EU-Deal geht auf Kosten der Gesundheitsausgaben

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Im EU-Fonds zum Wiederaufbau nach der Coronakrise ist ausgerechnet für Gesundheitsausgaben kein Platz mehr. Das 7,7 Milliarden Euro schwere Gesundheitsprogramm wurde aus dem Fonds geworfen. Auch das Forschungsprogramm Horizon soll um fünf Milliarden Euro gekürzt werden.

Nach einem Bericht des Brüsseler Magazins „Politico“ kommt es beim nun fixierten EU-Fonds zum Wiederaufbau nach der Corona-Pandemie zu Kürzungen bei Forschungs- und Gesundheitsmitteln. Nachdem sich die EU-Staats- und Regierungschefs auf Druck der sogenannten „sparsamen“ Nettozahler rund um die Niederlande und Österreich auf eine Verringerung der Zuschüsse im Fonds geeinigt haben, werden woanders geplante Mittel gekürzt. Weil der Zuschussanteil von 500 auf 390 Milliarden Euro sinkt, wurde unter anderem das 7,7 Milliarden Euro schwere Gesundheitsprogramm „EU4Health“ aus dem Fonds geworfen. Auch das Forschungsprogramm Horizon sollte um fünf Milliarden Euro gekürzt werden, was insgesamt 8,5 Milliarden Euro weniger ist als im ursprünglichen Fonds. Der „Just Transition Fund“, der Regionen beim Übergang zum ökologischen Wirtschaften helfen soll, verliert demnach 20 Milliarden Euro.

„Mit der Einigung gibt es erstmals einen Einstieg in eine solidarische Finanzierung. Die Folgen der Corona-Pandemie sollen in einer gemeinsamen europäischen Anstrengung bekämpft werden. Ein wichtiges Zeichen der Solidarität“, sagt ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian, der allerdings die Kürzungen im Gesundheitsbereich kritisiert. Er betont, dass die auf Betreiben der „sparsamen Fünf“ beschlossenen Kürzungen der Zuschüsse zulasten wichtiger Initiativen des EU-Haushalts gehen. Katzian: „Das sind ausgerechnet jene Mittel, die den notwendigen massiven Strukturwandel sozial verträglich abfedern können. Das Ergebnis geht also auch auf Kosten der Zukunftsperspektiven von ArbeitnehmerInnen und Regionen. Das könnte die soziale Stabilität in Europa weiter gefährden.“ Auch SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner hat die Finanzeinigung des EU-Gipfels als „überfälligen Schritt“ bezeichnet, zugleich aber Kritik an den Mittelkürzungen geübt. „Die Kürzungen im EU-Budget bei den Programmen für Gesundheit, Forschung und Klimaschutz, während die Bereiche Rüstung und Verwaltung mehr Mittel bekommen, sind kurzsichtig und falsch“, teilte Rendi-Wagner am Dienstag der APA mit. Ähnlich wie Rendi-Wagner äußerte sich auch SPÖ-Europasprecher Jörg Leichtfried, der zugleich Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) angriff. Mit seiner „rigiden Haltung“ habe dieser nämlich geschafft, „dass es Kürzungen bei den wichtigsten Zukunftsbereichen gibt – im Gesundheitswesen, bei Forschung und Innovation und beim Klimaschutz. Genau in diesen Bereichen müssten wir aber investieren, damit wir gut aus der Corona-Krise kommen und nicht in eine tiefe Sozial- und Klimakrise schlittern“, so Leichtfried.

Die Klimaschutzaktivisten von „Fridays For Future Österreich“ haben nach dem EU-Finanzdeal scharfe Kritik an Bundeskanzler Kurz geübt. Aufgrund des Beharrens der „Sparsamen Vier“ sei es nämlich zu „massiven Kürzungen“ unter anderem beim Klimaschutz gekommen, hieß es am Dienstag in einer Aussendung. Auch Greenpeace und WWF reagierten enttäuscht. Kurz und seine „sparsamen“ Kollegen würden keinerlei Bewusstsein für globale Verantwortung und die klimapolitische Vorbildfunktion der EU zeigen, kritisierte auch Leo Doden von „Fridays For Future“. „Wer in Österreich ständig davon redet, dass wir EU-weite Lösungen brauchen, darf dieselbigen dann nicht blockieren“, forderte er.

Die Spitzen der ÖVP-nahen Sozialpartnerorganisationen Wirtschaftskammer und Landwirtschaftskammer sowie der Industriellenvereinigung haben hingegen erfreut auf die EU-Finanzeinigung reagiert. „Europa hat die Weichen in Richtung Zukunft gestellt. Die österreichischen Verhandler haben dabei gemeinsam mit anderen Ländern wichtige Impulse eingebracht“, schrieb WKÖ-Präsident Harald Mahrer in einer Aussendung. IV-Präsident Georg Knill sprach von einem „wichtigen Schritt, um die Wirtschaftskrise bewältigen zu können“. Aber auch Mahrer und Knill drängten auf eine stärkere Unterstützung von Zukunftsthemen wie Forschung, Innovation und Digitalisierung im EU-Budget. Der IV-Präsident beklagte aber, dass das Engagement der Staats- und Regierungschefs diesbezüglich „ausbaufähig“ sei. (red)