätzungen zu haben. Aber unser Job ist es jetzt, die Schwerpunkte des Programmes zu konkretisieren und dann umzusetzen. Im Bereich der Gesundheit und des Sozialen muss man, wenn man verantwortungsvolle Arbeit macht, zuerst auch investieren, um später zu Einsparungen zu gelangen. Gesundheit ist eine der Prioritäten dieser Regierung. Der zentrale Schlüssel zur Kostendämpfung ist die Vorsorge. Bei allen meinen Vorgängern hat die Vorsorge eine Priorität gehabt, dann wurde aber doch in die klassischen Bereiche investiert. Das möchte ich umdrehen. Investitionen in Vorsorge sieht man erst in zehn Jahren. Das machen Politiker normalerweise eher ungern. Es wird also auch um die Frage gehen, wie wir es schaffen eine breite Allianz zu schaffen, wo alle dabei sind. (rüm)