Kommentar: Warum der Herbst erneut ein Corona-Drama bringt

Martin Rümmele ist Chefredakteur von Relatus.

Pandemie trifft auf Inflation, Rohstoffknappheit, Energiekrise und Krieg. Der Herbst wird einige bittere Überraschungen bringen, wenn nicht rasch Lösungen gefunden werden.

Corona ist nicht mehr vorrangiges Thema in den öffentlichen Diskussionen. Energiekrise, Inflation und der Krieg in der Ukraine haben das Virus aus unserer Wahrnehmung verdrängt. Gleichzeitig sinken die Infektionszahlen. Im Tourismus und in vielen Gemeinden macht sich die Stimmung breit, dass die Pandemie überwunden ist. Dazu kommt die verbreitete Meinung, dass wir angesichts der zahlreichen Omikron-Infektionen bei Geimpften mit Corona leben werden müssen.

Und schon machen wir wieder die gleichen Fehler, wie in den vergangenen beiden Jahren: wir fühlen uns in Sicherheit und reden SARS-CoV-2 klein. Dass in der Südhalbkugel die Fallzahlen bereits wieder steigen und neue Mutationen unterwegs sind, verdrängen wir. Das alles wird dazu führen, dass die Zahl der Auffrischungsimpfungen im Herbst sehr niedrig sein werden. Die Impfpflicht, die wir jetzt schon wieder vergessen, wird also spätestens im Oktober wieder scharf gestellt – vermutlich schon früher. Das wird auch zu neuen Protesten führen. Dazu kommt, dass wohl die Inflation im Herbst voll durchschlagen wird und auch die Energieversorgung zu einem ernsten Problem wird. All das wird das Gesundheitswesen massiv belasten. Das müssen wir den Menschen schon jetzt klar kommunizieren.

Die Politik muss zudem jetzt daran arbeiten, rasch die richtigen Weichen zu stellen. Und dazu wird es keine lokalen Lösungen benötigen, sondern internationale. Die jahrzehntelangen Rufe nach einem schlanken Staat haben dazu geführt, dass in vielen Bereichen die Kapazitäten schon vor der Pandemie am Limit waren. Auch hier muss man jetzt gegensteuern. Das wird Geld kosten. Und wohl auch deshalb werden wir Diskussionen führen müssen, wie jene, die Gesundheits- und Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) am Wochenende mit dem Ruf nach Vermögenssteuern wieder angezogen hat. Auch das wird wohl nur in internationaler Abstimmung gehen. Hier zeigt sich: eine Pandemie ist wie der Name sagt ein globales Problem. Bisher wurden die Lösungen aber nur national gesucht, in Österreich sogar regional. Und oft mutierten die Meinungen der Landeshauptleute rascher, wie das Virus. Wir müssen jetzt dringend neue Wege gehen.

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass der Föderalismus gesundheitsschädigend ist und sich die Bundesländer in Gesundheitsfragen zunehmend als inkompetent erweisen. Es braucht endlich Transparenz über regionale Ausgaben, Erkrankungszahlen, Spitalsdaten und eine zentrale Steuerung. (rüm)