Leberschutz aus der Natur

Silymarin wird aus der Mariendistel (Silybum marianum) gewonnen und besteht aus einem Wirkstoffkomplex verschiedener Inhaltsstoffe. Neben Silydianin und Silychristin enthält der Extrakt Silibinin, den wirksamsten Bestandteil von Silymarin. Dieser wird in der Medizin gegen Vergiftungen mit dem Knollenblätterpilz eingesetzt. Der Wirkstoff blockiert an der Leberzellmembran den Transport der Pilztoxine, wodurch deren Aufnahme erschwert wird.¹ Positive Effekte sind vor allem bei der nichtalkoholischen Fettlebererkrankung, die kürzlich in „MASLD“ (Metabolic Dysfunction-associated steatotic Liver Disease) umbenannt wurde, zu verzeichnen.2, 3

Antihepatotoxische und hepatoprotektive Wirkung

Die therapeutische Wirksamkeit von Silymarin beruht auf einer Strukturänderung der äußeren Leberzellmembran, auf seinen Eigenschaften als Radikalfänger und Antioxidans sowie auf einer Stimulierung der Leberzellregeneration.1

MASLD

Die chronische Lebererkrankung, bei der es zu einer Infiltration von Fettzellen in der Leber kommt, ist auf dem Vormarsch. Es gibt einige Hinweise, dass Silymarin einen hepatoprotektiven Effekt bei MASLD hat. Ein kürzlich veröffentlichter Review mit Metaanalyse hat 26 randomisiert kontrollierte Studien mit 2.375 Patient:innen in die Untersuchung eingeschlossen. Silymarin konnte demzufolge das Gesamtcholesterin, das LDL-Cholesterin, die Triglyzeridwerte und den Nüchternblutzucker signifikant senken. Darüber hinaus wurde das HDL-Cholesterin erhöht und die Leberwerte Alanin-Aminotransferase (ALT) und Aspartat-Aminotransferase (AST) sanken. Außerdem zeigte die Leberhistologie unter Silymarin-Therapie eine signifikante Verbesserung der hepatischen Steatose. Die Autor:innen schlussfolgern, dass Silymarin bei MASLD-Patient:innen den Energiestoffwechsel regulieren und Leberschäden abschwächen kann, weisen aber darauf hin, dass weiterführende Forschung notwendig ist, um die Effekte zu bestätigen.2 Ein weiterer systematischer Review mit Metaanalyse lieferte ähnliche Ergebnisse. Die Aussagekraft dieser Arbeit ist allerdings geringer, da hier nur 9 Studien inkludiert wurden. Hier konnte ein signifikanter positiver Effekt hinsichtlich der ALT-, AST-, HDL-Cholesterin- und Triglyzeridwerte nachgewiesen werden.3

Virushepatitis

Durch Hepatitis B ausgelöste Leberzirrhose ist ein erheblicher Risikofaktor für Mortalität und Leberzellkarzinom. Laut einer retrospektiven Kohortenstudie, die Patient:innen mit Hepatitis-B-assoziierter Leberzirrhose, die sich einer antiviralen Therapie (AVT) unterzogen, inkludiert hat, hat Silymarin sich als vielversprechende Antifibrose-Therapie erwiesen. Von 638 Patient:innen konnten 2 vergleichbare Kohorten gebildet werden, wovon die eine Hälfte eine AVT und die andere Hälfte eine AVT sowie Silymarin erhielt. Während sich der MEL-(Model for End-Stage Liver Disease-)Score und der Charlson-Komorbiditätsindex in beiden Kohorten signifikant verbesserte, zeigte nur die Silymarin-Kohorte ein verbessertes Outcome hinsichtlich Mortalität nach 1 bzw. 2 Jahren. Bezüglich Auftreten eines hepatozellulären Karzinoms konnte kein Unterschied festgestellt werden. Die Autor:innen schlussfolgern daraus, dass die Kombination von antiviraler Therapie mit Silymarin einen synergistischen Effekt zeigt, merken allerdings an, dass weitere klinische Studien notwendig sind, um die Wirkung von Silymarin bei HBV-assoziierter Leberzirrhose zu untersuchen.4 Kein Effekt von Silymarin konnte bei Patient:innen mit chronischer Hepatitis C nachgewiesen werden, die zuvor eine erfolglose Interferon-Therapie erhielten. Silymarin konnte keine signifikante Reduktion der ALT-Werte erzielen.5 Eine systematische Metaanalyse wies zwar leicht verringerte ALT-und AST-Werte bei HCV-Patient:innen nach, die Effekte waren aber ebenfalls nicht klinisch signifikant.6

Weitere chronische Lebererkrankungen

Gut designte Studien über den Einsatz von Silymarin bei alkoholischer Lebererkrankung fehlen, weshalb die Wirksamkeit von Silymarin bei dieser Krankheit unklar ist.7 Auch bei arzneimittelbedingter Leberschädigung ist die Datenlage nicht eindeutig. Generell ist feststellbar, dass die Studien, die positive Effekte für Silymarin bei verschiedenen chronischen Lebererkrankungen gezeigt haben, häufig nicht groß genug für fundierte Schlussfolgerungen waren.⁸

Fazit

Silymarin ist ein sicherer Inhibitor gegen Entzündungen, Fibrose und oxidativen Stress und birgt ein geringes Risiko für Arzneimittel-Interaktionen. Auch wenn es bereits einige Hinweise für eine positive Wirkung von Silymarin bei Patient:innen mit chronischen Lebererkrankungen gibt, so ist noch weitere Forschung anhand größerer, randomisiert kontrollierter Studien notwendig, um die Wirksamkeit zu belegen.8