EULAR 2014: Neue Biomarker werden Prognose erleichtern

Gichtpatienten auf erektile Dysfunktion screenen

In einer am EULAR präsentierten Studie1 wurde aufgezeigt, dass die meisten Männer mit Gicht auch an erektiler Dysfunktion leiden. In dieser Untersuchung mit 201 Männern (83 litten an Gicht) wiesen signifikant mehr Patienten mit Gicht eine ED auf (76%), im Vergleich zu Patienten ohne Gicht (52%, p = 0,0007). Zusätzlich war für Gicht-Patienten das Risiko, eine schwere Form der ED zu entwickeln, größer (p = 0,007).
Studienautorin Dr. Naomi Schlesinger, Leiterin der Abteilung für Rheumatologie, Rutgers Robert Wood Johnson Medical School, New Brunswick, USA, folgerte: „Diese Ergebnisse zeigen deutlich auf, dass alle Menschen mit Gicht auf ED gescreent werden sollen. Auch das Screening auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen und koronarer Herzkrankheit ist sinnvoll, da beide Erkrankungen sowohl mit Gicht als auch mit ED vergesellschaftet sind.“ Schlesinger plädierte weiters dafür, dass alle Kollegen ihre Gichtpatienten über das Risiko der Entwicklung einer ED sensibilisieren, um eine möglichst frühe medizinische Betreuung und Behandlung einleiten zu können.

Vielversprechende neue Biomarker

Juvenile idiopathische Arthritis – Langzeit-Outcome prognostizieren: Die juvenile idiopathische Arthritis (JIA) ist die häufigste chronische rheumatische Erkrankung von Kindern unter dem 16. Lebensjahr.2 Etwa 16–150 Kinder pro 100.000 sind betroffen. Wie das Adjektiv idiopathisch schon sagt, ist die Ursache der JIA weitgehend unbekannt. Umso wichtiger sind deshalb Prognosen zur Entwicklung der Erkrankung. Bislang war es nur möglich, den therapeutischen Outcome für sechs Monate zu prognostizieren. Am EULAR wurde eine Studie präsentiert, die aufzeigt, dass mittels Biomarker (aus Vollblut gewonnene Genexpressionsprofile) der Status der Erkrankung nach zwölf Monaten vorhergesagt werden kann.3 Eine genaue Vorhersage konnte jedoch nur nach Therapiebeginn und bei neu diagnostizierten Patienten getroffen werden.
„Durch die Vorhersage der Krankheitsprogression bei diesen kleinen Kindern können wir den Verlauf der Krankheit besser verstehen und eine individuell optimale Behandlung gestalten“, schilderte der leitende Autor der Studie Prof. Dr. James Jarvis, Abteilung für Kinderheilkunde, University at Buffalo, USA.

Schwere Osteoarthrose – erster Biomarker vorgestellt: 10% der Bevölkerung weltweit leiden unter Osteoarthrose (OA).4 Mit den Symptomen Schmerzen und Gelenksteifigkeit ist die OA unter den Top 10 hinsichtlich einer verminderten Lebensqualität. Die OA ist auch eine der Hauptgründe für die Indikationen Knie- bzw. Hüftprothese. Die Krankheit hat nicht nur einen großen Einfluss auf die Betroffenen, sondern auch auf die Gesundheitssysteme und die Gesellschaft, da sie zu Produktivitätsverlust und Arbeitsunfähigkeit führen kann. Die durchschnittlichen jährlichen Gesamtkosten pro Patient liegen laut rezenten Daten europaweit zwischen 1.330 und 10.452 Euro.5 Mit Risikofaktoren wie Fettleibigkeit und fortschreitendem Alter wird die sozioökonomische Belastung voraussichtlich ansteigen.6
Vorbeugende Maßnahmen und eine frühzeitige Behandlung gelten als die effektivsten Maßnahmen im Management der OA. Bis heute gibt es aber keine Möglichkeit der frühzeitigen Identifizierung der Krankheit.7 Eine Studie konnte nun eine Korrelation zwischen dem Vorhandensein von Biomarkern im Serum und der Entwicklung einer schweren OA des Knie- oder Hüftgelenks feststellen. Konkret wurden in Serumproben von OA-Patienten drei spezifische Mikro-RNA-Marker (let-7e, miR-454 und miR-885-5p) identifiziert. Die Studienergebnisse legen nahe, dass diese Mikro-RNA als Biomarker verwendet werden können, um schwere Osteoarthrosen vorhersagen zu können.7
„Erstmals können wir das Risiko für eine schwere OA vorhersagen, bevor die Krankheit beginnt und das Leben des Betroffenen erheblich beeinträchtigt. Somit können wir künftig frühzeitig präventive Maßnahmen treffen, um die großen sozioökonomischen Belastungen zu verringern“, zeigte sich Studienautor Dr. Christian Beyer, Universität Erlangen-Nürnberg, Deutschland, zuversichtlich.

Rheumatoide Arthritis – personalisierte Behandlung dank Biomarker: Anti-TNF-Therapien stellen einen großen Fortschritt in der Behandlung der rheumatoiden Arthritis (RA) dar. Jedoch sprechen nur 20–40% der Patienten auf die Therapie an, legt man die EULAR-Kriterien zugrunde.8 „Es kann mehrere Jahre dauern, um die effektivste Behandlung für einen RA-Patienten zu eruieren. Irreversible Gelenkschäden und eine hohe Belastung der Gesundheitssysteme sind die Folgen. Aus diesem Grund beschäftigte sich unsere Arbeitsgruppe mit der Identifizierung von Biomarkern, welche Vorhersagen zum Ansprechen eines Patienten auf eine Behandlung erlauben“, erläuterte Amy Webster, University of Manchester, Großbritannien.
Rezente Studienergebnisse belegen, dass die Fehlregulationen der epigenetischen Modulation der DNA eine Rolle bei RA und anderen Autoimmunerkrankungen spielen. Basierend darauf konnten Webster et al. aufzeigen, dass epigenetische Veränderungen, wie die DNA-Methylierung, potenzielle Biomarker für die Response auf Etanercept und Adalimumab bei Patienten mit RA darstellen.9 Diese Erkenntnis bringt Kliniker einen Schritt näher an die Personalisierung der Behandlung von RA-Patienten.

Infliximab-Biosimiliar bei Morbus Bechterew

Bei Patienten, die unter einer Standardtherapie mit nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) keine ausreichende Reduktion der entzündlichen Aktivität erfahren, stehen Biologika zur Verfügung. Als wichtigste Gruppe innerhalb dieser Zytokine gelten die TNF-Blocker wie bspw. Infliximab. Nun stehen Studiendaten zum neu zugelassenen Infliximab-Biosimilar CT-P13 zur Verfügung. Die Herausforderung für Biosimilars wie dieses ist, die biochemische und pharmakokinetische Äquivalenz sowie die vergleichbare therapeutische Wirksamkeit, Sicherheit und immunogene Aktivität im Vergleich zum Referenzprodukt zu demonstrieren. Laut dem leitenden Prüfarzt der PLANETAS-Studie Dr. Won Park, Inha University Hospital in Korea, kann mit CT-P13 eine statistisch ähnliche Verbesserung der Krankheitsaktivität, Behinderung und Mobilität bei Patienten mit Morbus Bechterew erreicht werden wie mit dem Infliximab-Referenzprodukt.10 „CT-P13 ist somit eine alternative Behandlungsoption bei Morbus Bechterew. Das ist eine gute Nachricht für jene Patienten, die zuvor nur begrenzten Zugang zu teuren Antikörpern gehabt haben“, schloss Park.

Lupus erythematodes – wann Immunsuppressiva absetzen? Die chronisch entzündliche Erkrankung Lupus erythematodes kann jedes Organsystem betreffen, am meisten sind jedoch die Gelenke, Nieren und die Haut involviert.11 Einem Schub folgt meistens eine Remission. In der Schubphase dominieren die Symptome Fatigue, Hautausschlag, Arthritis und Fieber.11 Da die Langzeittherapie mit Immunsuppressiva mit Nebenwirkungen verbunden sein kann (Risiko für Infektionen und Krebs), ist deren Absetzen – ohne ein erneutes Aufflammen der Erkrankung zu induzieren – ein wichtiges Behandlungsziel.
„Bis heute stehen uns nur wenige Studien zur Verfügung, die Klarheit darüber bringen, ob und wenn ja wann die immunsuppressive Therapie abgesetzt werden kann – bspw. in der Remissionsphase oder schon bei niedriger Krankheitsaktivität. Unsere Untersuchung12 hat ergeben, dass sich innerhalb von zwei Jahren bei 70% der 973 eingeschlossenen Patienten mit klinisch stabilem Lupus erythematodes, die immunsuppressive Therapie in der Remissionsphase absetzen lässt, ohne einen Schub zu verursachen“, so Ass.-Prof. Dr. Zahi Touma, Abteilung für Rheumatologie, University of Toronto, Kanada. Die Hälfte der Patienten profitierte nach drei Jahren und blieb auch nach fünf Jahren stabil. Touma ergänzte: „Patienten, die Immunsuppressiva langsam absetzten, hatten innerhalb von zwei Jahren ein geringes Risiko für ein erneutes Aufflammen der Erkrankung im Gegensatz zum Absetzen der Medikation bei Patienten mit serologisch aktivem (Nachweis spezifischer Antikörper) Lupus erythematodes“.

Weitere Highlights

  • Ein Drittel der Patienten mit Psoriasisarthritis erhält nicht die optimale Dosis des TNF-α-Inhibitors Adalimumab.13 Dreiviertel erhält geringere Infliximab-Dosen als in den internationalen Guidelines empfohlen.14
  • Die tägliche Einnahme von einfach gesättigten Fettsäuren im Rahmen einer mediterranen Diät unterdrückt die Krankheitsaktivität bei Patienten mit rheumatoider Arthritis.15
  • Der Antikörper Romosozumab (s.c.) führt bei postmenopausalen Frauen mit geringer Knochendichte zu einer signifikant höheren Knochenmineraldichte und Knochenstärke (Wirbelsäule und Hüfte) im Vergleich zum rekombinanten humanen Parathormon-Fragment Teriparatid.16
  • Patienten mit Sjögren-Syndrom haben aufgrund der akuten Inflammation ein signifikant hohes Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, insbesondere innerhalb des ersten Jahres nach Diagnosestellung. Auch ein Trend zu mehr Schlaganfällen wurde beobachtet.17

 

Literatur:

1 Schlesinger N et al., EULAR 2014, Abstract OP0135

2 Ravelli A, Martini A; Lancet 2007; 369:767–78

3 Yao J et al., EULAR 2014, Abstract OP0187

4 Helmick CG et al., Arthritis Rheum 2008; 58:1–-25

5 Hiligsmann M, Reginster JY, Medicographia 2013; 35:197–202

6 Cross M et al., Ann Rheum Dis. DOI: 10.1136/annrheumdis-2013-204763

7 Beyer C et al., EULAR 2014, Abstract OP0003

8 Webster A et al., EULAR 2014, Abstract OP0257

9 Hetland ML et al., Arthritis Rheum 2010; 62(1): 22–32

10 Park W et al., EULAR 2014, Abstract OP0157

11 Ginzler E, Tayar J; Systemic Lupus Erythematosus (Lupus), American College of Rheumatology

12 Touma Z et al., EULAR 2014, Abstract OP0042

13 Vogelzang E et al., EULAR 2014, Abstract OP0074

14 Glintborg B et al., EULAR 2014, Abstract OP0075

15 Matsumoto Y et al., EULAR 2014, Abstract OP0010-HPR

16 Genant H et al., EULAR 2014, Abstract OP0291

17 Yurkovich M et al., EULAR 2014, Abstract OP0212