© dm/Marco Riebler Unter anderem mit dem Start eines eigenen Online-Shops für OTC-Produkte will dm auch in Österreich im Apothekenmarkt punkten.
Schon seit Jahren bemüht sich die Drogeriemarktkette dm in Österreich darum, in ihren Geschäften nicht verschreibungspflichtige OTC-Produkte verkaufen zu dürfen und somit das Monopol der Apotheken darauf zu kippen. Bisher scheiterte die Kette allerdings daran. Nun kündigte der Konzern an, weiter gegen das Monopol anzukämpfen, etwa mit dem Start einer eigenen Online-Apotheke, wo OTC-Produkte bestellt werden können. Noch Ende dieses Jahres wird dm Deutschland eine solche Apotheke starten. „Das System ist so gestaltet, dass es rasch auf weitere Länder ausgerollt werden kann“, sagt der Gebietsmanager von dm-Österreich Harald Bauer.
Eine Neuordnung des OTC-Vertriebs hätte volkswirtschaftlich große Relevanz, so Bauer weiter. 2024 seien in Österreich bereits OTC-Produkte im Wert von 246 Millionen Euro online bestellt worden, um 30 Prozent mehr als 2023. 75 Prozent davon würden von ausländischen Anbietern geordert. Bauer: „Dass der Gesetzgeber hier weiter Wertschöpfung und Arbeitsplätze ins Ausland transferiert, ist nicht nachvollziehbar.“ Mehr Wettbewerb wäre dem Gebietsmanager zufolge auch im Sinn der Kunden, denn sie könnten mit Preisvorteilen von 20 bis 30 Prozent gegenüber stationären Apotheken rechnen. Branchenbeobachter:innen gingen zuletzt aber davon aus, dass dm damit vor allem dem derzeitigen Online-Platzhirschen „Shop-Apotheke“ Konkurrenz machen dürfte.
Der Österreichische Apothekerverband warnt in einer Reaktion vor Versorgungsproblemen:„Alleine die Ankündigung des Vorhabens am Rande einer Präsentation von Unternehmenszahlen zeigt, dass es der Drogeriemarktkette primär um die Steigerung des Konzerngewinns geht. Vorschläge für eine gute Versorgung der Bevölkerung spielen in diesen Überlegungen offenbar keine Rolle. Dabei brauchen wir für unser Gesundheitssystem innovative Ansätze, die helfen, die Herausforderungen, die auf uns zukommen gut zu bewältigen: etwa niederschwellige Angebote für gesundheitliche Versorgungsleistungen wie Gesundheitstests”, kritisiert Apothekerverbandspräsident Thomas W. Veitschegger. Hier könne aber die öffentliche Apotheke zu Effizienzsteigerungen innerhalb des Gesundheitssystems beitragen. „Wie das ein Drogeriemarkt umsetzen soll, erschließt sich mir nicht.“
„Als Apothekerinnen und Apotheker haben wir die Verantwortung, eine sichere, flächendeckende und umfassende Arzneimittelversorgung sicherzustellen – denn Medikamente sind keine Haarshampoos oder Kosmetika, sondern hochkomplexe Produkte, bei deren Anwendung Sicherheit eine zentrale Rolle spielt. Und die garantiert nur die öffentliche Apotheke“, betont Andreas Hoyer, 1. Vizepräsident des Österreichischen Apothekerverbands. Schon 2021 habe der österreichische Verfassungsgerichtshof den Apothekenvorbehalt bestätigt. „Aus guten Gründen, an denen sich nichts geändert hat. Der Apothekenvorbehalt dient dem Gesundheits- und Konsumentenschutz – insbesondere von Kindern und Jugendlichen. Ebenso dient er als Schutzschirm gegen die missbräuchliche Verwendung von Arzneimitteln (auch rezeptfreien) und stellt die notwendige pharmazeutische Beratung sicher. Der VfGH hat das dahinterliegende öffentliche Interesse bei seinen Überlegungen ins Zentrum gestellt – einer Aufweichung des Apothekenvorbehalts, auch über die Hintertür des Online-Handels durch internationale Konzerne, ist eine klare Absage zu erteilen“, verweist Alexander Hartl, 2. Vizepräsident des Österreichischen Apothekerverbands, auf die bestehende rechtliche Lage.
Der Apothekenvorbehalt sichere die flächendeckende Versorgung, da Apotheken die Erträge aus diesem Segment benötigen, um umfassende Leistungen für das Gemeinwohl zu finanzieren wie etwa Notdienste, magistrale Herstellung oder Substitutionsbehandlungen – allesamt nicht kostendeckende Leistungen, betont die Österreichische Apothekerkammer: „Ein Wegfall dieser Erträge würde die Ertragskraft der Apotheken schwächen und könnte zu Leistungseinschränkungen oder sogar zu Versorgungslücken führen. Auch Arbeitsplätze, insbesondere von Frauen, könnten gefährdet sein.” (sst/rüm)