© MUW/APA /Tanzer Keuchhusten, Diphtherie und Hepatitis A sind wieder auf dem Vormarsch, warnen Expert:innen im Vorfeld des Impftages. Das Problem: „Impfen ist nicht mehr in“.
Expert:innen haben am Dienstag vor der Rückkehr hierzulande bereits verdrängter Krankheiten gewarnt. Das betrifft etwa Keuchhusten und Masern, aber auch Diphtherie sowie Hepatitis A. Ursula Wiedermann-Schmidt, Leiterin des Zentrums für Pathophysiologie, Infektiologie und Immunologie der MedUni Wien, sprach im Vorfeld des Österreichischen Impftages (17. Jänner) in Bezug auf Hepatitis A sogar von der Notwendigkeit einer Adaption des Impfplanes, weg von einer Reiseimpfung. Während bei einzelnen Erkrankungen – so etwa bei der Influenza – die Nachfrage nach Impfungen deutlich gestiegen ist, lässt die Moral bei anderen Erkrankungen nach wie vor zu wünschen übrig. Und, wie Wiedermann-Schmidt bei einer Pressekonferenz sagte, das Problem liegt vor allem auch darin, die Botschaft an die Bevölkerung zu bringen, denn das Problem sei: „Impfen ist nicht mehr in.“
Die Expertin wies darauf hin, dass die Influenza-Welle bereits angesprungen ist und dass sich eine Mutation des Typs H3N2 durchgesetzt habe, die ein bisschen Sorgen bereite. Die Impfung schützt demzufolge nicht so gut vor einer Infektion, wohl aber vor schweren Krankheitsverläufen und minimiert das Risiko für schwere Folgeerkrankungen der Influenza. Unter anderem ist die Gefahr von Herzmuskelentzündungen und Gehirnentzündungen für Patienten, die eine Grippe durchgemacht haben, deutlich höher als bei Gesunden. Bei Covid-19 ist der Gipfel der Expertin zufolge bereits deutlich überschritten. Bei RSV (Respiratorisches Synzytial-Virus) hat die Welle Wiedermann-Schmidt zufolge noch nicht eingesetzt, sie erwartet diese aber Ende Dezember oder im Jänner.
Ein Beispiel für Krankheiten, die zunehmend wieder auftreten, sind die Masern: Es habe heuer zwar weniger Fälle gegeben als 2024, aber immerhin 35 Patient:innen seien hospitalisiert worden. „Dass es sich um eine leichte Kinderkrankheit handelt, ist sicher die falsche Assoziation“, sagte Wiedermann-Schmidt. In den USA und Kanada habe man auch gesehen, was geschehe, wenn die Durchimpfungsrate sinkt – die nordamerikanischen Staaten wurden von einer regelrechten Masernwelle überrollt.
Pertussis tritt ebenfalls wieder verstärkt auf. Wiedermann-Schmidt machte darauf aufmerksam, dass die Auffrischung alle fünf Jahre besonders wichtig sei und es auch einen einfachen Pertussis-Impfstoff gebe. Es sei unter anderem dann zielführend, diesen zu verabreichen, wenn der Schutz gegen die anderen in der Kombi-Impfung abgedeckten Krankheiten wie Tetanus und Diphtherie noch ausreichend vorhanden ist. Hepatitis-A-Erkrankungen sind hierzulande und in benachbarten Staaten wie Tschechien, der Slowakei und Ungarn ein zunehmendes Problem, sagte Wiedermann-Schmidt. Vor allem bei Erwachsenen, Obdachlosen, homosexuellen Männern und Sexarbeiter:innen traten Fälle auf.
Wiedermann-Schmidt, Rudolf Schmitzberger, Leiter des Impfreferates der Österreichischen Ärztekammer und Gerhard Kobinger, Zweiter Vizepräsident der Österreichischen Apothekerkammer, machten darauf aufmerksam, dass es auch Impferfolgsgeschichten gebe, wie die Gratisprogramme gegen Pneumokokken und Herpes Zoster (Gürtelrose) für Über-60-Jährige zeigen würden. Die Expert:innen räumten ein, dass es Engpässe gibt, was vor allem an der Verteilung liegen dürfte. Denn laut Einträgen in den Impfpässen wurden bisher erst 25 Prozent der vorhandenen Vakzine für die Gürtelrose verimpft, „und wir müssen schon wieder nachbestellen“, wie Kobinger sagte. Er erklärte das so, dass manche einen Vorrat für ein Jahr bestellt hätten, andere nur sehr kleine Stückzahlen. Kobinger plädierte für eine Verteilung über die Apotheken: „Wir machen das seit Jahren.“ Schmitzberger räumte ein, dass gerade die Impfstoffe gegen Herpes Zoster deutlich länger haltbar sind, das von Kobinger gebrachte Argument des drohenden Verwurfs für diese Impfstoffe nicht gelte. Wichtig sei, dass man von dem „mühseligen First-Come-First-Serve-Prinzip“ wegkomme. (red/APA)