UIM 06|2018 Themenheft Orphan Diseases
In Österreich leiden laut WHO über 800 Menschen an zystischer Fibrose (CF), einer genetisch bedingten Stoffwechselerkrankung, die das Respirations-, Verdauungs- und Fortpflanzungssystem betrifft.1 Mit einer Inzidenz von ca. 1 : 3.500 stellt sie die häufigste autosomal rezessive Erkrankung in der kaukasischen Bevölkerung dar.2 Dass CF längst keine Krankheit des Kindesalters mehr ist, so wie noch vor 20 Jahren, lässt sich daran erkennen, dass in den meisten Industrieländern mehr als 50 % der CF-Patienten Erwachsene sind.3
CF ist bedingt durch Mutationen im CFTR-(Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator-)Gen2, welches für den gleichnamigen Chloridionen-Kanal, der für einen ausgeglichenen Salz-Wasser-Haushalt im Körper verantwortlich ist, kodiert. Jenes Gleichgewicht gewährleistet, dass zum Beispiel die Oberfläche der Atemwege und des Verdauungstraktes feucht gehalten wird und der schützende Schleim flüssig bleibt. Der Gendefekt bedingt eine Funktionsstörung des Kanals und somit in den betroffenen Organen ein Ungleichgewicht im Salz-Wasser-Haushalt. Folglich kommt es zur Verdickung des Schleims und zur Beeinträchtigung der betroffenen Organe.4 Morbidität und Mortalität stehen meist im Zusammenhang mit Bronchiektasen, der Obstruktion kleiner Atemwege und progressiver respiratorischer Beeinträchtigung. Im Verlauf der CF treten, neben der dominierenden pulmonalen Beteiligung, in der Bauchspeicheldrüse (Malabsorption), der Leber (biliäre Zirrhose), den Schweißdrüsen (Hitzeschock) und im Samenleiter (Infertilität) wesentliche, durch Epithelzell-Dysfunktion verursachte, Komorbiditäten auf.5
Symptome, wie schwere chronische Erkrankung der Atemwege von Geburt an, häufig quälender Husten, Lungenentzündungen, Verdauungsstörungen, häufige und voluminöse Durchfälle, Untergewicht bzw. schlechte Gewichtszunahme, Darmverschluss bei Neugeborenen, Diabetes, chronische Erkrankung der Leber und Nasenpolypen können auf eine CF hinweisen.6 Um unverzüglich eine Therapie in die Wege leiten zu können, ist eine frühe Diagnosestellung besonders wichtig. In Österreich wird seit 1997 im Rahmen des Neugeborenen-Screenings jedes Neugeborene am dritten Lebenstag mittels enzymatischen (IRT/PAP; immunreaktives Trypsinogen und pankreasassoziiertes Protein in Kombination) Bluttests auf CF gescreent.7 Bei 18 von 88.060 gescreenten Neugeborenen konnte 2016 damit eine CF festgestellt werden.8 Bei zweimalig positivem Enzymtest erfolgt die Diagnosesicherung mittels Schweißtest – bei pathologischem Befund hat eine genetische Abklärung in einem spezialisierten CF-Zentrum stattzufinden.7
In den letzten Jahren haben sich die Therapiemöglichkeiten deutlich verbessert. Die wichtigsten Therapieziele sind der Erhalt und die Verbesserung der Lungenfunktion, die Reduktion pulmonaler Exazerbationen oder die Verbesserung des Ernährungszustandes.9, 10
CF ist eine Multisystemerkrankung, bei der jede Störung der einzelnen Organsysteme gesondert therapiert werden muss. Differenzierte Atem- und Physiotherapie, der Einsatz von Vitaminen und Verdauungsenzymen, hochkalorische Ernährung, Inhalationstherapie (Antibiotika, hypertone Kochsalzlösung, Mannitol, Mukolytika) sowie die Lungentransplantation als Ultima Ratio verbessern die Prognose zwar erheblich, erzielen aber nur eine symptomatische Wirkung und keine kausale Heilung.11
Mutationsspezifischer Ansatz mittels CFTR-Modulatoren: Bis dato sind über 2.000 Mutationen des CFTR-Gens identifiziert, wobei F508del weltweit die am häufigsten detektierte Mutation darstellt. Jene Mutation bewirkt, dass die CFTR-Menge an der Zelloberfläche vermindert und/oder die Öffnungswahrscheinlichkeit des Kanals eingeschränkt ist.12 Der CFTR-Korrektor Lumacaftor erhöht die Menge an verfügbaren CFTR-Proteinen an der Zelloberfläche, indem er die zelluläre Prozessierung sowie den Transport der F508del-CFTR-Proteine verbessert. Der CFTR-Potenziator Ivacaftor sorgt für eine Verbesserung der Proteinfunktion und eine Erhöhung der Zeit, in der die CFTR-Kanäle offen sind. Für CF-Patienten mit homozygoter F508del-Mutation ab 6 Jahren ist die Kombinationsbehandlung mit Lumacaftor/Ivacaftor indiziert und führt nachweislich zu einem Anstieg der Lungenfunktion sowie zur Reduktion pulmonaler Exazerbationen.13
Die Gentherapie als mutationsunabhängiger Ansatz konnte bis dato nicht in die klinische Praxis umgesetzt werden. Da Versuche, das CTFR-Gen mittels Viren in die respiratorischen Epithelzellen einzuschleusen, gescheitert sind14, liegt der Fokus rezent auf nichtviralen Vektoren.15