Die kardiale Amyloidose ist eine Herzspeichererkrankung, bei der sich fehlgefaltete Eiweiße (Amyloide) in Form von unlöslichen Fibrillen im Herzgewebe ablagern. Diese Ablagerungen führen zu einer fortschreitenden Herzschwäche. Es handelt sich um eine potenziell lebensbedrohliche Erkrankung, die zunehmend erkannt wird, insbesondere bei älteren Patient:innen mit Herzschwäche, aber auch bei Patient:innen mit anderen „red flags“, was den systemischen Charakter der Erkrankung verdeutlicht. Lange Zeit galt die Erkrankung als unheilbar. Nun stehen jedoch neue Therapien zur Verfügung, die den Krankheitsverlauf deutlich positiv beeinflussen.
Die zwei prädominanten Subtypen der kardialen Amyloidose sind nach den jeweiligen veränderten Proteinen benannt: die Transthyretin-(ATTR-)Amyloidose und die Leichtketten-(AL-)Amyloidose. Die ATTR-Amyloidose entsteht durch Zerfall, Fehlfaltung und schließlich Ablagerung des Transthyretin-Proteins, das hauptsächlich in der Leber synthetisiert wird und für den Transport von Schilddrüsenhormonen und Vitamin A verantwortlich ist. Sie entsteht entweder in höherem Lebensalter ohne zugrunde liegende genetische Mutation (Wildtyp – ATTRwt) oder auf Basis einer kausalen Genalteration (hereditär – ATTRv), die zur Instabilität des TTR-Proteins führt. Hierbei wird die ATTRwt meist mit kardialer Manifestation, gegebenenfalls mit neurologischer Beteiligung, klinisch apparent, während die ATTRv meist multiorganisch auftritt (kardial, neurologisch, gastrointestinal). Die AL-Amyloidose basiert hingegen auf einer Überproduktion von Plasmazellen im Knochenmark, die große Mengen an Immunglobulin-Leichtketten bilden, die sich in Form von Amyloid-Fibrillen in unterschiedlichen Organen ablagern.
Aufgrund des Systemcharakters der ATTR-Amyloidose können unterschiedliche Organsysteme betroffen sein. Hierbei können extrakardiale Manifestationen dem Auftreten einer Herzschwäche um mehrere Jahre vorangehen.
Führendes extrakardial betroffenes Organ ist das Nervensystem. Symptome einer peripheren Polyneuropathie können Parästhesien, Taubheitsgefühl, Brennen und Schmerzen umfassen. Ein Befall der vegetativen Nerven kann zu Obstipation oder Diarrhö führen. Zu den klassischen „red flags“ zählen das Karpaltunnelsyndrom (vor allem, wenn es beidseits auftritt), die Spinalkanalstenose und die Bizepssehnenruptur. Isoliert betrachtet sind die daraus entstehenden Symptome recht unspezifisch. In ihrer Kombination sollten sie jedoch an das Vorliegen einer Amyloidose denken lassen.
Zu den typischen Symptomen und klinischen Charakteristika der manifesten Herzschwäche zählen schließlich Atemnot bei Belastung oder auch in Ruhe, reduzierte Leistungsfähigkeit, orthostatischer Schwindel und Flüssigkeitsansammlungen (z. B. Beinödeme, Pleuraergüsse). Herzrhythmusstörungen können sich in Palpitationen äußern.
Die Herausforderung besteht darin, eine ATTR-Amyloidose so früh wie möglich zu erkennen, da neu verfügbare Therapien in frühen Krankheitsstadien am effektivsten sind. Um nun eine möglichst frühzeitige Diagnose zu ermöglichen, müssen zahlreiche klinische und diagnostische Charakteristika wie ein Puzzle zusammengefügt werden. Umso wichtiger ist es demnach, diese häufig uncharakteristischen Symptome richtig einzuordnen.
In erster Instanz muss also der klinische Verdacht geäußert werden. Neben oben beschriebener Symptomatik wird der Verdacht auch häufig in der Echokardiografie geäußert. Hier präsentiert sich der Herzmuskel bei zunehmendem Erkrankungsschweregrad deutlich verdickt – mit diastolischer und später systolischer Funktionsstörung. Die Kontraktilität der Herzspitze bleibt hierbei oft lange erhalten („apical sparing“). Zur weiterführenden Abklärung müssen dann unbedingt zwei Untersuchungsmodalitäten parallel durchgeführt werden: einerseits die laborchemische Analyse bezüglich des Vorliegens freier Leichtketten und andererseits die Knochenszintigrafie.
Zunehmender Stellenwert der Knochenszintigrafie: Zur wesentlichen Verbesserung in der frühen Krankheitserkennung hat neben der immer steigenden Wachsamkeit für die Erkrankung die breitere Anwendung der Knochenszintigrafie beigetragen. Die Knochenszintigrafie mit Amyloid-aviden Tracermitteln (z. B. 99mTc-DPD, 99mTc-PYP/99mTechnetium-markiertes Pyrophosphat) ist hochsensitiv und -spezifisch für das Vorliegen einer ATTR-Amyloidose, wenn eine AL-Amyloidose mittels Labor ausgeschlossen wurde. Demnach ist nun die Diagnose einer kardialen ATTR-Amyloidose bei vorliegender Konstellation einer deutlich positiven Knochenszintigrafie und einer negativen Leichtkettenanalyse nichtinvasiv – also ohne Notwendigkeit einer Gewebsbiopsie – möglich. In Fällen mit unklaren Untersuchungsergebnissen ist die Durchführung einer Organbiopsie nach wie vor erforderlich.
Da die umfassende Analyse von gesammelten Informationen im klinischen Alltag aus Zeitgründen oft problematisch ist, zielen neue Ansätze mit künstlicher Intelligenz darauf ab, die verfügbaren klinischen Informationen automatisch zu kombinieren und eine Vortestwahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer kardialen Amyloidose zu berechnen. Dies kann Kliniker:innen im Anschluss als Basis für die Einleitung weiterer Diagnostik dienen.
Wurde die Diagnose einer kardialen ATTR-Amyloidose gestellt, sollte eine krankheitsspezifische Therapie begonnen werden. Hierfür stehen in Österreich seit Neuestem drei Substanzen zur Verfügung, die an unterschiedlichen Wirkungsorten ansetzen. Tafamidis und Acoramidis stabilisieren das Transthyretin-Protein und verhindern so dessen Zerfall und Ablagerung. Vutrisiran verhindert die Bildung des Transthyretin-Proteins in der Leber. Da die jeweiligen Zulassungsstudien Patient:innen in unterschiedlichen Krankheitsstadien eingeschlossen haben und es keine Kopf-zu-Kopf-Vergleiche gibt, ist derzeit unklar, welche Substanz für welche:n Patient:in am besten verwendet werden sollte oder ob es Patient:innen gibt, die von einer Kombinationstherapie profitieren könnten. Fakt ist jedoch, dass für alle drei Substanzen deutliche prognostische Verbesserungen für ATTR-Patient:innen erzielt werden konnten, was einen Meilenstein in der Behandlung dieser Erkrankung darstellt.