Wie viel Steatose ist erlaubt?

Die Häufigkeit der Steatose nimmt zu, mit welchen gesundheitlichen Konsequenzen?

Monika Ferlitsch: Bei etwa 40 Prozent aller Patienten mit Adipositas liegt eine Fettleber vor, jedoch entwickeln nur etwa 2–3 Prozent der Patienten mit Steatose einen Leberschaden durch Entzündung, Fibrosierung bis hin zur Zirrhose. Wir wissen allerdings nicht, welche Patienten das sind und arbeiten derzeit daran, jene mit hohem Risiko für eine Progression zu identifizieren. Aber selbst wenn keine hepatischen Komplikationen durch eine Fibrosierung vorliegen, geht die Steatose mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko einher, und damit mit einer erhöhten Myokardinfarkt- und Schlaganfallrate. Außerdem wissen wir, dass die Leber bei adipösen und Diabetes-Patienten deutlich stärker unter einer Steatose leidet als bei schlanken, metabolisch gesunden Patienten.

Welche Maßnahmen empfehlen Sie Patienten, bei denen eine Fettleber vorliegt?

Es gibt zwei wesentliche Therapieansätze: Ernährungsumstellung und Bewegung. Das Zusammenspiel von Input und Output muss stimmen. Dabei geht es nicht nur um die Fettreduktion. Die Forschung der letzten Jahre hat gezeigt, dass weniger das Fett, sondern vor allem zuckerreiche Ernährung die Entstehung einer Steatose begünstigt. Statt Pizza und Pasta sollen Gemüse und magere Fleisch- und Fischsorten auf den Tisch. Eine einfach zu befolgende Regel ist beispielsweise auch, völlig auf Softdrinks zu verzichten. Darüber hinaus wäre es günstig, jeglichen zusätzlichen Zucker wegzulassen. Aber auch Fruchtsäfte sollten aufgrund ihres hohen Fruktosegehaltes nur in geringen Mengen konsumiert werden. Kaffee hingegen ist leberprotektiv. Wir empfehlen unseren Patienten daher, 3–4 Tassen Kaffee am Tag zu trinken. Der Alkoholkonsum ist selbstverständlich auch ein Thema, das wir ansprechen. Vielen ist nicht bewusst, wie hochkalorisch Alkohol ist und dass dieser in Kohlehydrate umgewandelt wird. Da wir in unserer Kultur sehr regelmäßig Wein und Bier konsumieren, stellt sich die Frage, ob es in Österreich überhaupt die reine nichtalkoholische Fettleber gibt, aber ob es sich nicht eher um Kombinationsformen, die sogenannte BASH – „both alcoholic and non-alcoholic steatohepatitis“ – handelt.

Wie gut werden diese Empfehlungen angenommen?

Gleichzeitig mit der Ernährungsumstellung soll vermehrte Bewegung stattfinden. Bei adipösen Patienten ist auch sanfte Bewegung wie Nordic Walking, Fahrradfahren oder Schwimmen eine gute Option – je nachdem, was der Körper- und Gesundheitszustand des Patienten zulässt. Wir müssen den Patienten zu verstehen geben, dass sich der Stoffwechsel im Alter verlangsamt. Der Energiegrundbedarf sinkt, allerdings essen wir oft so weiter, wie wir es in der Kindheit gelernt haben, und das kann sich nicht ausgehen. Interessanterweise fruchten die Empfehlungen zur Lebensstiländerung bei Männern etwas besser als bei Frauen. Bei fehlendem Erfolg kann man die Betroffenen einer Diätberatung zuführen oder eine spezielle Leberdiät, das sogenannte „Leberfasten“ anwenden. Als letzte Option steht die bariatrische Chirurgie zur Verfügung.

Wie funktioniert „Leberfasten“?

Bei der Leberdiät werden über 2 Wochen hinweg die Mahlzeiten durch spezielle proteinreiche Shakes ersetzt, und dazu wird viel Gemüse gegessen. Die Shakes sind mit Vitaminen, L-Carnitin und Taurin angereichert und stillen das Hungergefühl der Patienten. Sie lernen dadurch, ihren Körper besser zu spüren, und auch wenn sie nicht viel dabei abnehmen, bewirkt diese Diät eine Änderung im Stoffwechsel und eine „Entfettung“ der Leber.

Wie gut ist die Aussagekraft von Laborwerten bei der Diagnose der Fettleber?

Laborwerte alleine sind leider nicht sehr aussagekräftig. Es gibt verschiedene Konstellationen: Patienten mit erhöhten Leberwerten, ohne dass eine Fettleber in der Sonografie zu sehen ist, aber auch Patienten, bei denen trotz deutlicher Steatose ein unauffälliges Labor vorliegt.

Liegt eine Erhöhung beider Transaminasen vor, lässt sich mit Hilfe des De-Ritis-Quotienten unterscheiden, ob eher eine Steatose oder ein alkoholbedingter Schaden vorliegt. Ist die GOT höher als die GPT, weist das auf einen alkoholinduzierten Schaden hin, während bei umgekehrter Situation von einer Steatose beziehungsweise einer Virushepatitis auszugehen ist. Bei der Fettleber ist außerdem oft zusätzlich die Gamma-GT erhöht. In jedem Fall ist hier ein Ultraschall notwendig. Mithilfe von Scores, die verschiedene klinische und Laborparameter berücksichtigen, lässt sich zudem die Fibrosewahrscheinlichkeit abschätzen. Der FibroScan® dient der Messung von Fettgehalt und Fibrosegrad.

Welche weiteren Abklärungen empfehlen Sie bei Patienten mit erhöhten Leberwerten?

Das hängt natürlich in erster Linie davon ab, welche Leberwerte erhöht sind und ob und welche Symptome vorliegen. Grundsätzlich gehört aber fast jeder Leberwert abgeklärt, und bei Verdacht auf eine Fibrose ist es in jedem Fall sinnvoll, den Patienten an einen Internisten mit Zusatzfach Hepatologie zu überweisen – wir sind zum Glück eine häufige Spezies in Österreich.

Bei Hinweis auf einen Gallestau, wie etwa bei Erhöhung von alkalischer Phosphatase, Gamma-GT oder Bilirubin, ist die Bildgebung mittels Ultraschall und eventuell auch MRT der nächste Schritt, um eine Obstruktion durch einen Gallenstein auszuschließen. Diese Patienten kommen zumeist bereits mit akuten, kolikartigen Schmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Daher lässt sich hier bereits viel auf Basis des klinischen Bildes vermuten.

Wird in der Bildgebung kein Stein gefunden, ist eine weitere gezielte Laboruntersuchung hinsichtlich immunologischer Lebererkrankungen, wie beispielweise der primären biliären Cholangitis, angezeigt. Diese tritt insbesondere bei Frauen über 40 Jahre auf.

Eine der häufigsten Ursachen für Leberschaden ist bekanntlich Alkohol. Die genaue gezielte Anamnese, wie viel und wie häufig Alkohol getrunken wird, ist Teil der Basisabklärung. Mit diesen relativ einfachen Mitteln – Anamnese, Labor und Ultraschall – lassen sich etwa 80–90 % der Lebererkrankungen diagnostisch abdecken.

Was sollte in der Praxis noch berücksichtigt werden?

Bei neu aufgetretenen Leberwerten spielt natürlich auch die Höhe eine Rolle. Was sich auch immer lohnt, ist der Blick auf die Syntheseleistung der Leber. Diese lässt sich am Albumin, der INR beziehungsweise der Prothrombinzeit und am Bilirubin ablesen. Sind diese Parameter stark verändert, ist eine rasche Überweisung an einen Facharzt oder besser noch an ein Leberzentrum notwendig. Da praktische Ärzte ihre Patienten gut kennen, haben sie ohnehin ein gutes Gespür dafür, wie dringlich die Situation ist.

Verdauungsbeschwerden sind ein häufiges und für die Patienten belastendes Symptom bei Lebererkrankungen. Wie lassen sich diese in den Griff bekommen?

Ferlitsch: Hier gilt es zunächst einmal, zwischen den verschiedenen Ursachen von Verdauungsbeschwerden zu unterscheiden. Im Rahmen einer primär sklerosierenden Cholangitis etwa entwickeln viele Patienten eine chronisch entzündliche Darmerkrankung, die mit entsprechenden Durchfällen einhergeht. Hier bedarf es einer umfassenden Abklärung inklusive Stuhltest und Koloskopie.

Bei einem Gallengangverschluss hingegen kommt es zu akuten Verdauungsbeschwerden mit Fettstühlen. Die dritte Gruppe ist vorwiegend nahrungsmittelassoziiert: Aufgrund von kohlehydratreicher Ernährung und Adipositas kommt es zu Obstipation und damit einhergehenden Beschwerden. Hier ist die erste Maßnahme die Ernährungsumstellung und ausreichende Flüssigkeitszufuhr. Aber auch die Zugabe von verdauungsfördernden Mitteln wie etwa Probiotika, die mit einer Verbesserung der Leberfunktion assoziiert sind, kann hilfreich sein. Wenn bereits eine Leberzirrhose vorliegt, setzen wir gerne auch Lactulose ein, um die Ammoniakausscheidung zu beschleunigen. Bei Patienten ohne Zirrhose kommen Macrogol-Präparate zur Anwendung.