Das Kreuz mit den Zuckern

Kohlenhydrate sind in nahezu allen Lebensmitteln enthalten. Einige davon – wie Laktose und Fruktose – werden von gut der Hälfte aller Mitteleuropäer:innen im Darm schlecht verarbeitet und unterliegen dann einer bakteriellen Verdauung. Dies führt zur Gasbildung, und es bleiben Substanzen im Darm zurück, die Wasser binden, was zu Durchfall führt und bei empfindlichen Personen Schmerzen verursachen kann. Andere Kohlenhydrate, die in manchen Gemüsen oder Getreideprodukten enthalten sind, sind generell für den Menschen unverdaulich und unterliegen ebenfalls dem beschriebenen bakteriellen Metabolismus. Dennoch sollte man auch diese unverdaulichen Kohlenhydrate nicht vermeiden, da darunter Ballaststoffe sind, die der Gesundheit des Menschen im höchsten Maße zuträglich sind.

Individuell verträgliche Mengen trotz Malabsorption: Obwohl das Schicksal von schwer verdaulichen Kohlenhydraten im Darm somit sehr gut erforscht ist, war die Symptomatik, die damit verbunden sein kann, lange unklar. Erst in den letzten Jahren wurde erkannt, dass bei weitem nicht alle Personen, die das eine oder andere Kohlenhydrat nicht verdauen können – also das Kohlenhydrat malabsorbieren – auch Beschwerden davon bekommen.

„Betroffene können die individuell tolerierten Mengen von Laktose, Fruktose und Co mittels einer App selbst zu Hause außerhalb eines Labors oder einer Arztpraxis ermitteln.“

Darüber hinaus ist die Menge der schwer verdaulichen Kohlenhydrate, die jeder Einzelne trotz Malabsorption verträgt, individuell sehr unterschiedlich – jede:r hat seine eigene Menge, die beschwerdefrei vertragen werden kann. Und schließlich können auch Menschen, die beispielsweise Laktose oder Fruktose gut verdauen können, in manchen Lebenssituationen nach laktose- oder fruktosehaltigen Speisen Bauchbeschwerden bekommen, wenn passager die Empfindlichkeitsschwelle des Magen-Darm-Trakts sinkt – dies ist bei Patient:innen mit einem Reizdarmsyndrom nicht selten der Fall.

Zusammenschau mit klinischen Symptomen essenziell

H2-Atemtests mit Limitationen: In der Diagnostik der Kohlenhydratintoleranz wurde in den letzten Jahrzehnten der H2-Atemtest (Wasserstoff-Atemtest) als Diagnostik der Wahl angesehen, mitunter erweitert durch zusätzliche Messung von Methan (CH4). Sowohl H2 als auch CH4 sind Gase, die im Darm beim bakteriellen Metabolismus von Kohlenhydraten entstehen und in der Folge über die Lunge abgeatmet werden. So kann nach dem Verzehr von Laktose oder Fruktose eine verminderte Aufnahme dieser Kohlenhydrate gemessen werden. Aber ob dies auch Beschwerden verursacht, wurde bisher vernachlässigt. Somit hat eine große Anzahl von Personen auf Basis der Messung einer Malabsorption eine Diät oder andere Behandlungen erhalten, die nicht zielführend sind, wenn die Malabsorption nicht mit klar nachvollziehbaren Beschwerden kombiniert ist. Studien haben gezeigt, dass sich die Symptome nur bei der Hälfte der Personen mit Laktosemalabsorption, die mit dem Atemtest nachgewiesen wurde, auf eine milchzuckerarme Diät entscheidend verbessern. Auch eine neue europäische Leitlinie (siehe Kasten rechts und Link) berücksichtigt das Manko der Atemtests.

Die medizinisch korrekte, CE-zertifizierte Symptomerhebung nach dem Konsum von Kohlenhydraten und darauf basierende Behandlungsempfehlungen stehen heute auch jedem Betroffenen selbst zur Verfügung: Die Diagnose- und Beratungsapp CarboCeption erlaubt es, die individuell verträgliche Menge an Laktose, Fruktose oder anderen schwer verdaulichen Kohlenhydraten zu ermitteln. So finden die Benutzer:innen einfach heraus, dass gewisse Mengen an Milchzucker toleriert werden, auch wenn eine Laktosemalabsorption nachgewiesen wurde. Die CarboCeption-App ermöglicht auch eine Ausweitung der Verträglichkeitstestung über Laktose, Fruktose, Birkenzucker (Xylit) oder Sorbit hinaus. Sie erlaubt die Identifikation von Lebensmitteln, die Beschwerden auslösen, sowie die Bestimmung der verträglichen Mengen, um eine zielgerichtete Diät und weitere Behandlungen unter Anleitung der App durchzuführen. Die App kann von Ärzt:innen und Diätolog:innen an Stelle der Fragebögen in Kombination mit einem H2-Atemtest oder unabhängig davon eingesetzt werden.

Im Rahmen der Symptommessung erinnert die CarboCeption-App in einem Zeitraum von 3 Stunden alle 30 Minuten daran, die Symptome zu bewerten. Nach Abschluss des Tests erhalten die Benutzer:innen sofort das Testergebnis sowie Empfehlungen zur Kontrolle der Beschwerden und zur Ernährung. Die App bietet die Möglichkeit, den Zusammenhang zwischen dem Wohlbefinden und der Ernährung besser zu verstehen und wieder Freude am Essen zu erlangen. Die kostenfreie Verfügbarkeit der CarboCeption-App in den App-Stores ermöglicht einen einfachen Zugang für Benutzer von Apple- und Android-Geräten.

Mit maßgeschneiderter Kost zu neuer Lebensqualität

Die Symptommessung mit oder ohne Atemtests ermöglicht eine genauere Diagnosestellung und eine maßgeschneiderte Therapie von Kohlenhydratintoleranzen und hat zu einer verbesserten Patientenbetreuung geführt. Validierte Fragebögen erleichtern die Symptommessung bei Kindern und Erwachsenen und verbessern die Genauigkeit der Diagnose.

Die CarboCeption-App stellt einen bedeutenden Fortschritt dar, da sie Betroffenen hilft, ohne einen zeitaufwändigen Besuch im Labor ihre Symptome zu messen, auslösende Lebensmittel zu identifizieren und die verträglichen Mengen zu bestimmen. Die Nutzung der App kann dazu beitragen, dass Betroffene ihre Lebensqualität verbessern, indem sie die Ursachen ihrer Intoleranzen besser verstehen, eine individuell maßgeschneiderte Kost erstellen und unnötiges Weglassen von Nahrungsmitteln vermeiden.

Praxismemo

  1. Bei Nachweis einer Malabsorption durch einen Atemtest muss diese durch eine validierte Symptommessung bestätigt werden.
  2. Laktose- oder fruktosearme Diäten sind nur bei einer Intoleranz, d. h. einem Zusammenhang von Kohlenhydratkonsum und Beschwerden, sinnvoll.
  3. Die CarboCeption-App hilft, Symptome zu messen, auslösende Lebensmittel zu identifizieren und verträgliche Mengen zu bestimmen.