Voneinander lernen mit CIRS

Austausch von Wissen und Erfahrungen ist ein zentraler Baustein der Medizin. Er steht für Qualität, Sicherheit und Weiterentwicklung, sei es bei der klinischen Tätigkeit, bei der Arbeit im Team oder bei der Kommunikation zwischen verschiedenen Berufsgruppen und Einrichtungen. Besondere Bedeutung hat dieser Austausch bei der Bearbeitung von Fehlern bzw. kritischen Ereignissen. Qualitätsmanagement ist das passende Stichwort, dessen Teil die Fehlerkultur ist. Mit Letzterem ist die Bearbeitung kritischer Ereignisse z.B. in der Ordination bzw. an klinischen Abteilungen gemeint. Möglichst strukturiert, trotzdem offen, lösungs- und lernorientiert sollte sie stattfinden: Was ist passiert? Welche Folgen waren oder hätten sein können? Was könnte helfen, dass es nicht wieder passiert?

Ursprünglich in der Luftfahrt entstanden, wurde in den 90er-Jahren des vorigen Jahrhunderts ein System zur Meldung und Bearbeitung von kritischen Ereignissen für die Medizin entwickelt. Aus Fehlern bzw. fehlerträchtigen Gegebenheiten überregional zu lernen war der Grundgedanke. Die Sicherheit im Diagnose- und Behandlungsprozess sollte erhöht, die Wiederholung von Fehlern verhindert werden, Überlegungen zu Maßnahmen, die kritische Konstellationen entschärfen, sollten stattfinden. Das System bekam das Akronym „CIRS“ (Critical Incident Reporting System) und wurde im Bereich der Österreichischen Gesellschaft für Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement in der Medizin (ÖQMed) installiert.

Gemeldet wird anonym, um die Hemmschwelle zu verringern. Die Berichte werden vom CIRS-Team auf Relevanz geprüft sowie analysiert, und geeignete Maßnahmen werden zur Verhinderung einer Wiederholung überlegt. Infrage kommen Beinahe-Fehler, tatsächliche Fehler mit oder ohne Patientenschaden oder einfach nur Risikokonstellationen, die ein negatives Ereignis wahrscheinlich machen. Typische Beispiele sind die Verwechslung von Medikamenten, falsche Dosierungen, Kommunikationsfehler, Probleme an den Schnittstellen des Gesundheitssystems oder technische Probleme bei medizinischen Geräten. Nicht gedacht ist CIRS für persönliche Beschwerden oder Disziplinarangelegenheiten. Es geht ausschließlich um den Diagnose- bzw. Behandlungsprozess.

Viele Fehler oder Beinahe-Fehler bleiben unsichtbar, weil sie gerade noch gut gegangen sind. Wenn sie gemeldet werden, könnten viele daraus lernen. Gemeinsam analysieren, nicht verurteilen ist die Devise, systemische Ursachen finden, nicht Schuldige. Konkrete Verbesserungen sollen das Ergebnis sein. Möglichst viele sollen aus den geteilten Erfahrungen Einzelner profitieren, insbesondere aber Patient:innen.

Voneinander lernen in der Medizin bedeutet Wissen teilen und gemeinsam besser werden. Das kann im Mitarbeitergespräch in der Ordination stattfinden, im Qualitätszirkel oder über ein überregionales Lernsystem wie CIRS. Ziel ist eine größere Sicherheit bei Diagnose- und Behandlungsprozessen, Zufriedenheit bei den Arbeitenden und vor allem eine bessere Versorgung der Patient:innen. So könnte man sich auch dem Thema „Quartärprävention“ nähern, z.B. durch Diskussion von Fällen, bei denen Überdiagnostik oder Übertherapie vermutet wird. Maria Wendler bringt dazu auf den nächsten Seiten wichtige Gedanken ein.

Genaueres über CIRS erfahren Sie auf folgender Website: www.CIRSmedical.at.
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