Mortalität und Morbidität

Zwei wichtige Fragen, mit denen sich die Gendermedizin seit ihrem Beginn beschäftigt, ist der Gender-Gap in Bezug auf die Lebenserwartung einerseits und auf den Anteil der gesunden Lebensjahre andererseits. Frauen in Österreich haben heute eine statistische Lebenserwartung von 84 Jahren und leben somit im Durchschnitt um fast 5 Jahre länger als Männer. Doch das durchschnittliche Alter, bei dem die ersten chronischen Krankheiten auftreten, ist bei Männern und Frauen mit rund 57 Jahren nahezu ident. Das impliziert, dass beide Geschlechter in Österreich bei den gesunden Lebensjahren gleichauf liegen.

Bis zu zwei Jahre der längeren Lebenserwartung von Frauen dürften auf geschlechtsspezifische biologische Unterschiede zurückzuführen sein, insbesondere auf das stärkere Immunsystem, weniger Infektionskrankheiten und später auftretende chronische Erkrankungen einschließlich Diabetes und Herzkreislauferkrankungen sowie Krebserkrankungen bei Frauen. Der Rest scheint psychosozial bedingt: durch Lebensstilfaktoren und Gesundheitsverhalten, die Frauen zwar länger leben, aber vielleicht auch mehr leiden lassen. Zu diesen Leiden zählen chronische Schmerzen aller Art, psychische Krankheiten (insbesondere Depressionen) und Behinderungen. In bayerischen Klosterstudien konnte gezeigt werden, dass Mönche nur circa 1–2 Jahre kürzer leben als Nonnen – wahrscheinlich aufgrund ähnlicher Lebens- und Umweltbedingungen. Interessanterweise haben Mönche aber ähnlich hohe Sterberaten durch externe Ursachen wie Männer außerhalb der Klostermauern. Inwieweit Testosteron hier eine Rolle spielt, wird nach wie vor kontroversiell diskutiert. Mehr Wissen kann in Zukunft jedenfalls zu besserer Lebensqualität von Mann und Frau beitragen.