Hinterlist im Doppelpack: Pneumokokken

Pneumokokken (auch: Streptococcus pneumoniae, Diplococcus pneumoniae) sind grampositive, fakultativ anaerobe Bakterien der Familie Streptococcaceae. Gefährlich können sie überwiegend in ihrer bekapselten Form werden und zwar insbesondere für Kleinkinder, Personen > 60 Jahre und Patient:innen mit Immunsuppression oder nach Splenektomie. Die schleimbildende Polysaccharid-Bakterien-Kapsel stellt den wichtigsten Virulenzfaktor dar (siehe auch Kasten). Aufgrund der kapsulären Antigenstruktur hat man mittlerweile etwa 100 Serotypen identifiziert.

Erkrankung und Epidemiologie

Pneumokokken sind an und für sich Teil der normalen Keimflora des oberen Respirationstrakts, die Kolonisierung erfolgt zumeist in den ersten beiden Lebensjahren (über die Hälfte der Kinder sind Träger:innen) über Tröpfchen- und Schmierinfektion oder Kontaktübertragung. Vom Nasopharynx ausgehend, können Pneumokokken bei herabgesetzter Immunitätslage endogene Infektionen auslösen. Einzelne Serotypen können sich auch invasiv über das Blut ausbreiten und zur Sepsis oder zu Infektionen von Zielorgangen wie Herz, ZNS oder Augen führen. Invasive Pneumokokken-Erkrankungen (IPD) sind in Österreich meldepflichtig, das betrifft v. a. Meningitis, Sepsis und Pneumonie/Bakteriämie. Aber auch Meningitis, Arthritis oder Endokarditis können auf endogenem Wege entstehen. Diagnostisch gilt als IPD, wenn S. pneumoniae in sonst sterilen Körperflüssigkeiten nachgewiesen wird (Blut, Liquor, Peritonealflüssigkeit …). Nichtinvasive Erkrankungen stellen v. a. Sinusitis, Bronchitis und Otitis media dar. Pneumokokken sind vorwiegend gegen Penicillin G, Makrolid-Antibiotika und Cephalosporine empfindlich.Laut Schätzungen der WHO entfallen weltweit etwa 1,6 Mio. Todesfälle auf Pneumokokken-Infektionen. Im Jahr 2021 wurden in Österreich 404 IPD gemeldet (Inzidenz 4,5/100.000), das ist weniger als in den Jahren vor Corona. Für > 60-Jährige wird eine Inzidenz invasiver Pneumokokken-Erkrankungen von etwa 15/100.000 angegeben. Bei 74 österreichischen Kindern, die zwischen 2001 und 2008 eine Pneumokokkenmeningitis entwickelten, wurde eine Letalität von 9 % ermittelt. Der Altersgipfel schwerer IPD liegt im 2. Lebenshalbjahr.

Impfung schützt

Eine Impfung kann das Risiko einer Pneumokokken-Erkrankung bzw. deren Komplikationen um bis zu 90 % verringern. Sie wird allen Kindern, insbesondere solchen mit gesundheitlichen Risiken, empfohlen. Es sollten insgesamt drei Impfungen mit einem Konjugatimpfstoff (PNC) im 3., 5. sowie 12.–14. Lebensmonat verabreicht werden (kostenfreies Impfprogramm). Seit Februar d. J. sollen Erstimpfungen mit einem 15-valenten Konjugatimpfstoff (statt bisher PNC13) durchgeführt werden. Sogenannte Konjugat-impfstoffe wurden entwickelt, da Polysaccharidimpfstoffe bei Kindern unter 2 Jahren keine ausreichende Immunantwort auslösen können.

Ältere Menschen sind hauptsächlich durch von Pneumokokken ausgelöste, schwerwiegende Atemwegsinfekte/Pneumonien gefährdet. Für Erwachsene > 60 Jahre – bzw. je nach vorliegenden Risikofaktoren auch früher – ist eine sogenannte sequenzielle Impfung vorgesehen: Man beginnt mit PNC15 oder PNC20, gefolgt von einer Polysaccharid-impfung (PPV23) nach 1 Jahr. Dieses Kombinationsimpfschema zeigt hinsichtlich der Impftiter eine Überlegenheit gegenüber der alleinigen Impfung mit PPV23 sowie darüber hinaus auch einen Booster-Effekt durch die überlappenden Serotypen. Detaillierte Informationen über Risikofaktoren und spezielle Impfschemata liefert der Impfplan Österreich 2023.