Niederschwelliger Zugang soll Impfquoten erhöhen

Schutzimpfungen gehören zu den bedeutendsten Errungenschaften der Medizin, sie verhindern Infektionen und schwere Krankheitsverläufe und sind damit ein wichtiges Instrument in der Prävention. Trotzdem sind die Impfquoten in Österreich nach wie vor ausbaufähig.

Neben COVID-19 und Influenza wurden nun auch Herpes Zoster und Pneumokokken in das kostenlose Erwachsenenimpfprogramm aufgenommen, Impfstoffbestellungen sind über den e-Impfshop der ÖGK möglich. Personen ab 60 Jahren sowie unter 60-Jährige mit spezieller Indikation (siehe Impfplan Österreich1 bzw. Kasten) können geimpft werden.

Herpes Zoster ist häufig

In Österreich erkranken etwa 30.000–40.000 Menschen jährlich an Gürtelrose, damit ist jede:r Dritte im Lauf des Lebens davon betroffen. Das Risiko steigt mit zunehmendem Alter deutlich, aber auch Immundefiziente, Immunsupprimierte und chronisch Erkrankte weisen ein erhöhtes Risiko auf. Die schwerwiegenden Komplikationen von Herpes Zoster reichen von Nervenschäden und Sehstörungen bis hin zu Schlaganfall und Herzinfarkt. Rund 90 % der Patient:innen leiden unter starken Schmerzen, die bei älteren Menschen in bis zu 70 % der Fälle über Monate bestehen bleiben. Die Erkrankung führt daher zu massiven Beeinträchtigungen im Alltag. Auch das Gesundheitssystem ist stark belastet: In Österreich kommt es jährlich zu ca. 2.000 Herpes-Zoster-bedingten Hospitalisierungen. Zu den direkten Behandlungskosten von 30 Millionen Euro pro Jahr kommen noch indirekte Folgekosten durch Arbeitsausfälle und Pflege in der Höhe von 124 Millionen Euro hinzu.2

Impfung schützt langanhaltend

Das rekombinante Zoster-Vakzin ist seit dem Jahr 2018 zur Prävention von Herpes Zoster zugelassen. In den Zulassungsstudien3, 4 erreichte eine 2-fache Dosis bei Personen ≥ 50 Jahren bzw. bei ≥70-Jährigen eine Wirksamkeit von 97,2 % bzw. 89,8 %. In der rezent publizierten finalen Analyse des Langzeit-Follow-ups wurden Proband:innen beider Studien über 11 Jahre nachbeobachtet. Die Ergebnisse zeigten eine mittlere Impfwirksamkeit über den gesamten Zeitraum von 79,8 % bei Personen ≥ 50 Jahren bzw. von 73,2% bei ≥ 70 Jahren, während die Wirksamkeit gegen postherpetische Neuralgie oder andere Herpes-Zoster-assoziierte Komplikationen mit rund 90 % in der Altersgruppe der ≥50-Jährigen noch höher lag.5 Die Herpes-Zoster-Impfung wird bereits seit Jahren älteren Menschen empfohlen, war jedoch bisher mit einer finanziellen Belastung verbunden. Für viele Pensionist:innen stellt der kostenlose Zugang durch das ÖIP eine echte Erleichterung dar, wodurch der finanzielle Aspekt als Hürde zur Impfung wegfällt.2

Pneumokokken-Inzidenz nimmt zu

Im Jahr 2024 wurde mit 812 invasiven Pneumokokken-Erkrankungen ein noch nie dagewesener Höchststand registriert. Auch hier sind ältere Erwachsene besonders gefährdet: Die meisten Infektionen wurden bei >80-Jährigen verzeichnet, gefolgt von den 75–79-Jährigen. Dennoch ist bisher nur jede:r 5. Erwachsene in Österreich geimpft. Neben älteren Menschen weisen auch Säuglinge und Kleinkinder ein erhöhtes Erkrankungsrisiko auf.6

Verschiedene Vakzine je nach Altersgruppe

Für Personen ohne spezielle Indikation werden mittlerweile nur noch Konjugatimpfstoffe (PCV) empfohlen, wovon mehrere PCV-Vakzine zugelassen sind, welche die epidemiologischen Anforderungen unterschiedlicher Altersgruppen berücksichtigen. Der 15-valente Impfstoff PCV15 enthält jene Serotypen, die in Österreich bei Kindern unter 5 Jahren häufig auftreten. Der 20-valente Impfstoff PCV20 beinhaltet alle Serotypen von PCV15 und deckt eine erweiterte Auswahl an Serotypen ab, die in einigen Ländern im Kindes- und Jugendalter auftreten. Der für Erwachsene eingesetzte Impfstoff PCV21 enthält zusätzliche Serotypen, die in PCV15/PCV20 nicht enthalten sind und epidemiologisch für Kinder und Jugendliche kaum, aber für Erwachsene relevant sind. Aufgrund dessen empfiehlt der Impfplan Österreich, bei Erwachsenen vorzugsweise PCV21 einzusetzen.1

Die sequenzielle Impfung wird damit heuer erstmals nicht mehr allgemein empfohlen. Der Polysaccharidimpfstoff PPV23 kommt nur noch zur breiteren Abdeckung der Serotypen bei Kindern und Jugendlichen mit Risikofaktoren weiterhin zur Anwendung.1

Mit der Erweiterung des ÖIP wurde nun ein wichtiger Schritt in der Prävention gesetzt, der nicht nur zu einem erhöhten Schutz der Einzelnen führt, sondern auch insgesamt weniger Kosten durch Hospitalisierungen und Arbeitsausfälle für das Gesundheitssystem und die Gesellschaft bedeutet.