Dermatoskopie – „das Stethoskop“ in der Dermatologie

Nahezu alle derzeit auf dem Markt erhältlichen Dermatoskope haben die Möglichkeit, zwischen polarisiertem Licht (PL) und nichtpolarisiertem Licht (NPL) zu wechseln, da beide Lichtquellen Vor- und Nachteile in der Darstellung bestimmter Strukturen zeigen. Tieferliegende Anteile wie etwa Blutgefäße können mit PL besser untersucht werden, während sich für oberflächliche/epidermale Strukturen wie komedoartige Öffnungen bei seborrhoischen Keratosen das NPL besser eignet. Einige weiße Strukturen (weiße Linien, weiße Areale oder „vier weiße Punkte im Quadrat/Rosettes“) sind ausschließlich unter PL darstellbar.

Tumordiagnostik

Die korrekte Einordnung von pigmentierten Läsionen respektive die Früherkennung des Melanoms ist seit jeher das Kerngebiet der Dermatoskopie. Um Nävi und Melanome sicher unterscheiden zu können, sind neben der Asymmetrie in Farben und Strukturen („chaotisches Gesamtbild“) acht Melanom- bzw. Malignitätskriterien beschrieben. Diese umfassen: Dicke, retikuläre Linien, ein exzentrisch gelegenes strukturloses Areal, graue oder blaue Strukturen, peripher gelegene schwarze Punkte oder Schollen, radiale Linien, ein polymorphes Gefäßmuster, parallele Linien an der Leistenhaut. Die Vorteile dieser Kriterien sind, dass sie unabhängig von der Lokalisation anwendbar sind und ebenso Basalzellkarzinome und (nichtinvasive) Plattenepithelkarzinome als maligne eingestuft werden. Bei Patient:innen mit multiplen (atypischen) Nävi und/oder anderen Risikofaktoren kommt zudem die Kombination aus Ganzkörperfotografie und sequenzieller Dermatoskopie zum Einsatz (2-Schritte-Algorithmus). Diese Technik erlaubt es, Läsionen direkt zu vergleichen und so bereits subtile Veränderungen frühzeitig zu erkennen. Mehrere Studien belegen den Nutzen dieses Algorithmus sowohl bezüglich einer geringeren Tumordicke entdeckter Melanome als auch hinsichtlich der Reduktion von unnötigen Exzisionen. Die Dermatoskopie erlaubt auch die sichere (und frühe) Diagnose von benignen und malignen nichtmelanozytären Tumoren. Sie ist sowohl in der Abgrenzung dieser Entitäten von Melanomen als auch in der Differenzierung untereinander hilfreich.

„Die korrekte Einordnung von pigmentierten Läsionen respektive die Früherkennung des Melanoms ist seit jeher das Kerngebiet der Dermatoskopie.“

Neben aktinischen Keratosen ist das Basalzellkarzinom der häufigste maligne Tumor in dieser Gruppe. Klinisch kann der noduläre Subtyp in manchen Fällen schwer von einem dermalen Nävus oder einer Talgdrüsenhyperplasie zu unterscheiden sein, wohingegen dermatoskopisch definierte Muster beschrieben sind, die eine korrekte Zuordnung leicht möglich machen. Ein ähnliches Problem besteht nicht selten in der klinischen Unterscheidung einer (sehr dunklen) Verruca seborrhoica und eines Melanoms. Mithilfe der Dermatoskopie wird auch hier eine Unterscheidung erleichtert.

Allgemeine Dermatologie

Neben ihrer „klassischen“ Verwendung in der Tumordiagnostik wird die Dermatoskopie mittlerweile auch routinemäßig in der allgemeinen Dermatologie verwendet. Klinisch mitunter schwer zu differenzierende entzündliche Dermatosen können dermatoskopisch oft anhand definierter Muster diagnostiziert werden („Inflammoskopie“). Exemplarisch sei hier die Psoriasis vulgaris erwähnt, die dermatoskopisch typischerweise regelmäßig über die Läsion verteilte Punktgefäße, eine deutliche weiße Schuppung (zentral gelegen oder fleckig verteilt) und einen pinken Hintergrund zeigt; sie ist daher leicht von einem nummulären Ekzem oder einer Pityriasis versicolor abzugrenzen.

Zudem können unterschiedliche Infektionen und Infestationen der Haut mit dem Dermatoskop sicher erkannt werden. Das bekannteste Beispiel ist hier sicherlich die Infestation mit der Milbe Sarcoptes scabiei var. hominis. In der Dermatoskopie findet man zum einen das „triangle sign“, das dem vorderen pigmentierten Teil der Milbe entspricht, und zum anderen das „jet with contrail sign“, das dem Milbengang gleichkommt. Die diagnostische Sensitivität der Dermatoskopie unterscheidet sich hierbei nicht von der eines klassischen Milbenbefundes (91 versus 90 %). Zudem wird die Dermatoskopie auch zur Beurteilung von Veränderungen des Nagelorgans eingesetzt (chronische Entzündungen, Traumen, melanozytäre Läsionen oder Mykosen). Als typisches Beispiel ist hier die Unterscheidung eines subungualen Hämatoms oder Nävus von einem Nagelmelanom zu nennen. Auch zur korrekten Einordnung von unterschiedlichen Haar- und Kopfhauterkrankungen („Trichoskopie“) sowie zur Beurteilung der hautnahen Schleimhäute („Mukoskopie“) wird die Dermatoskopie regelmäßig verwendet. Bei letztgenannter Indikation wird allerdings ein spezieller Aufsatz benötigt.

Praxismemo

  1. Die Dermatoskopie, insbesondere die sequenzielle Dermatoskopie, hat die Früherkennung des Melanoms erheblich verbessert.
  2. Gut- und bösartige nichtmelanozytäre Tumoren können dermatoskopisch sicher differenziert und vom Melanom abgegrenzt werden.
  3. Neben der klassischen Tumordiagnostik findet die Dermatoskopie standardmäßig Anwendung in der allgemeinen Dermatologie.
  4. Unterschiedliche Infektionen und Infestationen der Haut, z. B. durch Milben, können mit dem Dermatoskop sicher erkannt werden.
  5. Auch für die korrekte Einordnung von Nagel-, Haar- und Kopfhauterkrankungen wird die Dermatoskopie regelmäßig verwendet.