Pharmaindustrie bringt in Patentdebatte Alternativvorschlag

Weil die Welthandelsorganisation Patente in Pandemien lockert, sucht die Pharmabranche nun alternative Angebote und hat eine „Berliner Deklaration“ vorgelegt.

Der internationale Pharmaverband IFPMA in Genf hat einen Vorschlag für eine gerechtere Verteilung von Impfstoffen und Arzneimitteln bei einer neuen Pandemie vorgelegt. Die Unternehmen bieten an, künftig in so einem Fall von Anfang an einen Teil der Impfstoff- oder Arzneimittelproduktion für die Versorgung der ärmsten Länder zu reservieren. Das geht aus einer „Berliner Deklaration“ hervor, die der Verband am Dienstag veröffentlichte. In der Corona-Pandemie hatten sich reiche Länder mit Vorverträgen praktisch die gesamte Impfstoff-Produktion gesichert. In ärmeren Ländern stand monatelang kaum Impfstoff zur Verfügung, um etwa Gesundheitspersonal zu schützen. Zudem verhängten etwa die USA und Indien zeitweise Ausfuhrverbote bei Corona-Impfstoffen.

„Dieser Vorschlag enthält ein verbindliches Offert der Industrie“, sagte der Generaldirektor der IFPMA, Thomas Cueni. „Dies hat den Segen aller Spitzen der führenden forschenden Pharmaunternehmen.“ Zum Verband gehören unter anderem die Unternehmen Pfizer, Moderna, Novartis und Bayer. Der deutsche Corona-Impfstoffentwickler Biontech ist nicht dabei. Welcher Anteil der Produktion reserviert werden soll, sei von vielen Faktoren abhängig, etwa, welche Bevölkerungsgruppen gefährdet seien. „Je nach Pandemie könnte ich mir vorstellen, dass eine Größenordnung von 5 bis 20 Prozent realistisch ist“, sagte Cueni.

Voraussetzung sei unter anderem, dass reiche Länder Geld zur Verfügung stellen, heißt es in der Erklärung. Nach Angaben von Cueni werden Mittel an die ärmsten Länder praktisch zum Herstellungspreis abgegeben. Zudem dürfe es keine Exportbeschränkungen geben und Länder müssten sich rüsten, um zügig impfen und Arzneien effizient verteilen zu können. Der Verband ruft die führenden Industrie- und Schwellenländer (G7 und G20) auf, ein Gesamtkonzept zu entwickeln. Geklärt werden könne auch, welche Länder profitieren sollen und wer entscheidet, welche Bevölkerungsgruppen vorrangig behandelt werden sollen.

Hintergrund dürfte sein, dass sich die Welthandelsorganisation (WTO) nach langen Debatten erst im Juni auf eine Lösung zu Corona-Impfstoffpatenten geeinigt hat, die der Industrie nicht gefällt. Fixiert wurde das eingeschränkte Aussetzen von Covid-19-Patenten, um die Produktion von Impfstoffen in mehr Ländern zu ermöglichen. (APA)