Es sind die Worte des früheren Gesundheitsministers Johannes Rauch, die im Billrothhaus der Gesellschaft der Ärzte nachhallen: digital vor ambulant vor stationär. Rund um dieses Prinzip wird aktuell an der Umsetzung der E-Health-Strategie gearbeitet, schilderte Mag. Dr. Alexander Degelsegger-Márquez, bei der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) für Digitalisierung und Dateninfrastrukturen zuständig, im Rahmen des jüngsten Gesundheitspolitischen Forums, einer Veranstaltungsreihe der Karl Landsteiner Gesellschaft.
Das Podium bekannte sich denn auch durchgehend zur Notwendigkeit, die digitalen Prozesse voranzutreiben. Der Teufel steckt freilich im Detail. „Als Vorsitzender der Arbeitsgruppe E-Health-Strategie der Bundes-Zielsteuerungskommission freut es mich, dass es erstmalig gelungen ist, nach einem partizipativen Prozess eine gemeinsame und von allen Systemverantwortlichen getragene österreichische E-Health-Strategie zu verabschieden. Die Umsetzung hat im Kontext der Gesundheitsreform in der zweiten Hälfte 2024 begonnen“, erklärte Ing. Robert Scharinger, BSc (Hons) MSc, vom Sozialministerium. Und weiter: „An Maßnahmen wie der elektronischen Patientenverfügung, der Verfügbarkeit von Bild- und Labordaten in ELGA, einer behördlichen Datenauswerteplattform sowie der digitalen Unterstützung der integrierten Versorgung wird bereits gearbeitet.“ Im Sinne der in der E-Health-Strategie festgehaltenen Vision 2030 sei die Umsetzung der Maßnahmen wichtig, um neue technologische Möglichkeiten bei Einhaltung höchster Sicherheitsstandards zu nutzen.
Hier hakte auch Degelsegger-Márquez ein: Die Umsetzung erfordere ein gut abgestimmtes Vorgehen der Stakeholder:innen, „bei dem nötige infrastrukturelle Grundlagenarbeiten und die Entwicklung patienten- und GDA-seitiger Anwendungen ineinandergreifen“. In die Zukunft geblickt, „wird es in den nächsten Jahren vor allem darum gehen, Themen wie die Rolle der künstlichen Intelligenz im Gesundheitswesen im Strategieprozess aufzugreifen und den Europäischen Gesundheitsdatenraum im Sinne des öffentlichen Gesundheitswesens umzusetzen.“
Die Einbeziehung aller Beteiligten könnte letztlich darüber entscheiden, ob die Pläne in der Realität auch wirklich halten. Dr. Alexander Moussa von der Österreichischen Ärztekammer warnte in diesem Zusammenhang: „Die Österreichische Ärzteschaft bekennt sich klar zur Digitalisierung des Gesundheitswesens – jedoch unter der Prämisse, dass digitale Entwicklungen praxisnah, sinnvoll und versorgungsorientiert gestaltet werden. Digitalisierung darf nicht durch komplexe gesetzliche Vorgaben verordnet werden, sondern muss im Dialog entstehen. Nur so kann gewährleistet werden, dass digitale Lösungen tatsächlich die Versorgung verbessern und nicht zusätzliche Belastungen schaffen.“
Es sei essenziell, dass die Finanzierung, Projektgestaltung und -ausrollung immer klar definiert und abgestimmt sei. Nachsatz: „Die Ärzteschaft wird die Kosten der Digitalisierung des öffentlichen Gesundheitssystems nicht tragen.“
Consulter Mag. Herwig Loidl, MBA MSc, Sprecher des E-Health-Arbeitskreises der UBIT/WKÖ und Sprecher des Vorstandes der IHE-Austria, pocht ebenfalls auf einen möglichst transparenten Prozess: „Einer der wesentlichen Erfolgsfaktoren für das Gelingen von Digitalisierungsprojekten ist es, die Softwarewirtschaft frühzeitig in alle Projekte des Gesundheitswesens einzubinden. Da viele Unternehmen seit mehr als 30 Jahren ihre Kunden betreuen, kennen wir die Anforderungen der unterschiedlichen Berufsgruppen genau.“ Mindestens genauso wichtig seien für die österreichische Softwareindustrie „eine gesicherte Rechtslage und klare Aussagen im Bereich der Finanzierung.“
Apropos Geld: „Die Sozialversicherung bekennt sich klar zu E-Health, allen voran ELGA, und trägt ein Drittel der Finanzierung gemäß Finanzausgleich und gemeinsamer Planung und Steuerung. Wir haben wesentliche Projekte wie den zentralen Patientenindex (ZPI), die E-Medikation, den e-Impfpass und das ELGA-Bürgerportal in Time und unter Budget umgesetzt“, skizzierte DI (FH) Volker Schörghofer vom Dachverband der Sozialversicherungsträger und Geschäftsführer der Sozialversicherungs-Chipkarten Betriebs- und Errichtungsgesellschaft m. b. H. (SVC) die Rolle der österreichischen Sozialversicherung bei diesem Thema. Weiterentwicklungen zur ELGA-Integration, zu Terminservice sowie im Bereich der Telemedizinangebote seien in Arbeit. Schörghofer: „Transparenz ist uns wichtig, daher stellen wir Daten über Dashboards sowohl unseren Systempartnern als auch der Öffentlichkeit zur Verfügung.“
Karin Burka-Nebel, MSc, E-Health-Beauftragte des Wiener Gesundheitsverbundes, gab Einblicke in die Herausforderungen bei der Digitalisierung für den Spitalsbetrieb. „Dem Wiener Gesundheitsverbund ist die Kommunikation bzw. der Datenaustausch mit den vor- und nachbehandelnden Organisationen und dem niedergelassenen Bereich ein großes Anliegen. Wir sehen ELGA als die vorrangige Methode, um Gesundheitsdaten auszutauschen, da müssen wir noch an der Vervollständigung der Informationen arbeiten.“ Die besondere Herausforderung für Spitäler sei aber auch, dass ein laufender IT-Betrieb gewährleistet werden müsse, der Ressourcen und Budget benötige. „Wir müssen daher auch bei noch so wichtigen E-Health-Vorhaben Prioritäten setzen“, fasst Burka-Nebel zusammen.
So unterschiedlich die Blickwinkel, so nahe waren sich die Diskutant:innen in einer ganz konkreten Einschätzung: Wer glaubt, dass sich durch die Digitalisierung im Gesundheitswesen große Einsparungen heben lassen, der/die irrt sich. Was sie bewirken kann ist, Prozesse effizienter und Ressourcen frei zu machen.
„Die Ärzteschaft wird die Kosten der Digitalisierung des öffentlichen Gesundheitssystems nicht tragen.“
Dr. Alexander Moussa
Österreichische Ärztekammer
„An Maßnahmen wie der elektronischen Patientenverfügung, der Verfügbarkeit von Bild- und Labordaten in ELGA, einer behördlichen Datenauswerteplattform sowie der digitalen Unterstützung der integrierten Versorgung wird bereits gearbeitet.“
Ing. Robert Scharinger, BSc (Hons) MSc
Sozialministerium
„Die Sozialversicherung bekennt sich klar zu E-Health, allen voran ELGA, und trägt ein Drittel der Finanzierung gemäß Finanzausgleich und gemeinsamer Planung und Steuerung.“
DI (FH) Volker Schörghofer
Dachverband der Sozialversicherungsträger
„Einer der wesentlichen Erfolgsfaktoren für das Gelingen von Digitalisierungsprojekten ist es, die Softwarewirtschaft frühzeitig in alle Projekte des Gesundheitswesens einzubinden.“
Mag. Herwig Loidl, MBA MSc
Consulter
„Wir sehen ELGA als die vorrangige Methode, um Gesundheitsdaten auszutauschen, da müssen wir noch an der Vervollständigung der Informationen arbeiten.“
Karin Burka-Nebel, MSc
E-Health-Beauftragte des Wiener Gesundheitsverbundes
„Die Umsetzung der Strategie rund um das Prinzip ‚digital vor ambulant vor stationär‘ erfordert ein gut abgestimmtes Vorgehen der Stakeholder:innen.“
Mag. Dr. Alexander Degelsegger-Márquez
Gesundheit Österreich GmbH