Hohe Krankheitslast, klare Impfempfehlung

Alle Jahre wieder läutet der Spätherbst den Beginn der Influenza-Saison ein: In Österreich kommt es in den letzten Wochen des Jahres zu einem typischen Anstieg der Fallzahlen. Die gesamte Saison dauert im Schnitt 12(–16) Wochen, etwa 5–10 % der Bevölkerung infizieren sich im Verlauf.

Burden of Disease

Laut Schätzungen der WHO kommt es global zu 3–5 Millionen an schweren Influenza-Fällen jährlich, das ECDC rechnet mit 290.000–650.000 influenzaassoziierten Todesfällen jedes Jahr. Die AGES bezifferte für die vergangene Saison etwa 3.570 Todesfälle, macht Dr.in Marianne Graninger (Zentrum für Virologie, MedUni Wien) auf die Krankheitslast aufmerksam. Ältere Menschen und kleine Kinder haben ein erhöhtes Erkrankungsrisiko: Laut SARI-Dashboard kam es in der letzten Saison zu ca. 6.000 influenzabedingten Hospitalisierungen, wovon 10% auf Kinder unter 4 Jahren und rund 70% auf Erwachsene über 60 Jahre entfielen.

Impfstoffeffektivität und Antigendrift

Das CDC ermittelt jährlich die Impfstoffwirksamkeit durch den Vergleich laborbestätigter Influenza-Fälle bei Geimpften und Ungeimpften. In der vergangenen Saison lag diese bei 56 %; die Impfung reduzierte damit das Ansteckungsrisiko um etwas mehr als die Hälfte. Auch wenn damit nicht alle Infektionen verhindert werden können, so besteht dennoch ein guter Schutz vor schwerer Erkrankung, betont Graninger. Die Impfung senkt klar die Hospitalisierungsraten und Fälle an intensivpflichtigen Erkrankungen sowie die influenzabedingte Mortalität.

Da sich Influenza-Viren kontinuierlich verändern, ist eine jährliche Auffrischung erforderlich, erklärt die Virologin. Aufgrund der starken jährlichen Zirkulation und der damit verbundenen zunehmenden Bevölkerungsimmunität steht das Influenzavirus unter hohem immunologischem Druck. Zudem zeigt es als RNA-Virus eine hohe Mutationsrate: Schon durch kleinste Veränderungen im Genom können sich die Antigenstrukturen auf der Virusoberfläche verändern („Antigendrift“), d. h., jene Antikörper, die auf Basis einer früheren Impfung gebildet wurden, können nicht mehr optimal an diese Antigene binden. Deshalb müssen die Impfstoffe jede Saison an die aktuell zirkulierenden Varianten angepasst werden. Die WHO gibt dafür jährliche Empfehlungen auf Basis globaler Surveillance-Daten heraus. Nach dem pandemiebedingten Verschwinden der B/Yamagata-Linie (letzter gesicherter Nachweis in 03/2020) empfiehlt sie nun wieder trivalente Vakzine, welche die Stämme A(H1N1)pdm09, A(H3N2) und B/Victoria enthalten.

Für wen ist die Impfung empfohlen?

Zu den besonders gefährdeten Gruppen zählen (Klein-)Kinder, Schwangere und Menschen ab 60 bzw. insbesondere 65 Jahren sowie chronisch Erkrankte und Immunsupprimierte, weshalb die Impfung gegen Influenza vor allem für diese Risikopersonen anzuraten ist.

Laut Daten des CDC waren während der letzten Wintersaison in den USA etwa 10% der pädiatrischen Spitalsaufnahmen sowie 260 Todesfälle mit Influenza assoziiert. Je jünger die Kinder, desto höher waren auch die Hospitalisierungsraten. Die Kinderimpfung hat jedoch nicht nur einen unmittelbaren Nutzen für das einzelne Kind, sondern auch einen indirekten Nutzen für die gesamte Gesellschaft, wie Graninger hervorhebt: Simulationsstudien haben gezeigt, dass eine Erhöhung der Impfquoten unter Kindern und Jugendlichen zu einem deutlichen Rückgang der Infektionen und Hospitalisierungen auch unter Erwachsenen und Senior:innen führt.

Nicht nur für Schwangere, sondern auch für Stillende, Frauen mit Kinderwunsch und für alle Personen im Umfeld von Neugeborenen ist die Impfung empfohlen. Außerdem ist für Personen mit erhöhter beruflicher Exposition (Gesundheitsbereich, Branchen mit viel Kundenkontakt wie Gastronomie, Handel, Tourismus, Friseur-/Kosmetikbetriebe) sowie für Menschen, die in Gemeinschaftseinrichtungen betreut werden, und für Reisende eine Influenza-Impfung empfehlenswert.

Komorbiditäten erhöhen Risiko

Darüber hinaus haben chronisch Erkrankte und Immunsupprimierte ein erhöhtes Komplikationsrisiko bei einer Infektion (Achtung: bei schwerer chronischer Erkrankung oder starker Immunsuppression [GradIII] gelten abgewandelte Impfempfehlungen, siehe Kasten bzw. Impfplan Österreich).

Mit steigendem Alter nehmen Komorbiditäten zu – und gerade bei chronischen Erkrankungen verläuft Influenza oft schwerer. Besondere Beachtung gilt dem kardiovaskulären Risiko: In den Tagen nach der Infektion erhöht sich das Herzinfarktrisiko u.a. durch eine zytokininduzierte Thrombozytenaktivierung um das 7,3-Fache. Umgekehrt erhöht eine bestehende kardiovaskuläre Erkrankung das Risiko für ein akutes respiratorisches Versagen während einer Influenzavirusinfektion um das 9,2-Fache, eine COPD sogar um das 13,4-Fache. Um diese vulnerablen Patientengruppen zu schützen, ist als zusätzliche präventive Maßnahme die Immunisierung ihrer Kontaktpersonen ratsam, was auch generell für das Umfeld von älteren Menschen gilt.