Häufig und gut behandelbar

Der Psychopharmakotherapie kommt in der Behandlung der Depression ein besonderer Stellenwert zu, und den Patient:innen sollte dabei verdeutlicht werden, dass der Gehirnstoffwechsel in der Episode der Depression bedauerlicherweise verändert ist.
Dieser kann aber durch die Medikation und die ärztlichen Empfehlungen des Umgangs in der aktuellen Lebenssituation wieder verbessert bzw. auch behoben werden. Etwa 70 % der Patient:innen kann damit sehr gut geholfen werden; wenn es sich jedoch nicht bessert, sollte die Überweisung zu Fachärzt:innen bzw. zur Einweisung in die Fachklinik erfolgen. Erfreulicherweise hat sich auch in der Psychiatrie die medikamentöse Therapie weiterentwickelt, sodass nun für die sogenannte behandlungsresistente Depression auch ein Nasenspray mit dem Inhalt von Esketamin erhältlich ist. Dieser steht an speziellen dafür ausgebildeten Behandlungszentren wie z. B. an der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Wien zur Verfügung.

Leitfaden für die medikamentöse Behandlung

Der Abbildung kann ein praktischer Leitfaden für die medikamentöse Behandlung der Depression entnommen werden, wobei festgehalten werden sollte, dass eine Psychotherapie oder eine nichtmedikamentöse Therapie, z. B. die transkranielle Magnetstimulation (TMS) oder die an speziellen Einrichtungen durchgeführte Elektrokrampftherapie (EKT), bei jedem Behandlungsschritt in Erwägung gezogen werden kann.

Dosiserhöhung

Wenn die Patient:innen auf das erste Antidepressivum, das nach Rücksprache mit ihnen über Wirkung und vor allem Nebenwirkung gewählt werden soll, kein adäquates Ansprechen erreichten, d. h. zumindest eine Symptomreduktion von über 50 %, sollte eine Dosiserhöhung bis zur indizierten Höchstdosis vorgenommen werden. Falls dann noch immer kein Ansprechen erreicht ist, könnte eine Plasmaspiegelbestimmung des gegebenen Medikamentes vorgenommen werden. Wenn es sich bei den Patient:innen um „ultrarapid metabolizer“ handelt, können gegebenenfalls auch die entsprechenden genetischen Grundlagen bestimmt werden, die diesen niedrigen Plasmaspiegel erklären können. Damit wären die Patient:innen auch für die Zukunft bei einer anderen Medikamentengabe auch aus dem Gebiet der Inneren Medizin gut gerüstet, da diese Medikamente natürlich auch über die Leber über das sogenannte Cytochrom-P-450-System abgebaut werden. Falls durch die Dosiserhöhung auch über die zugelassene Höchstdosis ein Behandlungserfolg erzielt werden kann, sollte die Behandlung fortgesetzt werden.

Kombination von 2 Antidepressiva

Wenn nicht, sollte als zweiter Behandlungsschritt die Kombination von 2 Antidepressiva mit einem unterschiedlichen Wirkmechanismus – z. B. SSRI + Trazodon oder Mirtazapin – oder die Augmentationsbehandlung durch Lithium oder ein sog. atypisches Antipsychotikum erfolgen, dann in einer niedrigeren Dosierung als sie bei der Schizophrenie- oder Maniebehandlung Verwendung findet, z. B. Quetiapin XR 100 bis 200 mg bzw. Olanzapin 2,5 bis 5 mg oder Aripiprazol 2,5 bis 5 mg. Der Wechsel des Antidepressivums sollte lediglich erfolgen, wenn die Patient:innen kein Ansprechen zeigen bzw. die aufgetretenen Nebenwirkungen für sie unerträglich sind und dadurch die notwendige Behandlung über einen längeren Zeitraum verunmöglichen.

Esketamin-Nasenspray

Im dritten Behandlungsschritt kommt nun – und dies in Österreich zurzeit lediglich in speziellen Behandlungszentren – die Behandlung mit Esketamin-Nasenspray zur Anwendung, der zusätzlich zur Therapie mit selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI) oder Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmern (SNRI) gegeben wird, wodurch erneut in etwa 70 % der Patient:innen einen antidepressiven Erfolg aufweisen.
Zurzeit wird intensiv geforscht, inwieweit Psychopharmaka mit einem glutaminergen Wirkmechanismus – dem Wirkprinzip von Esketamin – weitere Behandlungserfolge sicherstellen können, mit dem Ziel eines raschen Wirkungseintritts des antidepressiven Effekts bei spezifischen, auch biologisch charakterisierbaren Subgruppen.