Hausapotheken-Streit von Ärzten und Apotheken spitzt sich zu

Gerhard Kobinger (c) ÖVIH/APA-Fotoservice/Hörmandinger

Die Ärztekammer hat am Dienstag erneut auf eine Liberalisierung bei Hausapotheken gedrängt. Die Apotheker orten darin bereits den Beginn des Ärztekammer-Wahlkampfes und lehnen gesetzliche Änderungen ab.

Der Konflikt um ärztliche Hausapotheken hat sich am Dienstag weiter zugespitzt. Die Ärzte fordern eine Änderung des Apothekengesetzes und die Möglichkeit, dass mehr Ärzte Hausapotheken führen dürfen. In den vergangenen 20 Jahren sei die Zahl der Hausapotheken um 102 auf 794 zurückgegangen, während es 1.438 von Apothekern geführte öffentliche Apotheken gebe (plus 155 von 2009 bis 2018). Nur mit einem „dualen System“ und einen guten Nebeneinander beider Versorgungsformen könne eine wohnortnahe Versorgung gesichert werden, betonten Ärztekammer-Vizepräsident Johannes Steinhart und der zuständige ÖÄK-Referent Silvester Hutgrabner in einer Pressekonferenz.

Die Reaktion der Apothekerkammer kam prompt: Zwar argumentiert man auch, dass die „bestmögliche Gesundheitsversorgung der Menschen auf dem Land nur von Ärzten und Apothekern gemeinsam aufrechterhalten werden kann“, wie das gehen soll, beurteilen die Apotheker aber anders: „Der Arzt diagnostiziert und verschreibt, der Apotheker kontrolliert, berät und gibt das Arzneimittel ab“, hieß es in einer Aussendung. Die Apothekerkammer ortet in den aktuellen Bestrebungen „von Teilen der Ärzteschaft“ das Ziel, aus „offenbar rein internen wahlkampftaktischen Gründen einen Keil zwischen die beiden Berufsgruppen zu treiben“. Die Hausapotheken seien nichts anderes als „Notabgabestellen für Arzneimittel“ und könnten in Bezug auf die Versorgung der Patienten keinesfalls jene Versorgungsleistungen sicherstellen, die von den öffentlichen Apotheken erbracht werden. Angesichts ihres Minimalangebotes an Arzneimitteln, der stark eingeschränkten Öffnungszeiten und der fehlenden Beratung durch Apotheker bleiben bei den ärztlichen Notabgabestellen die umfassende Fachberatung sowie die Versorgung der Bevölkerung betreffend Arzneimittel und andere Gesundheitsprodukte auf der Strecke.

„Vielen Apotheken droht die Schließung, wenn ärztliche Notabgabestellen ausgebaut werden. Dieses von Teilen der Ärztekammer propagierte duale System ist nicht die Lösung, sondern zerstört ganz im Gegenteil die heute gut funktionierenden Versorgungsstrukturen“, sagte Gerhard Kobinger, Präsidiumsmitglied der Österreichischen Apothekerkammer (Bild). „In nicht wenigen Regionen Niederösterreichs verrichten Ärzte beispielsweise keinen Notdienst mehr. Wenn es dann auch keine öffentlichen Apotheken gibt, die in der Nacht und am Wochenende für dringende Gesundheitsprobleme zur Verfügung stehen, dann ist das für viele Eltern mit kleinen Kindern oder für alte und chronisch kranke Personen unter Umständen fatal“, spielte Peter Gonda, Präsident der Apothekerkammer Niederösterreich, den Ball an die Ärzte zurück. Als Lösung fordern die Apotheken eine Ausweitung und Liberalisierung ihrer Öffnungszeiten, die Ausdehnung der verpflichtenden Kernöffnungszeiten auf bis zu 72 Stunden ausgedehnt werden, die Möglichkeit der Zustellung von Arzneimitteln ans Krankenbett sowie die Errichtung von Filialapotheken im Einzugsgebiet der öffentlichen Apotheke für Ortschaften ohne eigene öffentliche Apotheke. (rüm/APA)