WHO warnt vor globalem Mangel an Gesundheitspersonal

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Österreich ist mit einem Fachkräftemangel im Gesundheitsbereich nicht allein. Das wird die Suche nach Personal deutlich erschweren. Fachleute in Österreich warnen vor einem Crash.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat anlässlich ihres 75-jährigen Bestehens vor einer wachsenden Personallücke in den internationalen Gesundheitssystemen gewarnt. Bis 2030 würden weltweit geschätzte zehn Millionen Fachkräfte fehlen, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus. Alle Länder sollten im Zuge des Wiederaufbaus nach der Corona-Pandemie für bessere Löhne und Arbeitsbedingungen im medizinischen Sektor sorgen. „Es gibt keine Gesundheit ohne Gesundheitsfachkräfte und Pflegepersonal“, sagte Tedros. Schon vor der Corona-Pandemie mussten laut Tedros viele dieser Menschen für zu wenig Lohn und unter unsicheren Bedingungen arbeiten. Er beklagte außerdem, dass Frauen fast 70 Prozent des Personals, aber weniger als ein Viertel der Führungskräfte ausmachten, und dass sie oft Gewalt am Arbeitsplatz ausgesetzt seien. Hinzu komme noch die Belastung durch Covid-19. Tedros sprach von einer geschätzten Burnout-Rate von 50 Prozent des Personals seit Beginn der Pandemie.

Auch in Österreich mehren sich Warnungen: Im österreichischen Gesundheitswesen könnte es laut Expert:innen ohne Reformen zu einem Crash kommen, hieß es bei der Vorstellung des Jahrbuches der Praevenire-Gesundheitsinitiative in Wien. Die demografische Entwicklung mit dem Altwerden der Baby-Boomer-Generation und zuletzt die Corona-Pandemie hätten zu einer starken Verschärfung von Engpässen, Personalproblemen und strukturellen Schwierigkeiten geführt. Ein Beispiel sind Kinder- und Jugendgesundheit, und hier speziell die Versorgung im Bereich Kinder- und Jugendpsychiatrie, sagte der Leiter der diesbezüglichen Wiener Universitätsklinik, Paul Plener: „Im Vergleich zu vor der Pandemie haben wir im vergangenen Jahr dreimal so viele Patienten nach Suizidversuchen zu versorgen gehabt.“

Wesentlich, so die Experten, sei auch eine Neustrukturierung in der Patientenversorgung vom niedergelassenen bis zum stationären Bereich. Karl Lehner, Geschäftsführer der OÖ Gesundheitsholding: „Die Spitäler sind die Spitze der Pyramide des Gesundheitswesens. Wir müssen wesentlich mehr dafür sorgen, dass wir die Sektorengrenzen im Gesundheitswesen überschreiten. Wir haben Betonwände zwischen den Sektoren.“ Man könnte sich zum Beispiel viele Kosten und Ineffizienzen ersparen, wenn Spitalsambulanzen und niedergelassene Medizin aus einem Topf finanziert, geplant und gesteuert würden. Drastisch formulierte es Wilhelm Marhold, ehemals Chef der städtischen Wiener Spitäler: „Es vergeht kein Tag, an dem nicht Mängel im österreichischen Spitalswesen in den Medien aufscheinen. Es macht keinen Sinn, mit dem ‚Flammenwerfer‘ herumzugehen und einmal die Ärzteschaft, einmal die Krankenkassen anzugreifen. (…) Wenn wir so weitermachen wie bisher, fährt das System an die Wand.“ Für Marhold muss es dringend zu einer „Ambulantisierung“ eines großen Teils der tagesklinisch durchführbaren medizinischen Leistungen kommen. (red/APA)