Gastroösophageale Refluxerkrankung

Die gastroösophageale Refluxerkrankung („gastroesophageal reflux disease“; GERD) ist die häufigste säureassoziierte gastrointestinale Erkrankung mit steigender Inzidenz. Die Refluxerkrankung gilt heute als klassische Lifestyle-Erkrankung, die vor allem in den westlichen Ländern weit verbreitet ist. Man geht davon aus, dass in der westlichen Bevölkerung 7 % täglich über Refluxsymptome klagen, 29 % der Bevölkerung wöchentlich und mehr als ein Drittel monatlich Beschwerden aufweist. Fast die Hälfte der westlichen Bevölkerung kennt Symptome wie Sodbrennen und Aufstoßen, und fast 42 % der Bevölkerung haben rezidivierende Episoden.
Die Klassifikation der GERD erfolgt nach der Montreal-Definition, wobei zwischen ösophagealen und extraösophagealen Syndromen unterschieden wird. Bei den ösophagealen Syndromen wird zwischen der klinischen Symptomatik und den Syndromen im Rahmen von ösophagealen Veränderungen unterschieden. Als typische Symptome gelten der klassische Reflux im Sinne von Sodbrennen sowie der refluxassoziierte retrosternale Schmerz. Die typischen Syndrome, die im Rahmen der Gastroskopie gefunden werden, sind die Refluxösophagitis, Strikturen, die Entwicklung einer Barrett-Mukosa und die Entwicklung eines ösophagealen Adenokarzinoms. Bei den extraösophagealen Syndromen wird zwischen etablierten Syndromen wie dem refluxassoziierten Husten, der Refluxlaryngitis, den refluxassoziierten asthmatischen Beschwerden beziehungsweise erosiven Zahnfleischveränderungen unterschieden. Darüber hinaus werden extraösophageale Syndrome mit GERD in Assoziation gebracht, wobei die wissenschaftliche Evidenz noch nicht eindeutig ist. Zu diesen Symptomen zählt die Sinusitis, rezidivierende Otitis media oder die idiopathische Lungenfibrose.

Pathogenese

Die Pathogenese der Refluxerkrankung ist multifaktoriell, wobei eine Fehlsteuerung des unteren Ösophagus, ein erniedrigter Ösophagustonus, eine transiente Relaxationsstörung, eine axiale Gleithernie beziehungsweise eine Störung der propulsiven Peristaltik beschrieben sind. Bei den meisten Patienten besteht eine Insuffizienz der Kardia, allerdings klagen nicht alle Patienten mit einer Hiatushernie über Refluxsymptomatik.

Klinische und endoskopische Symptomatik

Im klinischen Alltag wird von dem Patienten oft eine sehr differenzierte Symptomatik in der Refluxerkrankung beschrieben, wobei neben dem klassischen sauren Aufstoßen, epigastrische Schmerzen, Regurgitation, Schluckstörungen und Globusgefühl die häufigsten Symptome darstellen.
Endoskopisch wird zwischen der nicht- erosiven Refluxerkrankung (NERD) und makroskopisch erkennbaren Erosionen beziehungsweise Ulzera im Ösophagus unterschieden.
Die endoskopische Klassifikation erfolgt entweder nach der Stadieneinteilung von Savary-Miller (Stadium I–IV) oder der neueren Los-Angeles-Klassifikation (endoskopisches Ausmaß der Schleimhautläsionen; Grad A–D). Als Langzeitfolgen bei der GERD gelten die Ösophagitis mit teils multiplen Ulzerationen, Blutung im Bereich der Kardia, narbige Strikturen, Stenosen und vor allem die Entwicklung einer Barrett-Mukosa (Zylinderepithelmetaplasien im distalen Ösophagus), die als Präkanzerose für ein Adenokarzinom gilt.

Barrett-Mukosa

Die Barrett-Mukosa wurde von dem britischen Chirurgen Norman Barrett 1957 erstmals beschrieben. Als Synonyme für den Begriff Barrett-Mukosa wurden früher Begriffe wie „Endobrachyösophagus“, „columnar epithelium lined lower oesophagus“ (CELLO) oder „esophageal columnar metaplasia“ (ECM) verwendet. Die Diagnose wird histologisch gestellt, wobei zwischen Barrett-Mukosa ohne Dysplasien und Barrett-Mukosa mit intraepithelialer Neoplasie (Low-Grade-IEN und High-Grade-IEN) unterschieden wird.
Endoskopisch unterscheidet man einen Long-Segment-Barrett mit Schleimhautzungen über 3 cm und einen Short-Segment-Barrett mit Schleimhautzungen unter 3 cm Länge. Endoskopisch erfolgt die Klassifizierung der Barrett-Mukosa nach den Prager C&M-Kriterien. Dabei steht C für die zirkumferenzielle Ausdehnung der Metaplasie und M für die maximale Ausdehnung in cm Angabe proximal vom gastroösophagealen Übergang.
Als Faustregel für Patienten mit Barrett-Mukosa gilt die sogenannte Zehner-Regel, die besagt, dass circa 10 % der Patienten mit Refluxsymptomatik eine Barrett-Mukosa entwickeln, 10 % aller Patienten mit Barrett-Mukosa in weiterer Folge ein Adenokarzinom bekommen und die 5-Jahres-Überlebensrate des Adenokarzinoms ebenfalls bei etwa 10 % liegt. Es ist unbestritten, dass die Entwicklung der Barrett-Mukosa über die Metaplasie-Dysplasie-Karzinom-Sequenz zum Kardiakarzinom fortschreiten kann. Die Barrett-Mukosa ist der einzige anerkannte Risikofaktor für die Entstehung eines Adenokarzinoms im unteren Ösophagus. Während die Inzidenz des Plattenepithelkarzinoms gleichbleibend beziehungsweise leicht rückläufig ist, weist das Barrett-Karzinom eine steigende Prävalenz auf.
In Deutschland hat sich in den letzten zehn Jahren die Inzidenz für das Barrett-Karzinom vervierfacht. Aus diesem Grund sollten Patienten mit Barrett-Mukosa in ein endoskopisches Überwachungsprogramm eingeschleust werden, wobei die Biopsien derzeit noch nach dem Seattle-Protokoll mit Biopsieentnahmen in ein bis zwei Zentimeterabständen aus allen vier Quadranten einer sichtbaren Barrett-Schleimhaut durchgeführt werden sollten. Die Durchführung einer Chromoendoskopie im Rahmen der Endoskopie (Aufsprühen von Farbstoff oder Essigsäure auf die Schleimhaut erzielt eine Kontrastverfärbung, virtuelle Chromoendoskopie durch spezielle Lichtfilter [NBI] oder digitale Bildbearbeitung [I-Scan und FICE]) erleichtert die endoskopische Identifizierung atypischer Stellen. Abhängig vom Dysplasiegrad sind Kontrollgastroskopien alle zwei bis drei Jahre bei fehlender Dysplasie notwendig. Bei Low-Grade- und High-Grade-Dysplasien ist eine endoskopische interventionelle Therapie (endoskopische Mukosektomie, endoskopische Submukosadissektion, Radiofrequenzablation oder photodynamische Therapie) indiziert.
Bei unkomplizierter gastroösophagealer Refluxsymptomatik ist häufig das Ausschalten der Risikofaktoren beziehungsweise eine Ernährungsumstellung symptomlindernd. Als Allgemeinmaßnahmen gelten das Vermeiden von Rauchen, Alkohol, fettreichen und scharf gewürzten Speisen sowie das Vermeiden von großen Nahrungsaufnahmen.
Eine medikamentöse Therapie bei Refluxösophagitis mit einem Protonenpumpeninhibitor ist allen anderen medikamentösen Therapien hochsignifikant überlegen und erreicht bei erosiver Refluxösophagitis nach zwölf Wochen eine Heilungsrate von circa 85 %. Eine adäquat dosierte PPI-Therapie führt nach zwölf Wochen bei fast 90 % aller Patienten zu einer signifikanten Symptomverbesserung. Die Dosierung und Länge der PPI-Therapie richtet sich nach dem Ausmaß der endoskopischen Schleimhautschädigung und beträgt die einfache bis doppelte Standarddosis für acht bis zwölf Wochen. Bei fehlender Besserung der Symptomatik ist eine individuelle Dosiserhöhung notwendig. Extraösophageale Manifestationen wie Husten oder chronische Laryngitis, die durch GERD ausgelöst werden, benötigen oft eine hochdosierte Therapie über einen längeren Zeitraum von mehreren Monaten. Aufgrund der hohen Rezidivrate von GERD benötigen viele Patienten eine Dauertherapie, die mit der geringsten remissionserhaltenden Dosis oder mit der On-Demand-Therapie durchgeführt werden soll. Die operativen Therapieverfahren bei Hiatushernie und schwerer GERD-Symptomatik haben in den letzten Jahren wieder an Stellenwert verloren.

Endoskopisch-interventionelle Therapien

Bei Patienten mit histologisch verifizierter Barrett-Mukosa kommen verschiedene endoskopisch-interventionelle Therapien zur Anwendung. In Abhängigkeit von der Identifizierung und Größe der Barrett-Läsion kann entweder eine endoskopische Mukosektomie oder eine Submukosadissektion beziehungsweise alternativ eine photodynamische Therapie oder die Radiofrequenzablation zur Anwendung gebracht werden. Bei der Radiofrequenzablation wird lokal im Rahmen einer Endoskopie Radiofrequenzenergie über einen Ballon oder eine Platte auf die erkrankte Schleimhaut aufgebracht und aufgrund der Hitze die dysplastische Schleimhaut verbrannt. Die Eradikationsrate der Barrett-Mukosa liegt bei fast 80 % und die Eradikation von Dysplasien bei fast 90 %. Die ersten Fünf-Jahres-Ergebnisse zeigen, dass fast 90 % der Patienten die Barrett-Mukosa komplett eradiziert werden kann. Die Komplikationsrate (etwa durch Nachblutungen, Narbenstrikturen oder Schmerzen) ist äußert gering.
An der 4. Medizinischen Abteilung der Krankenanstalt Rudolfstiftung werden seit 2009 die Überwachung bei Barrett-Mukosa und endoskopisch interventionelle Therapien bei Dysplasien nach einem standardisierten Kontroll- und Therapiealgorithmus durchgeführt. Neben der endoskopischen Mukosektomie und Submukosadissektion wird seit mehreren Jahren erfolgreich auch die Radiofrequenzablation routinemäßig durchgeführt. Die bisherigen eigenen Erfahrungen zeigen, dass die wissenschaftlichen Ergebnisse zur Radiofrequenzablation unter Real-Life-Bedingungen in der Krankenanstalt Rudolfstiftung bestätigt werden können.

Literatur beim Verfasser