Die Herausforderungen des Alter(n)s

Der Alterungsprozess beginnt schon sehr früh. Ab Mitte 20 verkleinert sich beispielsweise schon das Lungenvolumen aufgrund sinkender Lungenbläschenproduktion, die Sauerstoffversorgung im Blut sinkt kontinuierlich. Im Lauf des Lebens nimmt auch die Produktion der Haarzellen im Innenohr ab, was zu einer verminderten Hörleistung, vor allem die hohen Töne betreffend, führt.
Die Blutgefäße verlieren sukzessive an Elastizität. Die Herzmuskelzellen werden mit steigendem Alter größer, die Herzwände verdicken, und das Ventrikelvolumen nimmt zu. Die Versteifung der Herzwände führt zu einer verminderten Pumpleistung des Herzens und einer langsameren Beschleunigung der Herzfrequenz unter Belastung. Dies erklärt zum Beispiel auch, warum ältere Sportler, auch bei gutem Training, nicht mehr so leistungsfähig sind wie jüngere.

Reduzierten First-Pass-Effekt berücksichtigen

Besonders wichtig für die passende Dosierung von Arzneimitteln im Alter ist die Funktion der Ausscheidungsorgane. Aufgrund eines verminderten Lebervolumens und einer geringeren Durchblutung der Leber im Alter sinkt auch deren Stoffwechselkapazität. Durch diese Faktoren muss man davon ausgehen, dass der First-Pass-Effekt, dem ein Großteil der Arzneistoffe unterliegt, nur unvollständig bzw. reduziert abläuft. Somit kommt es zu einem verringerten Arzneimittelabbau, und eine größere Menge an Wirkstoffen verbleibt im Organismus. Arzneimittel wie Psychopharmaka, Analgetika (NSAID und Opiate), Betablocker, Hypnotika und Sedativa sollten einer altersgerechten Dosisreduktion unterliegen, um den verminderten First-Pass-Effekt auszugleichen und eine Wirkstoffakkumulation zu vermeiden.
Neben der Leberfunktion sind auch ausreichend funktionsfähige Nieren für eine ­gezielte und sichere Arzneimitteltherapie essenziell. Die GFR (glomeruläre Filtrationsrate) nimmt mit steigendem Lebensalter kontinuierlich ab. In Kombination mit chronischen Erkrankungen, wie Diabetes, ­Hypertonie und Übergewicht, ergeben sich additive, nierenschädigende Effekte. Da an der Tara selten Laborwerte zur Hand sind, kann man generell davon ausgehen, dass alle Patienten ab dem 70. Lebensjahr mit hoher Wahrscheinlichkeit eine eingeschränkte Nierenfunktion haben. Insofern muss diese bei der Medikation unbedingt berücksichtigt werden. Schwierig ist auch die Beratung zu Schmerzmitteln bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion. Die gängigen rezeptfreien Wirkstoffe, wie zum Beispiel Ibuprofen, wirken sich negativ auf die Durchblutung der Nieren aus und können die GFR weiter senken. Als geeignete Alternative bleibt im OTC-Bereich nur Paracetamol, das zum überwiegenden Teil über die Leber metabolisiert und nur minimal unverändert renal ausgeschieden wird.

Verzögerte Immunantwort bei Impfungen

Im Vergleich zu einer möglichen Überdosierung von Arzneimitteln durch eingeschränkte Organfunktionen kommt es bei Impfungen bei älteren Menschen zu einem gegenteiligen Effekt – nämlich einer schwächeren und verzögerten Immunantwort und damit zu einer geringeren Schutzwirkung. Dies ist unter anderem dadurch bedingt, dass der Thymus sich im Lauf des Lebens zurückbildet, wodurch die T-Zell-vermittelte Immunantwort abnimmt.