Long-COVID: die versteckte Gefahr – Symptome – Risikofaktoren – Impfung

Langzeitfolgen von COVID-19

Von einem akuten COVID-19-Infekt spricht man bis zu einer Dauer von 4 Wochen. Doch auch danach leiden etwa 10 bis 20 % aller Erkrankten noch an Symptomen, also „Long-COVID“. Dafür wurden Definitionen vorgeschlagen, die den Zeitraum von 1 bis 3 Monaten als anhaltend symptomatischen COVID-19-Infekt und anhaltende Beschwerden über mehr als 3 Monate als Post-COVID-19-Syndrom bezeichnen. Das bedeutet eine teils massive Einschränkung der Lebensqualität bis hin zur Berufsunfähigkeit.
Die Symptome beschränken sich dabei keineswegs nur auf die Lunge. „Durch eine infektbedingte überschießende Immunreaktion kommt es neben einer Schädigung der Lunge auch zu Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System, den Verdauungsapparat, die Nieren und das zentrale Nervensystem. In ca. 30 % der Fälle waren selbst nach Wochen noch Veränderungen im Gerinnungssystem und erhöhte Entzündungswerte nachweisbar. Konkret heißt das, dass mehr als 3 Monate nach akuter Infektion anhaltende Beschwerden vorhanden sind“, sagt Prim. Univ.-Prof. Dr. Martin Clodi, Abteilungsvorstand für Innere Medizin, Konventhospital der Barmherzigen Brüder Linz.

 

 

Mit bis zu 60 % aller Fälle ist eine chronische Erschöpfung das häufigste Langzeitsymptom und betrifft auch Patienten mit milden Verläufen. „Unter einem ‚chronischen Fatigue Syndrom‘ versteht man eine neuroimmunologische Erkrankung, die zu einem ausgeprägten und anhaltenden Gefühl von körperlicher bzw. mentaler Erschöpfung, Müdigkeit und Antriebslosigkeit führt. Die Patienten berichten über eine unüberwindbare Müdigkeit mit Antriebslosigkeit und reduzierte Leistungsfähigkeit, Schlafstörungen, Kopfschmerzen und Muskel- bzw. Gelenkschmerzen. Kognitive Einschränkungen wie Konzentrations-, Merkfähigkeits-und Wortfindungsstörungen, aber auch Schwierigkeiten beim Denken und beim Durchführen von Handlungen sind ebenso häufig“, erklärt OA Priv.-Doz. Dr. Markus Hutterer, Stellvertretender Ärztlicher Direktor des Konventhospitals der Barmherzigen Brüder Linz, und Facharzt für Neurologie. Ein Therapiekonzept mit regelmäßiger körperlicher Aktivität, leistungsangepasster Tagesstruktur und entlastenden Gesprächen kann helfen, die Symptome zu lindern.

Bekannte und neue Risikofaktoren

Faktoren wie Bluthochdruck, Diabetes, kardiovaskuläre Erkrankungen oder Adipositas erhöhen das Risiko für einen schweren Verlauf von COVID-19. Damit sind sie auch für Long-COVID von Bedeutung. 60 bis 70 % der Patienten, die aufgrund von COVID-19 im Krankenhaus behandelt werden mussten, klagten noch 6 Monate nach ihrer Entlassung über gesundheitliche Probleme und Einschränkungen im Alltag. Zudem hängen die Anzahl der Vorerkrankungen sowie die Anzahl der Symptome zu Beginn der COVID-19-Erkrankung mit dem Risiko für Long-COVID zusammen.
Doch auch bei Menschen mit einem geringeren Risiko für einen schweren Verlauf können langanhaltende Beschwerden wie Husten, Atemnot und Müdigkeit bestehen bleiben. 5 bis 12 Tage nach dem PCR-Test waren junge und gesunde Patienten zwischen 18 und 34 Jahren zu 26 % noch nicht vollständig genesen. Im Vergleich dazu erholen sich 90 % der ambulanten Influenzapatienten innerhalb von 14 Tagen wieder vollständig. Und während COVID-19 meist bei Männern schwerer verläuft, betrifft Long-COVID überdurchschnittlich oft Frauen zwischen 40 und 60 Jahren.

Impfung könnte Long-COVID-Symptome reduzieren

Interessanterweise gibt es erste Fallberichte, laut denen die COVID-19-Impfung auch die Symptome bei Long-COVID-Patienten verbessert. Obwohl weitere Studien und Peer-Reviews die Ergebnisse noch bestätigen müssen, gibt es bereits mögliche mechanistische Erklärungen. Der beobachtete Effekt könnte darauf beruhen, dass nach einer COVID-19-Erkrankung die Zahl der dysfunktionalen B-Zellen ansteigt. Dies könnte mit der SARS-CoV-2-induzierten Immunfehlregulation zusammenhängen. Im Zuge der Impfung werden die dysfunktionalen B-Zellen wieder reduziert, was den Rückgang der Long-COVID-Symptome erklären könnte.

 

 

Long-COVID schränkt Arbeitsfähigkeit ein
Eine internationale Umfrage unter 3.762 Long-COVID-Patienten ergab, dass mindestens ein halbes Jahr nach dem Beginn der Krankheit noch sehr häufig Müdigkeit (bei 78 % der Fälle), PEM (Post Exertional Malaise, 72 %) und kognitive Dysfunktion (55 %) vorlagen. 45 % der Befragten gaben an, aufgrund ihrer Erkrankung nun weniger arbeiten zu können. 22 % waren zum Zeitpunkt der Befragung nicht arbeitsfähig.

Quelle: Long-COVID-Symptome – Überschneidung mit dem chronischen Müdigkeitssyndrom? Studien sollen Aufschluss geben. Medscape, 27. Apr. 2021; Originalpublikation: Davis HE, Assaf GS, Mc Corkell L, Characterizing Long COVID in an International Cohort: 7 Months of Symptoms and Their Impact.

 


Quelle: Online-Pressekonferenz „Long-COVID“ des Konventhospitals der Barmherzigen Brüder Linz am 28. 4. 2021