Medikamentöse und nichtmedikamentöse Migräneprophylaxe

Eine Prophylaxe ist dann wirksam, wenn eine Reduktion der Migränetage im Monat um mindestens 50 % erreicht wird. Es hat sich als relevanter erwiesen, die Migränetage zu zählen statt der Attacken, da Attacken länger als 24 Stunden dauern können und durch die Prophylaxe oftmals zwar die Attackenzahl nicht um 50 % zurückgeht, aber die Dauer und Intensität der Attacken gemindert werden. Als Teilerfolg gilt, wenn die Migränetage keinen Rückgang um mehr als 50 % aufweisen, aber die Attacken leichter sind und besser auf die Akutmedikation ansprechen.

Medikamentöse Prophylaxe

Nach wie vor stehen als Standardtherapien nichtmigränespezifische Substanzen zur Verfügung (Tab.). Aufgrund der Nebenwirkungen, die meist vor der Wirkung auftreten, gilt: mit niedriger Dosis beginnen, langsam steigern. Die Wirkung kann erst 4–6 Wochen nach Beginn mit der vollen Zieldosis beurteilt werden. Die Therapiedauer liegt bei 6–12 Monaten, wobei die Therapiedauer eher durch die Verträglichkeit limitiert wird und außer bei Flunarizin auch länger sein kann. Bei den seit Kurzem verfügbaren migränespezifischen monoklonalen Antikörpern gegen Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP) wird sofort mit der vollen Dosis begonnen, die Therapiedauer steht noch unter Diskussion. Bei Therapieversagen soll umgestellt werden. Mittel der ersten Wahl sind Betablocker, Flunarizin, Topiramat, Amitriptylin sowie bei chronischer Migräne Onabotulinumtoxin A. Ein besonderes Augenmerk ist auf die Kontraindikationen und Nebenwirkungen zu legen, aber auch auf das Nützen von Synergien, falls Komorbiditäten vorhanden sind. Für Valproinsäure besteht zwar eine ebenfalls gute Evidenzlage, aber aufgrund des teratogenen Potenzials ist sie nur noch ein Ausweichpräparat.

mCGRP-Antikörper und CGRP-Antagonisten

Monoklonale Antikörper gegen Calcitonin Gene-Related Peptide (mCGRP-AK) bzw. gegen den CGRP-Rezeptor stehen seit 2018 zur Therapie der Migräne zur Verfügung. Es konnten alle vier Substanzen (Erenumab, Galcanezumab, Fremanezumab, Eptinezumab) eine signifikante Reduktion der Migränetage und der Krankheitslast bei episodischer und chronischer Migräne nachweisen. Ebenso zeigte sich in den Zulassungsstudien unter dem CGRP-Antagonisten Rimegepant eine signifikante Reduktion der monatlichen Migränetage. Sie sind bei Vorliegen von mindestens vier Migränetagen pro Monat zugelassen. Die Migräneprophylaxe ist nach drei Monaten und im weiteren Verlauf regelmäßig zu kontrollieren und nur bei ausreichendem Ansprechen (Reduktion der Migränetage um zumindest 50 % im Vergleich zu den drei Monaten vor Beginn der Prophylaxe) fortzuführen. Ob bei der Anwendung der mCGRP-AK eine Therapiepause nach einem Jahr gemacht werden sollte, steht unter Debatte, zwingend notwendig ist eine Pause nicht. Für eine über die Therapiedauer hinausgehende anhaltende Wirkung gibt es derzeit keine Hinweise. Allerdings sollte geprüft werden, ob aus dem natürlichen Krankheitsverlauf heraus tatsächlich noch eine Notwendigkeit für die Prophylaxe mit einem mCGRP-AK besteht. Im Falle eines Wiederanstieges der Migränefrequenz nach Absetzen des mCGRP-AK kann die Therapie wieder begonnen werden. Bisherige Erfahrungen zeigten, dass erneut eine Wirkung zu erwarten ist. Für die Kombination verschiedener medikamentöser Prophylaxen gibt es keine wissenschaftliche Evidenz, im Alltag ist sie jedoch manchmal notwendig. Bei häufiger Migräne mit Aura oder häufigen Auren ohne Kopfschmerzen kann Lamotrigin versucht werden, alternativ auch Flunarizin oder Topiramat.

Nichtmedikamentöse Prophylaxe

Im Sinne des biopsychosozialen Schmerzmodells sollte die medikamentöse Therapie durch nichtmedikamentöse Verfahren der Verhaltenstherapie ergänzt werden (Entspannungstraining, kognitive Verhaltenstherapie, Biofeedback, Stressmanagement, Schmerzbewältigung). Die Wirksamkeit von psychologischer Therapie und der Kombination aus Verhaltenstherapie und Medikamenten ist belegt, obwohl die Studienlage sehr heterogen ist. Bei chronischer Migräne, mit oder ohne Medikamentenübergebrauch, und Einschränkung der Lebensqualität kann auch eine multimodale stationäre Rehabilitation oder eine ambulante Behandlung empfohlen werden. Um die Akzeptanz zu erhöhen, sollten diese Maßnahmen frühzeitig im Migränemanagement besprochen werden.

Akupunktur kann bei Patient:innen, die eine medikamentöse Prophylaxe ablehnen oder nicht vertragen, eingesetzt werden. Die Überlegenheit der klassischen Akupunktur gegenüber der Scheinakupunktur ist minimal. Für Ausdauersport gibt es aus einigen kleineren Studien Hinweise auf eine Wirksamkeit in der Migräneprophylaxe, sodass regelmäßiger Ausdauersport zur Migräneprophylaxe empfohlen werden kann. Er ist auch Bestandteil der multimodalen Schmerzprogramme.

Praxismemo

  1. Die Prophylaxe ist wirksam, wenn die Migränetage pro Monat um mindestens 50 % reduziert werden.
  2. Bei den nichtmigränespezifischen Substanzen wird mit niedriger Dosis begonnen und langsam gesteigert.
  3. Die Prophylaxe mit mCGRP-AK ist nach drei Monaten und im weiteren Verlauf regelmäßig zu kontrollieren.