Wettlauf um Prävention bei Gesundheitsberufen

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Die Apothekerkammer will, dass im Hinblick auf Prävention verstärkt auf Apotheken gesetzt wird. Die Ärztekammer bremst, die Politik gibt sich zurückhaltend.

Seit Jahren toben in Österreich heftige standespolitische Diskussionen zwischen der Ärztekammer und der Apothekerkammer über deren mögliche größere Rolle in der Gesundheitsvorsorge. Die öffentlichen Apotheken haben zum Beispiel Blutdruckmessungen angeboten. Seit kurzem ist es rechtlich einwandfrei gedeckt, dass in den Apotheken einfache Blutuntersuchungen durchgeführt werden. Dazu zählen Cholesterintests und Bluttests auf den mittelfristigen Blutzuckerwert HbA1c. In einer neuen Studie hat sich nun wie berichtet gezeigt, dass mittels solcher Programme in den Apotheken Menschen mit noch nicht erkanntem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Rahmen des Screenings gefunden werden können.

Die Apotheken seien flächendeckend über ganz Österreich verteilt, sodass jede:r eine Apotheke in der Nähe des Wohnortes hat, und bieten einen sehr niederschwelligen Zugang zu wichtigen Versorgungsleistungen, argumentiert die Kammer. Zudem seien Apotheker:innen hochqualifizierte Gesundheitsexpert:innen und „absolute Vertrauenspersonen für die Bevölkerung“. Diese Kombination prädestiniere die Apotheken geradezu dafür, noch mehr Verantwortung im Gesundheitssystem zu übernehmen, um den Bürger:innen mehr gesund Lebensjahre zu ermöglichen und zugleich das immer stärker unter Druck stehende medizinische System zu entlasten. Mit innovativen und modernen Gesundheitsangeboten könnten Apotheker:innen vor allem im Bereich der Früherkennung und Prävention einen wertvollen Beitrag leisten, „um das Gesundheitssystem zukunftsfit zu machen“, heißt es aus der Apothekerkammer.

In zwei Bundesländern – einerseits im städtischen, andererseits im ländlichen Bereich – will Apothekerkammerpräsidentin Ulrike Mursch-Edlmayr eine assistierte telemedizinische „Fast Lane“ testen. Gleich in der Apotheke könnten die Patient:innen via Webcam damit eine ärztliche Beratung einer „virtuellen Ordination“ bekommen: aus Pharmazeutensicht auch eine Antwort auf die Arbeitskräftelücke im Medizinbereich gerade auf dem Land. Vorbild sei hier etwa die Schweiz. „Besser Tele-Arzt statt gar kein Arzt“, betonte Mursch-Edlmayr zuletzt. Ein telemedizinisches Angebot in der Apotheke mache die Gesundheitsversorgung im Sinne der Patient:innen schneller, effizienter und entlaste Ordinationen und Spitalsambulanzen. Besonders für ältere und vulnerable Menschen mit geringer Technik-Affinität wäre dies aus Sicht der Apothekerkammer eine niederschwellige Einstiegsmöglichkeit.

Die Ärztekammer pocht auf die medizinische Expertise. Die ärztliche Versorgung müsse gestärkt und ausgebaut werden, um den niederschwelligen Arztkontakt für die Zukunft abzusichern, sagte zuletzt Edgar Wutscher, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzt:innen. Gerade in der Prävention könnten die niedergelassenen Ärzt:innen noch viel mehr leisten – „wenn es ihnen ermöglicht wird“, sagt Wutscher. Im Bereich der Gesprächsmedizin wäre noch viel Luft nach oben. Mit einer entsprechenden Aufwertung könnte etwa in der Ernährungsberatung noch nachhaltiger angesetzt werden. „Zudem liegt etwa unser Vorschlag nach einem lebenslangen Gesundheitspass nach wie vor auf dem Tisch. Gerade im Kinder- und Jugendbereich gibt es eine große Lücke nach dem Ende des Mutter-Kind-Passes“, erinnert Wutscher. Was die telemedizinische Betreuung angehe, gäbe es fundierte und langjährige Expertise der Ärzt:innen, auch die Ressourcen seien bereits vorhanden. „Hier fehlt es nur an einer sinnvollen und nachhaltigen Strukturierung durch die Politik“, so der ÖÄK-Vizepräsident. Die Bundesregierung gibt sich bisher zurückhaltend und betont lediglich, dass man die Prävention ausbauen will. Wie das gelingen soll, ist noch offen. (red)