Initiative „Stop Schmerz!“ gestartet

Chronischer Schmerz ist eines der größten und bis dato unzureichend gelösten Gesundheitsprobleme. Trotz der massiven und permanenten Belastung erhält etwa ein Drittel der Schmerzpatienten keine angemessene Behandlung. Wichtiges Ziel der Schmerzexperten ist die Anerkennung chronischer Schmerzen als eigenständige Erkrankung.

Erfolg steht und fällt mit frühzeitigem Behandlungsbeginn: „Für den Behandlungserfolg von zentraler Bedeutung ist, dass nach dem Auftreten von anhaltenden Schmerzen möglichst bald ein Arzt aufgesucht wird. Eine frühzeitige Schmerztherapie kann nicht nur vermeidbarem Leid ein Ende setzen, sondern auch der Chronifizierung von Schmerzen vorbeugen“, so Univ.-Prof. Dr. Günther Bernatzky, Naturwissenschaftliche Fakultät, Universität Salzburg, Präsident der Österreichischen Schmerzgesellschaft (ÖSG, www.oesg.at). Aktuelle, zum Teil unveröffentlichte Untersuchungen zeigen jedoch, dass die Realität eine völlig andere ist: „Österreichische Patienten gehen im Durchschnitt erst 3, 4 Wochen nach dem Auftreten ihrer Schmerzen zum Arzt“, zitiert Bernatzky eine ÖSG-Umfrage. Verschreibt der Arzt ein Schmerzmittel, lässt häufig die Therapietreue zu wünschen übrig: 25 % der Patienten, denen ein rezeptpflichtiges Schmerzmittel verschrieben wurde, nehmen eine zu niedrige Dosis ein. Das zeigt eine vor kurzem im EU-Parlament in Brüssel im Rahmen des Symposiums „Die gesellschaftliche Auswirkung des Schmerzes“ präsentierte Umfrage – ein Projekt der Europäischen Schmerzgesellschaft EFIC – mit fast 57.000 Befragten aus 5 EU-Ländern. Weitere Ergebnisse dieser Umfrage: Schmerzen werden häufig unterbehandelt. „12 % der Patienten mit schweren Schmerzen nehmen nur ein OTC-Produkt, 8 % wurden gar nicht behandelt“, so Bernatzky. „Rund 60 % der Patienten mit starken Schmerzen sind mit ihrer Behandlung unzufrieden.“

Die hohe Unzufriedenheit mag auch damit zu tun haben, dass die Schmerzen häufig nicht von Spezialisten behandelt wurden. Nach rezenten EU-Daten waren zum Zeitpunkt einer Befragung bloß 2 % der Menschen mit chronischen Schmerzen bei einem Schmerzspezialisten in Behandlung. Bernatzky: „Es zeigt sich außerdem, dass in Regionen mit einer Schmerzambulanz die Versorgung deutlich besser ist als in Regionen ohne so eine spezialisierte Einheit.“ Weitere Problematik: Neue Medikamente werden in Österreich aus Kostengründen kaum erstattet. Keiner der neuen „Schmerzkiller“, die in den vergangenen 2 bis 3 Jahren in Österreich gelauncht wurden, wurden vom Hauptverband für eine Erstattung in Betracht gezogen.

„Die ÖSG wird es sich auch unter meiner Präsidentschaft zum Ziel setzen, die schmerzmedizinische Versorgung in Österreich weiter zu optimieren“, so Bernatzky. „Es gibt sehr gute Methoden der Schmerztherapie, sie müssen allerdings möglichst konsequent und flächendeckend eingesetzt werden. Dafür ist es unabdingbar, dass Patienten ihren Schmerz ernst nehmen und damit zum Arzt gehen – je früher, desto besser. Diesen ersten Schritt kann ihnen niemand abnehmen.“

„Die gesellschaftlichen Kosten des chronischen Schmerzes sind vergleichbar mit jenen für Krebs oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Chronischer, unbehandelter Schmerz ist eines der größten ungelösten Gesundheitsprobleme weltweit“, so Prim. Univ.-Prof. Dr. Wilfried Ilias, KH der Barmherzigen Brüder, Wien, Past-Präsident der ÖSG. Auch ökonomische Aspekte spielen freilich eine große Rolle. Heute stammt in Österreich bereits jede 11. Verordnung, für die seitens der Krankenkassen Kosten übernommen wurden, aus der Gruppe der nicht-steroidalen Antirheumatika oder der Gruppe der Anästhetika und Analgetika. Doch sind Medikamentenkosten nur ein relativ kleiner Teil der gesellschaftlichen Auswirkungen von Schmerzen.

Große Initiative zum besseren Umgang mit chronischen Schmerzen gestartet: Der Med- Media-Verlag, „Ärzte Krone“ und „Krone Gesund“ haben vor kurzem in Kooperation mit der Österreichischen Schmerzgesellschaft (ÖSG) eine große Informationsoffensive „Stop Schmerz!“ gestartet. Sie wird begleitet sein von Berichten in diversen Fachmedien des MedMedia-Verlags, in der „Ärzte Krone“ sowie – für Laien aufbereitet – in der „Krone Gesund“. Geplant sind auch eine Podiumsdiskussion im Institut für Ethik und Recht in der Medizin, eine „Punkte“-Ausgabe (das Fortbildungsmedium des MedMedia-Verlags) sowie ein Schmerzreport, in dem erhoben wird, wie viele ÖsterreicherInnen unter chronischen Schmerzen leiden. Der „Arzneiombudsman“ wird sich mit Erstattungsproblemen der Schmerztherapie befassen.