Neue Therapieoptionen bei Rheuma

Ärzte Krone: Gibt es neue Hoffnung in der Therapie rheumatischer Erkrankungen?

Kurt Redlich: Das Wort „Hoffnung“ ist mir hier fast ein wenig zu pessimistisch, wenn wir bedenken, was wir in den vergangenen Jahrzehnten alles erreicht haben! Nehmen wir etwa die Therapie der Psoriasis-Arthritis: Hier gab es mit der Einführung der TNF-Blocker schon 2002 einen ersten Durchbruch, der dazu geführt hat, dass bis 2013 weitere Präparate aus dieser Gruppe zugelassen wurden. Diese Biologika konnten vielen Psoriasis-Arthritis-Patienten helfen, die auf die damals etablierten Therapien nicht angesprochen haben. Aber auch auf eine Therapie mit TNF-Blockern sprechen immer noch mehr als 30 % der Patienten nicht an. Daher hat man nach Biologika gesucht, die abseits einer TNF-Hemmung wirken. So ist zum Beispiel Ustekinumab, das die Interleukin-12/23-Achse hemmt, auch bei der Behandlung der Psoriasis-Arthritis wirksam. Ein noch neuerer Ansatz ist die Interleukin-17-Blockade. Von einer Behandlung durch diese Gruppe von Bio-logika – derzeit sind für die Behand-lung der Psoriasis-Arthritis Secukinumabund Ixekizumab zugelassen – profitieren auch Patienten, die auf die oben erwähnten Biologika nicht hinreichend ansprechen. Alle genannten Biologika sind relativ große und komplexe Moleküle und müssen subkutan oder intravenös angewendet werden. Das war einer der Gründe warum man nach neuen Therapieformen gesucht hat, die auch peroral angewendet werden können.

Wie wirken diese Small Molecules?

Wenn man nur von „small molecules“ spricht, denkt man als Rheumatologe zunächst an das Methotrexat, von dem man allerdings den genauen Wirkmechanismus bis heute nicht kennt. Daher spricht man international von den sogenannten targeted synthetic DMARDs – kurz: tsDMARDs –, also synthetischen Mole­külen, die zielgerichtet wirken, wo man den Wirkmechanismus also kennt. Derzeit ist für die Behandlung der Psoriasis-Arthritis ein Molekül, das die Phosphodieesterase 4 hemmt, zugelassen. In der Wirkung ist es allerdings schwächer als die genannten Biologika. Neuere tsDMARDs sind die sogenannten Januskinase-Inhibitoren. Diese JAKs sind intrazellulär wirk­same Enzyme, die für die Vermit­t­-lung von proinflammatorischen Signalen zwischen Zelloberfläche und Zellkern wichtig sind. Derzeit sind zwei JAK-Inhibitoren, nämlich das Tofacitinib und das Baricitinib, für die Behandlung der Rheumatoiden Arthritis zugelassen, wobei es auch erfolgreiche Studien zur Therapie der Psoriasis-Arthritis gibt.

Wir haben jetzt über die Psoriasis-Arthritis gesprochen, was gibt es Neues bei der rheumatoiden Arthritis?

Wie erwähnt, sind die neuen JAK-Inhibitoren für die Behandlung der rheumatoiden Arthritis zugelassen. Bei diesen Patienten zeigen sie im Übrigen auch eine Wirkung, wenn herkömmliche Biologika, wie TNF-Blocker versagt haben. Interessant und wichtig ist aber auch zu wissen, dass nicht alle Substanzen bei den unterschiedlichen entzündlich rheumatischen Erkrankungen gleich wirken. Die Blockade des IL-17, die wie schon erwähnt bei Patienten mit Psoriasis oder Psoriasis-Arthritis sehr wirksam ist, zeigt bei Patienten mit Rheumatoider Arthritis kaum Wirkung. Umgekehrt gibt es zum Beispiel mit der Hemmung des IL-6 ein Therapieprinzip, dass bei Patienten mit rheumatoider Arthritis gut wirksam ist, bei Psoriasis-Arthritis aber kaum Wirksamkeit zeigt. Wir lernen also auch durch die neuen Therapien mehr über die Unterschiede der Erkrankungen.

Wie oft werden die Medikamente eingenommen, und welche Nebenwirkungen gibt es?

Tofacitinib nimmt man zweimal täglich als Tablette ein, das Baricitinib einmal täglich. Unter dieser Therapie kommt es zu vermehrten Infektionsraten der oberen Atemwege, Blutbildveränderungen können auftreten, Leber- und Nierenwerte sind zu kontrollieren. Auffällig ist auch die erhöhte Anfälligkeit für Virusreaktivierungen wie Herpes Zoster.

Was würde uns ein Blick in die Zukunft der Therapie zeigen?

Die Wirkung neuer tsDMARDs werden derzeit untersucht, so laufen zahlreiche Studien gegen unterschiedliche JAKs, aber auch beispielsweise gegen die sogenannte Bruton’sche Tyrosin Kinase (BTK). Dieses Enzym spielt bei Signalwegen der B-Zelle eine wesentliche Rolle. Weiters laufen Studien mit Biologika, die gleichzeitig gegen TNF und IL-17 gerichtet sind. Wichtig wird in der Zukunft auch sein, besser voraussagen zu können, welcher Patient auf welche Therapie anspricht, um Fehlbehandlungen zu vermeiden und letztendlich auch Kosten zu minimieren.

Welche Lebensstilmaßnahmen sind sinnvoll?

Generell sind eine gesunde Ernährung und Bewegung zu empfehlen, da bei den rheumatischen Erkrankungen das kardiovaskuläre Risiko deutlich erhöht ist. Weiters empfiehlt es sich, nicht zu rauchen und Blutdruck und Blutfette gut einzustellen.