Das kleine Abc der Virushepatitis

Hepatitis A wie „akut“

Die Hepatitis A ist eine fäkal-oral übertragene, meist selbstlimitierende, akute Viruserkrankung. Neben Transaminasenerhöhung und Ikterus sind Symptome einer Gastroenteritis führend. Dauerhafte Leberschäden bleiben in der Regel nicht, jedoch kann es zum akuten Leberversagen – insbesondere bei fortgeschrittenem Alter oder vorgeschädigter Leber – kommen. Eine kausale Therapie ist nicht verfügbar, die prophylaktische Impfung wird in unseren Breiten vorwiegend vor Reisen in Endemiegebiete bzw. bei hepatologischer Vorerkrankung empfohlen.

Hepatitis B wie „behandelbar“

In Österreich leben nach wissenschaftlichen Schätzungen etwa 67.000 Menschen mit chronischer Hepatitis B, weltweit sind es ca. 296 Millionen. Die Infektion mit dem Hepatitis-B-Virus (HBV) verläuft oft asymptomatisch, bei ca. 30 % kommt es neben „grippeähnlicher“ Symptomatik zu einer Transaminasenauslenkung und Ikterus im Sinne einer akuten Hepatitis B. Die Wahrscheinlichkeit der Chronifizierung ist vom Alter bei der Infektion abhängig: Bei der Geburt infizierte Kinder chronifizieren zu 90 %, während es beim immunkompetenten Erwachsenen etwa 5 % sind. Die Übertragung erfolgt durch infektiöse Körpersekrete. Hierorts sind ungeschützter Sexualverkehr und Kontakt mit infektiösem Blut, wie z. B. durch intravenösen Drogengebrauch, die häufigsten Übertragungswege, während weltweit die vertikale Transmission (Mutter zu Kind) und kontaminierte medizinische Instrumente bzw. Bluttransfusionen relevante Infektionsquellen darstellen.

Während die akute Hepatitis B aufgrund der hohen Ausheilungsrate meist allenfalls einer symptomatischen Therapie bedarf, sollte die chronische Hepatitis B unter gewissen Voraussetzungen, wie bereits bestehender Leberfibrose oder HIV-Koinfektion, mittels Nukleotid-/Nukleosidanaloga behandelt werden. Die Therapie ermöglicht den Rückgang der Entzündung und damit das Aufhalten der Fibrosierung der Leber sowie eine Suppression der HBV-DNA im Blut. Sie erfolgt meist lebenslang mit dem Ziel der HBs-Serokonversion (HBs-Antigen negativ, HBs-Antikörper positiv), was bei ca. 8 % der Pa-tient:innen nach 5 Jahren Therapie gelingt. Nach Serokonversion kann die Therapie unter regelmäßiger Kontrolle abgesetzt werden.Da die HBV-DNA nach Ausheilung in den Leberzellen verbleibt, kann es bei Immunsuppression zu einer Reaktivierung kommen. Aufgrund dieser Persistenz gibt es derzeit keine definitive Heilung, jedoch schützt die Impfung präventiv vor der Infektion und wird in Österreich für alle Kinder und Erwachsene empfohlen.

Bei allen Patient:innen mit bestehender Leberzirrhose sollten halbjährliche Abdomensonografien zum Screening auf ein hepatozelluläres Karzinom (HCC) erfolgen. Bei chronischer Hepatitis B kann ein HCC schon vor einer Zirrhose entstehen. Eine Empfehlung für ein universelles HCC-Screening aller Patient:innen mit chronischer Hepatitis B existiert aber derzeit nicht.

Hepatitis C wie „curierbar“

Die Prävalenz der chronischen Hepatitis C beträgt weltweit ca. 57 Millionen, in Österreich sind es schätzungsweise 82.000 Menschen. Die Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus (HCV) verläuft häufig asymptomatisch, oder es kann zu einem allgemeinen Krankheitsgefühl mit Ikterus und Transaminasenanstieg kommen. In etwa einem Drittel der Fälle heilt die Erkrankung spontan aus, in den anderen zwei Dritteln chronifiziert sie jedoch. Im Vergleich zur Hepatitis B ist also das Risiko hierfür höher und vom Alter unabhängig. Die HCV-Transmission erfolgt in erster Linie durch Kontakt mit infektiösem Blut. Typische Übertragungswege sind in Industrieländern intravenöser Drogenkonsum und ungeschützter Geschlechtsverkehr zwischen Männern.

Ehemals eingesetzte interferonbasierte Therapien waren nebenwirkungsreich, mussten fast ein Jahr lang genommen werden und erbrachten nur in etwa 30–50 % eine Virus-eradikation. Seit 2015 sind nun neue, ausgezeichnet verträgliche orale Therapien erhältlich, die über eine Behandlungsdauer von 8–12 Wochen Heilungsraten von > 95 % erreichen. Diese müssen über ein Hepatitis-C-Zentrum bewilligt werden. Eine Reaktivierung nach Heilung wie bei der Hepatitis B gibt es nicht, jedoch kann es zu Reinfektionen kommen, die erneut behandelt werden. Die sorgfältige Aufklärung der Patient:innen hinsichtlich Risikofaktoren ist daher essenziell.

Hepatitis D wie „dran denken“

Die chronische Hepatitis D ist die schwerste Form der Virushepatitis, die schnell zur Entwicklung einer Zirrhose oder eines HCC führen kann. Im klinischen Alltag in Österreich stellt die chronische Hepatitis D eine seltene Erkrankung dar, jedoch sind weltweit ca. 5 % der Patient:innen mit chronischer Hepatitis B auch mit dem Hepatitis-D-Virus (HDV) infiziert, was 12–15 Millionen Menschen entspricht. Hochprävalenzgebiete sind u. a. Afrika und Asien, in Europa insbesondere der Mittelmeerraum, Rumänien und Moldawien. Das HDV ist ein inkomplettes Virus und benötigt die gleichzeitige Infektion mit dem HBV, weshalb alle HBV-infizierten Patient:innen zumindest einmal auf Anti-HDV-Antikörper getestet werden sollten. Auch bei unklarem Transaminasenanstieg unter antiviraler Therapie sollte dies überprüft werden. Bei positivem Anti-HDV-Nachweis soll eine weiterführende HDV-RNA-PCR erfolgen, und spätestens bei Diagnose einer HDV-Virämie ist die Weiterleitung an ein Zentrum zur weiteren Behandlung indiziert.

Bis vor Kurzem war pegyliertes Interferon als Off-Label-Therapie die einzige Behandlungsoption für die chronische Hepatitis D, doch 2020 wurde mit Bulevirtid erstmals ein HDV-wirksamer antiviraler Wirkstoff zugelassen. Die Therapie ist gut verträglich, und die Applikation erfolgt täglich subkutan. Eine Empfehlung zur Therapiedauer existiert derzeit noch nicht. Seit 2023 gibt es erstmals eine europäische Leitlinie zur Behandlung der Hepatitis D.

Hepatitis E wie „emerging“ (engl. „entstehend“)

Die Hepatitis E ist weltweit die häufigste Form der akuten Hepatitis und verläuft üblicherweise selbstlimitierend. Schwere Verläufe werden jedoch bei Schwangeren beobachtet. Bei immunsupprimierten Patient:innen kann die Erkrankung chronifizieren und rasch zu einer Zirrhose führen. Die Übertragung erfolgt über kontaminiertes Wasser oder – in Zentraleuropa vorrangig – durch infizierte Wildtiere und Schweine. In Österreich waren daher bisher vor allem beruflich exponierte Menschen, z. B. Jäger:innen und Landwirt:innen, betroffen, jedoch nahm in den letzten Jahren in Europa die Inzidenz der Hepatitis E in der Allgemeinbevölkerung stetig zu, vermutlich durch den Konsum von nichtdurchgegartem Fleisch.

Ein Impfstoff gegen das Hepatitis-E-Virus existiert, ist jedoch in Europa nicht zugelassen.