Kommentar: Föderalismus aussetzen, um Virus zu bremsen

Martin Rümmele ist Chefredakteur von Relatus.

Die Kritik an den Bundesländern in Sachen Pandemiemanagement wächst. Nicht nur Tiroler Politiker machen sich zum Gespött in halb Europa, auch andere Ländler patzen kräftig. Vielleicht sollte man den Föderalismus in der Pandemie einfach einmal aussetzen.

Man glaubt es kaum: Das Contact Tracing in Kärnten wird im Laufe dieser Woche in allen Bezirken auf elektronische Erfassung umgestellt. Das ist kein Scherz – das hat der Landespressedienst am Montag mitgeteilt –fast ein Jahr nachdem der erste Corona-Fall in Österreich aufgetreten ist. Bisher arbeiteten zumindest manche der Gesundheitsbehörden in Kärnten bei der Dokumentation von Kontakten immer noch analog. Die Software wurde übrigens in der Steiermark programmiert. Jedes Land kocht nämlich seine eigene Suppe. Das hat zuletzt auch der Präsident der Industriellenvereinigung, Georg Knill, kritisiert. Besonders problematisch sieht er „die Verländerung der Verimpfung“.

Die wiederum läuft völlig unterschiedlich. Während Vorarlberg bereits das gesamte Gesundheitspersonal am 9. Jänner erstmals geimpft hat, starten die Steirer an diesem Wochenende mit der Impfung des niedergelassenen Gesundheitspersonals. Im Burgenland hat immerhin am vergangenen Wochenende eine groß angelegte Impfaktion für medizinisches Personal stattgefunden. Manche Bundesländer scheinen ihre Corona-Aktivitäten offenbar immer noch darauf zu beschränken, auf besseres und wärmeres Wetter zu hoffen. Die gewohnt streit- und partylustigen Tiroler wiederum legen sich derzeit gerade mit den Bayern an, weil diese die Grenzen dichtmachen. Der Grund: in Tirol grassiert die hochinfektiöse Südafrika-Variante des Virus. Doch das wollen die Tiroler noch nicht so wirklich glauben.

Da in den vergangenen Monaten zur Eindämmung der Pandemie immer wieder Bereiche ausgesetzt worden sind – Gastronomie und Kultur etwa leiden neben vielen anderen Sektoren besonders – sollte man einmal über neue vielleicht wirkungsvollere Maßnahmen nachdenken. Eine solche könnte sein, den Föderalismus bis zum Sommer auszusetzen und die Pandemiemaßnahmen doch zentral zu steuern – ohne Zwischenrufe aus den Ländern. Wenn er doch jemandem abgeht, können wir den Föderalismus danach ja wieder einsetzen. (rüm)