Unterschätzte Erkrankung im Wandel

Die pulmonale Hypertonie (PH) ist eine relativ häufige Komplikation von chronischer Herzinsuffizienz oder chronischen Lungenerkrankungen. Deutlich seltener begegnet sie uns in der Form der pulmonalarteriellen Hypertonie (PAH) oder der chronisch thromboembolischen pulmonalen Hypertonie. Gerade die seltenen Formen haben jedoch zu einer beispiellosen Entwicklung von neuen Therapieoptionen geführt, die zum größten Teil gezielte Medikamente betreffen. Leider gibt es weiterhin einen großen Nachholbedarf bei den Therapieoptionen für die pulmonale Hypertonie bei Herz- oder Lungenerkrankungen.

Pulmonalarterielle Hypertonie

Die PAH ist zweifellos eine sehr seltene Krankheit, obwohl wir von einer erheblichen Dunkelziffer ausgehen. Die gegenwärtig bekannte Inzidenz der PAH (gesicherte Fälle) beträgt 3,9/1 Million erwachsene Einwohner:innen und scheint in verschiedenen Ländern und Kontinenten vergleichbar zu sein. Einen eklatanten Unterschied sehen wir allerdings in den Ländern, in denen die Schistosomiasis endemisch ist, weil hier relativ häufig die Schistosomiasis-assoziierte PAH vorkommt.

Im Laufe der vergangenen 40 Jahre hat sich die Prognose der PAH eindeutig verbessert. Das erste große Register für die idiopathische und erbliche PAH zeigte eine mediane Überlebenszeit von 2,8 Jahren nach Diagnose. Heute gehen wir von einer medianen Überlebenszeit von über 6 Jahren aus, und das, obwohl die Patient:innen heutzutage deutlich häufiger Komorbiditäten aufweisen und bei Diagnose deutlich älter sind als in den früheren Registern. Das untermauert aber, dass es tatsächlich gravierende therapeutische Fortschritte gegeben hat. Allerdings zeigen auch die Therapieeffekte eine starke Altersabhängigkeit. Jüngere PAH-Patient:innen (bis 55 Jahre) haben eine sehr gute Chance, unter einer gezielten PAH-Therapie eine starke Verbesserung der körperlichen Belastbarkeit, der Lebensqualität und der Mortalität zu erreichen. Bei älteren Patient:innen (ab 65 Jahren) hat die Therapie eher einen stabilisierenden Effekt.

Eine Diagnostik auf PAH ergibt sich aus spezifischen Beschwerden der Patient:innen, aus Risikoerkrankungen für eine PAH und aus Zufallsbefunden im Rahmen anderer Diagnostik. Am häufigsten berichten PAH-Patient:innen von Luftnot bei Belastung als erstem Zeichen der Erkrankung. Meist werden anamnestisch Situationen beschrieben, in denen sich die Patient:innen aus ihrer Komfortzone herausbewegen mussten (z.B. Bergwandern im Urlaub oder beim Betriebsausflug). Seltener ist chronische Müdigkeit das erste Zeichen der Erkrankung, manchmal liegen eher thorakale Schmerzen bei Belastung vor, und gelegentlich stellt eine Belastungssynkope das erste Zeichen einer PAH dar. Die wichtigsten Risikoerkrankungen für eine PAH sind Kollagenosen, hier insbesondere die Sklerodermie und Mischkollagenosen. Weitere Risikoerkrankungen sind die portale Hypertension, die HIV-Infektion und Links-rechts-Shuntvitien.

Zufallsbefunde und Suchtests

Zufällige Befunde einer pulmonalen Hypertonie ergeben sich im Rahmen von bildgebenden Verfahren im thorakalen Bereich. Am häufigsten führt die Farbdoppler-Echokardiografie zu einem zufälligen PH-Verdacht. Häufig fällt die Entscheidung schwer, ob asymptomatische Patient:innen einer weiteren Diagnostik zugeführt werden sollen oder nicht.

Unerklärte Luftnot bei Erwachsenen mit Rechtstyp im EKG bedeutet ein hohes Risiko für die Diagnose einer PH. In dieser klinischen Konstellation ist der Rechtstyp bei 93 % der Patient:innen mit einer manifesten PH assoziiert. Die Farbduplex-Echokardiografie gilt als der wichtigste Suchtest für die PH. Dabei ist das wichtigste Ergebnis die Abschätzung des systolischen pulmonalarteriellen Druckes unter Anwendung der Bernoulli-Gleichung. Obwohl die Messungen oft ein korrektes Ergebnis zeigen, sind sie bei 25–33% der Patient:innen unzuverlässig. Daher kann der definitive Nachweis einer PH nur durch eine Rechtsherzkatheteruntersuchung erfolgen.

Diagnostischer Nachweis und Definition

Die Rechtsherzkatheteruntersuchung hat in erfahrenen Zentren eine sehr geringe Komplikationsrate. Bei der Untersuchung werden der pulmonalarterielle Druck (PAP), der rechts-atriale Druck, der pulmonalarterielle Wedgedruck (PAWP) und gleichzeitig der systemische Blutdruck gemessen. Zusätzlich erfolgt eine Messung der pulmonalarteriellen Sauerstoffkonzentration und des Herzzeitvolumens, was eine Berechnung des pulmonalvaskulären Widerstandes (PVR) ermöglicht. Die pulmonalarterielle Sauerstoffsättigung, die stark mit dem Herzzeitvolumen assoziiert ist, hat unter den direkten hämodynamischen Messwerten die größte prognostische Aussagekraft.

Bei der Erstuntersuchung einer idiopathischen oder erblichen PAH soll ein Vasoresponsibilitätstest durchgeführt werden. Dafür werden inhalatives NO oder inhalatives Iloprost eingesetzt und die Werte von mPAP, PVR und pulmonalarterieller Compliance (PAC) vor und unter Vasodilator miteinander verglichen. Anhand von publizierten Grenzwerten kann dann eine Entscheidung für oder gegen eine hoch dosierte Therapie mit Kalziumantagonisten getroffen werden.

Die pulmonale Hypertonie ist als ein mittlerer PAP von > 20 mmHg mittels Rechtsherzkatheter in Ruhe definiert. Für die Definition einer präkapillären PH kommen 2 Kriterien hinzu: ein PAWP von ≤ 15 mmHg und ein PVR von mindestens 2 Wood-Einheiten (WU).

Therapiemöglichkeiten der PAH

Für die Therapie der PAH stehen mittlerweile weltweit 14 zugelassene Behandlungsoptionen zur Verfügung. Dem liegen randomisierte kontrollierte Studien zugrunde, die an Patient:innen mit einem mPAP von mindestens 25 mmHg und einem PVR von mindestens 3 WU durchgeführt wurden. Diese Grenzwerte definieren daher auch die Indikation für die klinische Anwendung der zugelassenen Medikamente. Diese gehören zur Gruppe der Endothelin-Rezeptor-Antagonisten (ERA; z.B. Bosentan, Ambrisentan, Macitentan), der Phosphodiesterase-5-Inhibitoren (PDE5i; z.B. Sildenafil, Tadalafil) und der Prostazyklin-Analoga (z. B. Epoprostenol, Iloprost, Treprostinil). Daneben gibt es je eine Substanz aus der Gruppe der Stimulatoren der löslichen Guanylatzyklase (Riociguat) und der nichtprostanoidischen Prostanoidrezeptor-Agonisten (Selexipag). Eine ganz neue Option stellt Sotatercept dar, ein Aktivin-Antagonist, der überzeugende Ergebnisse bei Patient:innen gezeigt hat, die bereits unter einer Zwei- oder Dreifachtherapie der PAH standen.

Die bereits erwähnten hochdosierten Kalziumantagonisten sind leider nur bei 5 bis 10% der Patient:innen langfristig erfolgreich. In diesen Fällen stellen sie allerdings stets die Therapieoption der ersten Wahl dar, die durchgehend, ohne jede Pause, einzunehmen ist.

PAH-Medikamente werden oral, als Inhalation oder als intravenöse oder subkutane Dauerinfusion angewendet. Bei der Mehrzahl der Patient:innen kommen Kombinationstherapien zum Einsatz. Alle zur Verfügung stehenden Therapieoptionen sind von Nebenwirkungen und Komplikationen belastet und erfordern viel Erfahrung in der längerfristigen Führung der Patient:innen, daher wird eine Betreuung in erfahrenen Zentren mit hohen Patientenzahlen empfohlen.

Seit der Einführung der gezielten PAH-Medikamente ist die Zahl der Lungentransplantationen wegen PAH drastisch zurückgegangen. Die Lungentransplantation stellt aber weiterhin die wichtigste Option für Patient:innen mit einer therapierefraktären PAH dar, sofern die Randbedingungen (Alter, Komorbiditäten) das zulassen.

Therapieoptionen der PH bei Herz- und Lungenkrankheiten

Für Patient:innen mit einer PH in Folge einer Linksherzinsuffizienz gibt es derzeit keine Empfehlung für irgendeine PAH-Therapie. Die optimierte Therapie der Grundkrankheit hat absoluten Vorrang. Keine der hochwertigen kontrollierten Studien konnte einen Vorteil für die Behandelten gegenüber den Kontrollpatient:innen nachweisen. Eine ähnliche Aussage gilt für Patient:innen mit chronischen Lungenkrankheiten. Hier konnten allerdings in Fallserien deutliche Hinweise für lebensverlängernde Effekte von PAH-Medikamenten gefunden werden, sofern eine ausgeprägte Erhöhung des pulmonalen Druckes und Widerstandes vorlag („pulmonalvaskulärer Phänotyp“). Es wird empfohlen, dass solche Patient:innen in Expertenzentren vorgestellt werden, die sowohl Erfahrung mit schweren Lungenkrankheiten als auch mit der schweren PH haben, um dort eine individuelle Therapieentscheidung zu fällen.