Schmerzart bei Nacken- und Rückenproblemen hinterfragen!

Die Volkskrankheit Rückenschmerzen richtet großen wirtschaftlichen Schaden an: Bis zu 4,1 Milliarden Euro verursacht der chronische Schmerz allein in Österreich; 38 % der chronischen Schmerzen gehen auf das Konto der Wirbelsäule. Großes Problem dabei: Es gibt über 500 verschiedene Ursachen von Rückenschmerzen. Leider führt das oft auch dazu, dass der Betroffene keine eindeutige Diagnose bekommt – und gerade das macht den chronischen Schmerz so schwer erträglich. Viele Patienten haben das Gefühl, dass ihre Schmerzen nicht ernst genommen werden, und gehen daher gar nicht zum Arzt. Ein Schmerzmittel oder eine schmerzlindernde Salbe lassen sich ja auch bequem in der Apotheke besorgen. Der Apotheker sollte dabei jedoch immer ein wenig nachfragen: ein kribbelndes Gefühl in den Zehen, Empfindlichkeitsstörungen an der vorderen Oberschenkelseite sowie ziehende Schmerzen bis in Bein sind Hinweise, unbedingt einen Arzt aufzusuchen. Blasenentleerungsstörungen und leichte Lähmungserscheinungen deuten auf einen Bandscheibenvorfall hin und gehören ebenfalls ärztlich abgeklärt. Die meisten anderen Nacken- und Kreuzschmerzen kann man zumindest mit NSAR, Wärmeauflagen und durchblutungsfördernden, antiphlogistischen oder analgetischen Salben lindern.

Die Last der Welt am Rücken

Der Rücken ist von Natur aus dafür angelegt, viel tragen zu können. Früher waren es körperliche Lasten, heute geht die Tendenz immer mehr dahin, seelische Lasten zu ertragen. Dauerstress am Arbeitsplatz, aber auch im Privat- und Freizeitbereich ist hauptverantwortlich für viele Rückenprobleme. Vor etwa 30 Jahren war der typische Rückenpatient ein körperlich schwer arbeitender Mensch, heute trifft es eher Büroangestellte. Der Mangel an Bewegung lässt die Rückenmuskulatur schwächer werden – die Stütze für die Wirbelsäule geht dadurch verloren.

Muskelverspannungen

Erste Vorboten wie ein Ziehen im Nacken, zwischen den Schulterblättern oder im Kreuz zeigen die kommende muskuläre Dysbalance an. Fehlhaltungen sollten deshalb bereits in jungen Jahren möglichst in der Rückenschule oder durch Krafttraining korrigiert werden. Daneben ist die Stressbelastung im Alltagsleben nicht zu unterschätzen: Etwa 40 % der Nacken- und Schulterverspannungen gehen nämlich auf das Konto von Konflikten, Angst, Überforderung und anderen Stresskomponenten.

Hexenschuss und Ischias-Schmerzen

Ein höllischer Schmerz, der oft sogar in ein Bein ausstrahlt, wird vom Arzt meist banal als Lumbago bezeichnet. Meist ist es eine reflexartige Muskelverspannung, die den Betroffenen dazu zwingt, eine gekrümmte Schonhaltung einzunehmen. Oft verschieben sich durch diese falsche Bewegung aber auch kleine Knochen im Beckenbereich. Das alleinige Spritzen eines Cortisons und Analgetikums ist daher, ebenso wie die Einnahme von NSAR, nicht immer erfolgreich. Eine osteopathische Behandlung durch einen Arzt kann hier oft rascher Schmerzfreiheit bewirken. Strahlt der Schmerz komplett in ein Bein aus, und zwar entlang der Rückseite des Oberschenkels, so ist der Ischiasnerv beteiligt. Auch hier kann ein sanftes Einrenken der verschobenen Knochen oder Bandscheiben nach der Akutbehandlung mit einem NSAR Erleichterung bringen.

Wehleidig oder hart im Nehmen?

Nach dem ganzheitlichen Therapieansatz kann man schon anhand der Lokalisation des Rückenschmerzes erkennen, wo der Auslöser sitzt. Beispielsweise sind Schmerzen im Bereich der unteren HWS charakteristisch für wenig Selbstvertrauen, weil dadurch eben sehr häufig die Schultern hochgezogen werden, was zur schmerzhaften Verkrampfung führt. Auch eine Starre in der LWS ist durch Ängste, Blockaden und mangelnde Flexibilität leicht erklärbar. Rückenschmerzen haben daher – noch mehr als Magenschmerzen – immer eine psychische Komponente, die man nicht außer Acht lassen darf. Generell gilt natürlich, dass jemand, der seine Beschwerden ignoriert, nach dem Motto „Durchhalten um jeden Preis“, noch mehr verkrampft. Genauso falsch ist die verständliche Reaktion vieler Patienten mit akuten Beschwerden, sich zu schonen und möglichst allen Aktivitäten aus dem Weg zu gehen. Wer Kreuzschmerzen hat, soll sich viel bewegen und seine Rückenmuskulatur gezielt auftrainieren, um Rezidiven oder gar einer Chronifizierung vorzubeugen. Bettruhe ist nur für maximal zwei Tage angesagt. Ein Circulus vitiosus von Schmerz und Schonhaltung potenziert sonst die Beschwerden.

Schmerzempfindlichkeit

Zwei verschiedene Arten von Nozizeptoren leiten die Schmerzreize an das ZNS weiter: solche mit A-d-Fasern leiten stechenden Schmerz weiter, während solche mit C-Fasern dumpfen, häufig tieferen Schmerz weiterleiten. Das Schmerzempfinden ist dabei jedoch nicht immer gleich. Durch Freisetzung körpereigener Substanzen wie Bradykinin, Prostaglandin E2 oder Serotonin kann nämlich die Erregbarkeit der Nozizeptoren gesteigert und damit die Schmerzschwelle verändert werden.

Schmerzmittel rechtzeitig einnehmen

Gerade bei akuten Kreuzschmerzen werden nicht gerne Schmerzmittel eingenommen. Oft glaubt der Kunde auch, dass eine einmalige Tabletteneinnahme schon ausreichen müsste. Die Angst, abhängig vom Schmerzmittel zu werden, scheint wesentlich stärker ausgeprägt zu sein als die Befürchtung, von einem Psychopharmakon abhängig zu werden. Das Üble an dieser Haltung ist jedoch, dass das Nervensystem bei starken Schmerzen sehr schnell die Reizübertragung von den schmerzleitenden Nervenbahnen auf Neuron en upreguliert, wodurch die synaptische Übertragungsstärke potenziert wird. D. h. bei Kreuzschmerzen sollten Schmerzmittel zumindest ein paar Tage angewendet werden, bis die Entzündung abgeklungen ist.