Kommentar: Falsche Hoffnungen bremsen Corona-Maßnahmen

Martin Rümmele ist Chefredakteur von Relatus.

Immer wieder schüttelt man in den vergangenen Monaten den Kopf über das Corona-Management von Regierung und Bundesländern. Eine Analyse, warum das so ist und welche Lösung es braucht.

Regierung und Bundesländer spielen sich seit Monaten gegenseitig den Ball zu, wer denn nun für Corona-Maßnahmen zuständig ist. Dabei kommt es immer wieder zu kuriosen Situationen. Die aktuell peinlichste Debatte ist jene über fehlende Testkapazitäten, den Streit darüber welche Bundesländer die Verteilung von Antigentests in Apotheken ermöglichen und warum Infektionsdaten so spät an den Bund gemeldet werden. In Vorarlberg wird zudem diskutiert, ab welchem Tag sich Corona-Infizierte freitesten können. Wer allerdings glaubt, dass hier Gesundheitsexperten zu Wort kommen, irrt. Gestritten wird zwischen der schwarzen Wirtschaftskammer und der ebenfalls schwarzen Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) – einer gelernten Kommunikationsberaterin. In Oberösterreich wiederum wird das Contact Tracing weitgehend eingestellt. Es werden bis auf Weiteres nur noch infizierte Personen und nicht mehr Kontaktpersonen behördlich erfasst und in Quarantäne geschickt.

Obwohl die Corona-Infektionszahlen enorm hoch bleiben, mehren sich die Rufe nach Lockerungen. Die Wirtschaft aber auch die Opposition drängen angesichts der mit Februar startenden Impfpflicht – aber wohl vor allem wegen der beginnenden Semesterferien – auf ein Ende des so genannten Lockdowns für Ungeimpfte. Zudem gerät die Sperrstunde um 22 Uhr in Diskussion. Wenig überraschend passiert das vor allem in den Tourismusgebieten.

Per Verordnung hat nun Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) ein Register für hospitalisierte Covid-19-Patienten eingerichtet. Das von der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) geführte Tool soll Grundlage „für ein effektives und effizientes Krisenmanagement“ sein und der Planung, Qualitätssicherung und Qualitätsberichterstattung in der Gesundheitsversorgung dienen. Auch wissenschaftlicher Erkenntnisgewinn – beispielsweise bezüglich Behandlungsprozessen und -ergebnissen von stationär betreuten Covid-19-Patienten – soll damit erleichtert bzw. möglich gemacht werden. Gemäß der Verordnung, die mit 30. Juni wieder außer Kraft tritt, haben die Länder, die Landesgesundheitsfonds und die Träger von Krankenanstalten ihre Daten täglich der GÖG zu übermitteln, die sie verwenden und in anonymisierter Form verarbeiten darf.

Klingt dringend notwendig, kommt aber zwei Jahre nach dem Beginn der Pandemie reichlich spät. Warum das bisher nicht passiert ist und warum in den Ländern bis heute nicht ausreichende Kapazitäten für Contact Tracing und Testsysteme geschaffen wurden, ist so einfach wie beschämend: Man wollte keinen teuren Ressourcen aufbauen, man wollte sich nicht in die Karten blicken , weil man Vergleiche mit anderen Bundesländern scheut und vor allem redete man sich nach jeder Coronawelle ein, dass dies jetzt wohl die Letzte gewesen ist und die Pandemie nun bald vorbei ist. Dass sich das mit Omikron nun wiederholt, zeigt dass die Politik in zwei Jahren Pandemie wenig gelernt hat. (rüm)