Das ist die private Konkurrenz

Mehr Möglichkeiten zum Meinungsaustausch, Kostenteilungen bei Investitionen, Steuervorteile, längere Öffnungszeiten, mehr Qualität, die Zusammenarbeit mit anderen Gesundheitsberufen, eine Entlastung der Spitäler und eine generell bessere Versorgung für die Bevölkerung: so stellen sich Länder, Bund und Krankenkassen die neuen Primärversorgungszentren vor. Mehr als 70 solcher Zentren sollen bis 2020 österreichweit entstehen. Im Rahmen einer sogenannten 15a-Vereinbarung zum fixierten Finanzausgleich wurden nun für den Ausbau der Primärversorgung rund 200 Millionen Euro reserviert.
Wie genau die gesetzlichen Rahmenbedingungen aussehen werden, ist noch offen. Das lange diskutierte PHC-Gesetz fehlt nämlich noch. Dennoch polarisieren die Pläne. Die Ärztekammer befürchtet eine Privatisierung der niedergelassenen Versorgung und eine Übernahme der Primärversorgungszentren durch privatwirtschaftliche Konzerne. Gesundheitsministerin Dr. Sabine Oberhauser (SPÖ) zeigt dafür kein Verständnis. Privaten Konzernen, was die Gesundheitsversorgung betrifft, Tür und Tor zu öffnen, liege nicht im Interesse von Bund und Ländern, versichert die Ministerin.
Klar ist, dass die neuen Primärversorgungszentren vor allem den stationären Bereich entlasten sollen. Tatsächlich könnten allerdings Unternehmen aus dem Bereich der Privatkliniken, Rehabilitationseinrichtungen oder Kurbetrieb tatsächlich Interesse an entsprechenden Investitionen haben. Wirklich deklariert hat sich hier noch niemand, was wohl auch an der aktuell politisch aufgeheizten Stimmung liegen mag.
Dr. Thomas Holzgruber, Kammeramtsdirektor der Ärztekammer für Wien, fürchtet allerdings, dass die Wirtschaftskammer hier sehr wohl Interessen privater Betreiber vertritt. Immerhin würden WK-Vertreter an der Spitze des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger sitzen. Seine Sorge: „Bei der Primärversorgung und den geplanten Gesundheitszentren soll die Gründung von Ambulatorien erleichtert werden. Es ist nicht in Ordnung, dass freiberufliche Ärzte mit Großkonzernen, die in diesen Bereich drängen, in Konkurrenz treten sollen.“
Doch wer sind die möglichen PHC-Interessenten? Die Ärzte Kronemachte sich auf die Suche. Branchenexperten vermuten etwa Unternehmen wie die zum Versicherungskonzern Uniqa gehörende PremiQaMed, die dem PremiQaMed-Vorstand Julian Hadschieff gehörende Humanocare-Gruppe ebenso wie PHC-Investoren wie der mehrheitlich zum deutschen Fresenius-Konzern gehörenden Spitalsdienstleister Vamed, die zum französischen Pflegekonzern Orpea gehörende SeneCura-Gruppe, der Krankenhausbetreiber hospitals, dessen Partner der Baukonzern Porr und der Anlagenbauer Ortner sind sowie die Kur- und Rehagruppe Dr. Dr. Wagner, die Health Care Company des Gesundheitsökonomen Dr. Christian Köck oder der Kur- und Rehabetreiber Mare-Gruppe. Die beiden letzteren gehören allerdings Medizinern. Interesse an PHC wird auch dem Roten Kreuz nachgesagt. Immerhin verfügt es mit Bezirksstellen der Rettung auch über bestehende Infrastruktur, die mit PHC besser ausgelastet werden könnte.

SeneCura

Die SeneCura-Gruppe betreibt 58 Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen in Österreich und zählt nach eigenen Angaben zu Österreichs Markt- und Innovationsführern im Bereich Pflege im privaten Sektor. Mit insgesamt über 3.500 Beschäftigten bietet SeneCura alternative Pflegeangebote und Wohnformen im Alter sowie Demenzstationen, Intensiv- und Wachkomapflege und integrierte Kindergärten. Außerdem rehabilitative Übergangspflege, Hauskrankenpflege, 24-Stunden-Betreuung und Hospizbegleitung. Unter der Marke „OptimaMed“ bietet die SeneCura-Gruppe außerdem Rehabilitationszentren für verschiedene Indikationen wie Neuro- und Psychiatrische Rehabilitation, Dialyse- und Kurzentren sowie Physikalische Institute mit optimaler medizinischer Betreuung und modernsten Therapieformen und -geräten. In der Tschechischen Republik betreibt SeneCura Unternehmen der Hauskrankenhilfe und -pflege in Mähren und in der Nähe von Prag. SeneCura ist seit April 2015 Teil der französischen Pflegegruppe Orpea, die mit 715 Pflegeeinrichtungen und rund 71.000 Betten in Frankreich, Belgien, Deutschland, Spanien, Italien, der Schweiz, Polen und Tschechien.

Vamed

Der weltweit tätige österreichische Gesundheitskonzern Vamed hat zuletzt den Umsatz um 7% auf 1,118 Mrd. Euro gesteigert. Mit Ende 2015 beschäftigte die Vamed unter Einbeziehung aller Betriebe, für die das Unternehmen die Gesamtverantwortung trägt, rund 17.200 Mitarbeiter. In Österreich hat der Konzern 6.000 Beschäftigte. Als internationaler Gesundheitsdienstleister sieht sich die Vamed als der führende Anbieter für umfassende Lebenszyklus-Projekte im Gesundheitswesen. Das Leistungsangebot umfasst integrierte Gesundheitseinrichtungen über den gesamten Lebenszyklus zu planen, zu errichten und zu betreiben. Dazu gehören Krankenhäuser genauso wie Rehaeinrichtungen, aber auch – derzeit nur international – integrierte Versorgungsangebote wie PHC. Im Vorjahr hat der Konzern, der mehrheitlich zum deutschen Fresenius-Konzern gehört, den Neubau des Landesklinikums Neunkirchen abgeschlossen; in der Nachsorge schuf das Unternehmen mit der Eröffnung der neuen Rehaklinik Enns in Oberösterreich zusätzliche 126 Betten für neurologische und pneumologische Rehabilitation. In Wien hat die Vamed mit der Erweiterung der Reha­klinik Baumgarten begonnen. Im heimischen Thermen- und Gesundheitstourismus hat die Tochterfirma Vamed Vitality World (VVW) mit mehr als 3,1 Millionen Gästen in acht österreichischen Resorts eine klare Marktführerschaft. In Summe hat die Vamed in bisher 78 Ländern auf vier Kontinenten mehr als 760 Gesundheitsprojekte realisiert, 23 davon als Privat-Public-Partnership-Modelle.

PremiQaMed

Die PremiQaMed Group wurde 1991 gegründet und ist heute eine 100-prozentige Tochter der UNIQA Österreich Versicherungen AG. Rund 1.750 Beschäftigte sind im Unternehmensverbund tätig. Zur Unternehmensgruppe zählen unter anderem in Wien die Privatklinik Confraternität, die Privatklinik Döbling mit dem angeschlossenen Ambulatorium Döbling und die Goldenes Kreuz Privatklinik ebenso wie die Privatklinik Graz Ragnitz, die Privatklinik Wehrle-Diakonissen in Salzburg und das Klinikum Malcherhof Baden. Erst heuer durfte die PremiQaMed nach einer Prüfung durch die Kartellbehörden bei der Wiener Privatklinik Goldenes Kreuz einsteigen. Künftig hält die PremiQaMed 75% der Betreibergesellschaft der Klinik, die weiteren 25% bleiben im Eigentum des bisherigen Trägervereins, der Österreichischen Gesellschaft vom Goldenen Kreuze. Ebenfalls heuer wurde bekannt, dass die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (SVA) plant, ihr bestehendes SVA-Gesundheitszentrum in der Wiener Hartmanngasse auf neue Beine zu stellen, die PremiQaMed wurde als Partner an Bord geholt hat. Im Rahmen eines Public-Private-Partnership-Modells wird die PremiQaMed in Zukunft zu 49% an der gemeinsamen SVA-Gesundheitszentrum Betriebs-GmbH beteiligt und für die Betriebsführung verantwortlich sein. Die übrigen 51% der auf Gemeinnützigkeit ausgerichteten Gesellschaft verbleiben im Eigentum der SVA.

Dr.-Dr.-Wagner-Gruppe

Die Dr. Dr. Wagner Gesundheit & Pflege GmbH wurde 1987 von DDr. Stephan Wagner gegründet und betreibt in Österreich mehrere Kuranstalten, Rehabilitationskliniken, Pflegeheime sowie Tagesstätten. Insgesamt sind etwa 1.500 Menschen unternehmensweit beschäftigt.

Health Care Company

Die Health Care Company, kurz HCC, mit Sitz in Wien wurde 2001 gegründet und gehört dem Gesundheitsökonomen und Mediziner Dr. Christian Köck. Das Unternehmen verfolgt nach eigenen Angaben das Ziel zu einem führenden privaten Betreiber von Gesundheitseinrichtungen in Österreich sowie Mittel- und Osteuropa zu werden. Dazu gehört unter anderem die Klinikum Austria Gesundheitsgruppe als Dachmarke für die Häuser Klinikum am Kurpark Baden, Klinikum Bad Gastein, Klinikum Bad Gleichenberg, Klinikum Bad Hall und Klinikum Schallerbacherhof. Die Klinikum Austria Gesundheitsgruppe GmbH ist ein Gemeinschaftsunternehmen mit der Sozialversicherungsanstalt der Bauern (SVB) und der Unternehmensgruppe „hospitals“. Die fünf Kliniken der Klinikum Austria Gesundheitsgruppe GmbH bieten stationäre Rehabilitationsleistungen in allen wesentlichen medizinischen Indikationen an.

hospitals

Anspruch der Unternehmensgruppe hospitals ist es nach eigenen Angaben, entlang der gesamten Wertschöpfungskette von der ersten Projektidee bis zum erfolgreichen Betrieb Know-how bereitzustellen, das aus der langjährigen Beschäftigung mit und in verschiedensten Einrichtungen des Gesundheitswesens resultiert. Partner sind der Baukonzern Porr und der Anlagenbauer Ortner.

Mare Gruppe

Die Mare-Gruppe mit dem Sitz in Bad Radkersburg betreibt Kurhotels und Rehabilitationszentren. Das Unternehmen, im Besitz der Radkersburger Familie Remta-Grieshofer hat drei Kurhotels und drei Rehabilitationskliniken in der Steiermark und Oberösterreich mit über 630 Beschäftigten. Geschäftsführende Eigentümerin ist KoR Renate Remta-Grieshofer, ärztlicher Direktor ihr Mann Primarius Dr. Peter Grieshofer. Zuletzt hat die Gruppe den Zuschlag für den Betrieb einer Kinderreha erhalten.