Intaktes Gehör als Schlüssel

Mit zunehmendem Alter nimmt die Hörleistung vieler Menschen ab. Laut der Lancet Commission on Dementia Prevention, Intervention, and Care nimmt das Risiko für Hörverlust ab dem 50. Lebensjahr deutlich zu, bereits jetzt sind weltweit mehr als 60 % aller Menschen mit beeinträchtigendem Hörverlust über 50 Jahre alt.Hörverlust schränkt nicht nur die Kommunikation ein, sondern erhöht auch das Risiko für soziale Isolation, depressive Verstimmung und kann dadurch langfristig kognitive Einschränkungen mit sich bringen.

Wie Hörverlust das Gehirn beeinflusst

Hörverlust bedeutet reduzierten auditiven Input, weniger Umgebungsreize wiederum führen zu einer geringeren geistigen Stimulation. Langfristig kann dies zu funktionellen Veränderungen in neuronalen Netzwerken führen, die Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Sprachverarbeitung betreffen. Internationale Studien, darunter der Lancet Commission on Dementia Prevention Report 2024, bestätigen einen signifikanten Zusammenhang zwischen unbehandeltem Hörverlust und erhöhtem Demenzrisiko. Hörverlust ist damit einer der wichtigsten modifizierbaren Risikofaktoren für Demenz.

Hörversorgung kann Demenzverlauf stabilisieren

Die große Frage, ob ein Hörimplantat der Demenzprävention dienen kann, lässt sich nur schwer allgemein beantworten, da Demenz von einer Vielzahl an Faktoren beeinflusst wird. In St. Pölten werden derzeit Daten ausgewertet, die dennoch einen klaren Trend zeigen, nämlich, dass eine frühzeitige Versorgung mit Cochlea-Implantaten den Verlauf einer Demenz stabilisieren kann. Entscheidend ist: Je früher die Hörversorgung nach einem Hörverlust erfolgt, desto besser gelingt die Rehabilitation und desto leichter verarbeitet das Gehirn akustische Signale.
Eine Cochlea-Implantation oder frühzeitige Hörgeräteversorgung heilt Demenz zwar nicht, kann aber den kognitiven Abbau verlangsamen und die Lebensqualität deutlich verbessern. Klinische Erfahrungen zeigen, dass Patient:innen nach einer Implantation wieder aktiv kommunizieren, stärker am Familienleben teilnehmen und selbstständiger bleiben. Besonders entscheidend ist der Erhalt des Restgehörs: Je mehr Hörfähigkeit noch vorhanden ist, desto leichter gelingt in den meisten Fällen die Adaptation mit dem Cochlea-Implantat und des dazugehörigen Audioprozessors.

Cochlea-Implantat auch im hohen Alter möglich

Alter allein ist kein Ausschlusskriterium für eine Implantation, solange der Allgemeinzustand der Person eine Operation zulässt. Moderne Operations- und Rehabilitationskonzepte ermöglichen eine Aktivierung des Cochlea-Implantates bereits wenige Tage nach der Implantation, damit das Gehirn wieder ausreichend akustische Reize erhält. Somit können Patient:innen schnell wieder in ihren persönlichen Alltag zurück und auch wieder in ihr kommunikatives Umfeld integriert werden.
Kognitionstests, die in St. Pölten im Zuge von Studien durchgeführt werden, zeigen bei älteren Hörverlustpatient:innen zudem objektiv messbare Verbesserungen nach der Versorgung mit einem Cochlea-Implantat – der Nutzen ist also nicht nur subjektiv spürbar. Frühzeitige Intervention wirkt somit sowohl präventiv als auch rehabilitativ.

Fazit

Hören ist ein Schlüsselreiz für das Gehirn. Wer gut hört, bleibt kommunikativer und kognitiv aktiver. Eine rechtzeitige Hörversorgung – ob Hörgerät oder Hörimplantat – kann den Verlauf einer Demenz positiv beeinflussen. Je früher gehandelt wird, desto besser sind die Ergebnisse. Gutes Hören ist gelebte Demenzprävention.