Meinung: Die Kassenfusion spaltet Gesundheitsakteure

Martin Rümmele ist Chefredakteur von Relatus.

Die bisherigen Gebietskrankenkassen werden zu Landesstellen der neuen ÖGK umgebaut. Die Frage, wie viel Autonomie diese regionalen Einrichtungen erhalten sollten, hat große Bedeutung für die künftige Ausgestaltung des Gesundheitswesens.

Neun Gebietskrankenkassen werden in den kommenden Monaten zur neuen Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) zusammengeführt. Als die schwarz-blaue Regierung die Reform beschlossen hat, wurde vor allem den Bundesländern versprochen, dass künftig weiterhin viele Entscheidungen vor Ort getroffen werden. Experten, wie der Wirtschaftsprofessor Werner Hoffmann, der eine Studie für das Sozialministerium erstellt hat, empfehlen hingegen möglichst viele Entscheidungen zentral zu treffen, um das angepeilte Einsparungsvolumen zu erreichen. „Die Realisierung dieses Kostensenkungspotenzials erfordert allerdings ein professionelles Integrationsmanagement sowie die konsequente Reorganisation der Verwaltungsstrukturen und -abläufe und wird erst nach fünf Jahren voll wirksam werden“, schreibt er in seiner Studie.

Eine aktuelle RELATUS-Blitzumfrage unter Ärzten und Apothekern kommt knapp zu einem ähnlichen Ergebnis: 52 der Umfrageteilnehmer sind der Meinung, dass die ÖGK alle Aufgaben zentral bündeln soll – das spare Kosten und erhöhe die Effizienz, es brauche keine neun verschiedenen Landessysteme. Allerdings sind auch 48 Prozent der gegenteiligen Meinung: Die Landesstellen sollen weiter über Honorare und Leistungen entscheiden können. Wer vor Ort sitzt, wisse besser, was gebraucht wird. Die ÖGK soll maximal ein Dach sein, so die Umfrageteilnehmer.

Das zeigt wie gespalten die Akteure im Gesundheitswesen der Fusion gegenüber stehen. Für ein so großes Reformvorhaben ist das keine optimale Ausgangsposition und das Kassenmanagement und die Politik werden alle Hände voll zu tun haben, alle Gesundheitsakteure von der Sinnhaftigkeit der Reform zu überzeugen. Dafür haben sie denkbar wenig Zeit, wenn die Grundzüge der fusionierten ÖGK bereits mit 1.1.2020 stehen sollen. Dass es wohl bis in den Spätherbst hinein keine funktionsfähige Bundesregierung geben wird, die die Reform befürwortet, macht das Vorhaben noch schwieriger. Bringt die Wahl keine Neuauflage von schwarz-blau könnte die Reform noch weiter stocken. Die kommenden Wochen werden also bereits zeigen, ob die Zusammenlegung der Krankenkassen wirklich funktionieren kann. (rüm)