Kommentar: Gesundheitsbereich wird für Corona zahlen müssen

Martin Rümmele ist Chefredakteur von Relatus.

Sowohl in Österreich, wie auch innerhalb der EU mehren sich die Anzeichen, dass am Ende des Tages im Gesundheitsbereich gespart werden wird. Die Sorge vor einer wirtschaftlichen Krise wird vor der Sicherheit der Gesundheitsversorgung überwiegen.

Die Einigung beim EU-Gipfel über die Finanzierung der Corona-Kosten und des EU-Budgets sorgt nicht überall für Freude. Die EU-Kommission und das EU-Parlament bedauern etwa Kürzungen im Bereich Gesundheit. Die EU-Kommission hatte 9,4 Milliarden für Gesundheitsprogramm „EU4Health“vorgeschlagen, die Staats- und Regierungschefs haben das auf 1,7 Milliarden zusammengestrichen. „Wir bedauern, dass unser sehr ehrgeiziger Vorschlag nicht zur Gänze berücksichtigt wurde, aber wir sind sehr glücklich, dass der Europäische Rat die Notwendigkeit eines neuen EU-Gesundheitsprogrammes erkannt hat“, sagte ein Kommissionssprecher am Mittwoch in Brüssel. Soll heißen: Bisher gab es gar nichts, jetzt ist es ein erster Schritt. Das EU-Parlament wird hier deutlicher: Es will die beim EU-Gipfel erzielte Einigung auf das nächste EU-Budget und den Corona-Aufbaufonds ablehnen. Die vorgeschlagene Kürzung des nächsten EU-Finanzrahmens für die Jahre 2021 bis 2027 in den Bereichen Gesundheit und Forschung wird in einem Resolutionsentwurf angesichts der globalen Coronapandemie als „gefährlich“ bezeichnet.

In Österreich wiederum kommt vor allem von der Arbeitgeberseite in der Sozialversicherung Druck, dass die Wirtschaft möglichst von den Corona-Kosten entlastet wird. Schon fallen Begriffe wie „Konsolidierungskurs“ in den Krankenversicherungen. Telemedizinische Lösungen werden zurückgenommen, weil man fürchtet, dass Arbeitnehmer und Ärzte das ausnutzen. Präventionsausgaben der Kassen für HIV-Infektionen sollen gekürzt werden. Betrachtet man diese Entwicklungen aus der Distanz, so zeigt sich klar, dass wohl im Gesundheitsbereich – wie bei früheren Wirtschaftskrisen der Fall war – gespart werden wird. Dass es gerade jene Länder mit guten und nicht bereits kaputtgesparten Gesundheitssystemen waren, die gut durch die Krise gekommen sind, wird bereits wieder vergessen. Dass es gerade die Gesundheitsbeschäftigten waren, die alles getan haben, um die Krise möglichst einzudämmen, wird abgetan. Das Argument ist perfide: Das Virus sei gar nicht so schlimm und deshalb hätte es den Lockdown auch gar nicht gebraucht. Die durch die Pandemie ausgelöste Wirtschaftskrise sei demnach unnötig verursacht worden und es brauche deshalb auch keine Reservekapazitäten im Gesundheitsbereich – das wird das Argument der Kürzungsbefürworter sein. Und treffen wird es alle: Ärzte, Apotheker, Pflege, Pharmabranche und alle anderen Gesundheitsberufe. (rüm)