Jetzt starten Gespräche über die Kassenverluste und Bundeshilfe

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Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) will am Mittwoch mit Gesprächen über die drohenden Verluste der Kassen beginnen. Kritik kommt von der Pharmabranche, die sich gegen den Vorwurf der hohen Medikamentenausgaben wehrt.

Weil die Haushaltsprognosen der Sozialversicherungsträger für heuer und die kommenden Jahre düster aussehen, werden Hilferufe an den Bund laut. Am Mittwoch starten Gespräche zwischen Vertretern des Finanzministeriums, Vertretern des Gesundheitsministerium, Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) persönlich und den Kassen – den Auftakt macht die ÖGK. Inhalt der Beratungen ist etwa, ob die Kassen durch die Coronakrise entstandene Belastungen von der Regierung ersetzt bekommen. Die Gesamt-Bilanz-Prognose für 2020 des Dachverbands der Sozialversicherungsträger fällt mit einem Corona-bedingten Minus von 619 Millionen Euro über alle fünf Träger hinweg wie erwartet negativ aus. Für das Jahr 2021 wird gar ein Minus von 625 Millionen Euro erwartet, für das Jahr 2022 ein Minus von 797 Millionen Euro. 2023 soll das Defizit laut aktuellen Berechnungen 994 Millionen Euro betragen, im Jahr 2024 wird demnach die Milliardengrenze gesprengt. Das geht aus aktuellen Zahlen des Dachverbands hervor, ab 2020 basierend auf Prognosen. Die Gebarungsvorschau 2021 bis 2024, die laut Dachverband „auf einer sehr vorsichtigen Planung basiert“, zeigt über alle Krankenversicherungsträger hinweg ein kumuliertes Minus von 3,3 Milliarden Euro, davon 2,7 Milliarden für die Österreichische Gesundheitskasse.

Für Diskussionen sorgte am Dienstag der Hinweis, dass die ÖGK erwartet, dass die Ausgaben für Arzneimittel um 4,7 % steigen. Dachverbandsvorsitzende Ingrid Reischl fand das „besorgniseerregend“. Prompte Reaktion des Pharmaverbandes Pharmig: Generalsekretär Alexander Herzog rief zur Sachlichkeit in der Debatte auf: „Die für heuer prognostizierte Steigerung bei den Ausgaben für Medikamente ist noch alles andere als verlässlich oder präzise.“ Einfache Fakten würden, so Herzog, diese Sachlichkeit unterstützen, denn im Zeitraum von 2010 bis 2018 sind die jährlichen Ausgaben bei den Arzneimitteln lediglich um durchschnittliche 2,8 Prozent gestiegen. „Also weit weniger als die jüngst postulierten 4,7 Prozent.“ In der moderaten jährlichen Steigerungsrate seien zudem noch gar keine Rabatte, Vereinbarungen oder Einnahmen durch Solidarbeiträge berücksichtigt, die diese Steigerungsrate zusätzlich senken. Wenn heuer bei den Arzneimittelausgaben seitens der Sozialversicherung tatsächlich Steigerungen zu verzeichnen waren, so sei dies auf die zu Beginn der Krise getätigten Hamsterkäufe zurückzuführen. Denen gegenüber stünden gleichzeitig Umsatzeinbußen von bis zu zehn Prozent bei einzelnen pharmazeutischen Unternehmen aufgrund der reduzierten Patientenaufkommen in den Ordinationen und teilweise reduzierten Versorgung vieler chronisch Kranker. (rüm)