Neue Debatte über Zahlungen der Pharmaindustrie an Ärzte

Die Organisation Transparency International Austria fordert eine gesetzliche Verpflichtung zu mehr Transparenz bei Zahlungen der Industrie an Ärzte und medizinische Einrichtungen. Die Industrie weist das zurück und kritisiert, dass Ärzte namentlich an den Pranger gestellt werden.

Rund 140 Millionen Euro zahlt die Pharmaindustrie in Österreich jährlich an Ärztinnen und Ärzte sowie medizinische Einrichtungen. Dabei geht es um Honorare für Forschungsprojekte, Vorträge und Beratungen, Unterstützung für Veranstaltungen und Kongressreisen sowie Spenden. Kritiker orten aber fehlende Transparenz. Im Jahr 2015 der europäische Branchenverband der Pharmaindustrie EFPIA, einen „Disclosure Code“ veröffentlicht und umfangreiche Transparenz versprochen. In vielen Ländern erfolge die Umsetzung dieses Versprechens aber nur halbherzig, sagt Andrea Fried, Leiterin der Arbeitsgruppe Gesundheit bei Transparency International Austria. Anstatt die Empfänger der Gelder aufzulisten, würden sich viele Firmen hinter dem Datenschutz verstecken und die namentliche Nennung der Zahlungsempfänger von deren Zustimmung abhängig machen. In Österreich sei der Anteil der anonymen Meldungen besonders hoch. Während etwa in Belgien, den Niederlanden und Spanien 100 Prozent der Zahlungen namentlich offengelegt werden, sind es hierzulande gerade einmal 18,5 Prozent.

„Die freiwillige Selbstverpflichtung ist gescheitert“, betont Fried. „Pharmafirmen, die konsequente Zustimmung zur namentlichen Offenlegung einholen, sind in Österreich eine Rarität.“ Transparency International Austria fordert daher eine gesetzliche Verpflichtung nach dem Vorbild des „Physician Payment Sunshine Act“, einem Gesetz in den USA aus dem Jahr 2012. Alle Zahlungen von Herstellern von Arzneimitteln und Medizinprodukten an Angehörige von Gesundheitsberufen müssen aufgrund dieses Gesetzes gemeldet und in der zentralen Datenbank https://openpaymentsdata.cms.gov/ veröffentlicht werden.

Die Industrie weist die Kritik zurück. Es seien gesetzliche Vorgaben, die eine Zustimmung für namentliche Offenlegung von Zahlungen seitens pharmazeutischer Unternehmen verlangen. Jährlich würden die Unternehmen der pharmazeutischen Industrie offenlegen, welche Honorare sie im Rahmen der Zusammenarbeit mit Angehörigen und Institutionen der Fachkreise bezahlt haben. Stimmen Betroffene zu, können die Unternehmen die Namen der Empfänger angeben, andernfalls erfolgt die Offenlegung von Honoraren zusammengefasst. Grundlage für dieses Vorgehen sei der in Österreich geltende Datenschutz. Ein Gesetz, das die Empfänger von Zuwendungen verpflichtet, einer namentlichen Offenlegung zuzustimmen, gibt es nicht. Die Vorwürfe sind für Alexander Herzog, Generalsekretär des Branchenverbandes Pharmig, haltlos und kontraproduktiv: „Diese Kritik weisen wir aufs Schärfste zurück. Die Unternehmen müssen sich nach den bei uns geltenden datenschutzrechtlichen Gesetzen richten. Sie dafür zu kritisieren und ihnen vorzuwerfen, sie seien intransparent, ist absurd.“

Jede namentliche Veröffentlichung sei auch seitens der Pharmig wünschenswert. Denn sie schaffe noch mehr Transparenz und erhöhe damit das Vertrauen in eine Zusammenarbeit, die letzten Endes im Sinne der Gesundheitsversorgung ist. Herzog: „Es ist völlig legitim, dass Ärztinnen und Ärzte für ihre Expertise rund um die Verbesserung oder Entwicklung von Arzneimitteln angemessen honoriert werden. Leider aber wurden konsequent jene Ärztinnen und Ärzte an den Pranger gestellt, die seit Einführung der Transparenzinitiative im Jahr 2016 namentlich zu ihrer Kooperation mit der pharmazeutischen Industrie gestanden sind. Dabei sollte allen klar sein, dass es nur gemeinsam möglich ist, Meilensteine in der Medizin zu setzen.“ (red)