Impfen: Ein leidiges Thema … oder doch nicht?

Die COVID-19-Pandemie hat sich zu einer „Jahrhundert-Katastrophe“ entwickelt, die wir noch Jahre, wenn nicht Jahrzehnte spüren werden – so Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus, Generaldirektor der WHO, am 1. 8. 2020.1
Große Hoffnungen liegen auf der raschen Entwicklung eines Impfstoffes. Das Rennen um den Impfstoff ist begleitet von vielen Stimmen – Optimisten, Realisten sowie Pessimisten –, doch egal wie lange es dauert: Die Wahrscheinlichkeit, dass wir in die kalte Jahreszeit ohne COVID-19-Impfung starten, ist mehr als nur hoch.
Also wird es notwendig sein, die Zahl sämtlicher Infekte so gering wie möglich zu halten. Dass Abstandhalten, Maskentragen und das Vermeiden von Menschenansammlungen in geschlossenen Räumen zu so einer Reduktion führt, haben uns die Maßnahmen gegen COVID-19 gezeigt. Aber was kann man noch tun, um die Infekte möglichst gering zu halten? Die Antwort ist denkbar einfach: Impfen!

Internationale Empfehlungen der WHO, CDC2 und anderer lauten derzeit, dass eine möglichst hohe Influenza-Durchimpfungsrate angestrebt werden sollte, zumindest um auch die Influenzawelle „flach zu halten“. Lieferengpässe für Influenzaimpfungen werden allerdings bereits befürchtet.3
Weiters wird die Durchführung der Pneumokokkenimpfung bei Risikopersonen zur Vermeidung einer Pneumokokken-Superinfektion empfohlen.
Durch die Pandemie selbst und dem damit einhergehenden Lockdown und Lieferengpässen gingen die Impfraten der Kinderimpfungen international zurück, auch in Österreich waren immer wieder Aufrufe zur Durchführung der geplanten (und vor allem Kinder-)Impfungen4 oder auch Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen wahrzunehmen. Wenn wir uns an die Zeit vor Corona – also an das Jahr 2019 zurückerinnern, so wurde in diesem eine intensive Debatte über die Masernimpfung und eine eventuelle Impfpflicht geführt.

Egal aber, ob es sich nun um die Influenza-, Pneumokokken-, Masern-, FSME- oder andere Impfungen handelt – wir sind regelmäßig mit der Herausforderung konfrontiert, unsere PatientInnen über die Impfungen, ihre Wirksamkeit, ihre Nebenwirkungen, ihre Sicherheit und die zugrunde liegenden Erkrankungen aufzuklären. So schreibt Heidi J. Larson5 (übersetzt aus dem Englischen): „In der heutigen Zeit sind wir in der paradoxen Situation, dass wir für die Entwicklung von Impfungen eine bessere Forschung und strengere Sicherheitsbestimmungen haben als jemals zuvor, gleichzeitig aber eine zweifelnde Gesellschaft.“ Die Frage, welche Rolle wir in der hausärztlichen Primärversorgung hierbei spielen, wollen wir uns auf den zwei folgenden Seiten stellen. Kurz zusammengefasst ist es aber dies:

Die Akzeptanz von Impfungen generell (unabhängig von der Erkrankung gegen die geimpft wird) ist im Einzelfall stark vom Vertrauen abhängig – Vertrauen in die Wirksamkeit, Entwicklung und Sicherheit der Impfung, vor allem aber vom Vertrauen in die beratende Person – denn diese ist es, welche die Aufklärung leistet und wesentlich zur Entscheidung „Impfen – pro oder contra“ beiträgt. Hier fällt im österreichischen Gesundheitssystem der hausärztlichen Primärversorgung (und den Fachärzten im Bereich der Kinder- und Jugendheilkunde) eine wesentliche Rolle zu: Die Vertrauensbildung durch die kontinuierliche Betreuung mit Kenntnis des familiären Umfeldes oder auch des Bildungsstandes und der verschiedenen Ansichten zu Gesundheitsthemen („health beliefs“) unserer PatientInnen helfen, sie in ihrer Entscheidungsfindung zu unterstützen.