Oft übersehene Ursache für Schluckbeschwerden

Die eosinophile Ösophagitis (EoE) ist eine chronisch entzündliche, immunmediierte Erkrankung der Speiseröhre, deren Bedeutung erst in den letzten Jahren erkannt wurde. Die EoE zeigt eine Prädominanz für männliche Patienten und kann in jedem Alter auftreten, wobei das durchschnittliche Erkrankungsalter zwischen 30 und 50 liegt. Die Prävalenz der EoE liegt bei 1/2.500 Einwohner:innen, ist aber in Industriestaaten im Steigen begriffen, was vermutlich sowohl auf eine vermehrte Diagnostik als auch auf Umweltfaktoren zurückzuführen ist.

Häufig besteht eine Assoziation mit anderen Erkrankungen aus dem allergischen Formenkreis wie Asthma, allergische Rhinokonjunktivitis, Nahrungsmittelallergien und atopische Dermatitis.

Pathomechanismus: Der Kontakt von bestimmten Nahrungsantigenen mit dem Ösophagusepithel scheint über eine komplexe Reaktion des Immunsystems zur Entzündung, Einwanderung von Granulozyten und Gewebsfibrosierung zu führen, die eine zunehmende Stenosierung mit Schluckbeschwerden zur Folge hat. Für jedes Jahr ohne Therapie, in dem Symptome bestehen, steigt das Risiko einer Striktur um 9 %.

Oft späte Diagnose

Die Diagnose erfolgt durchschnittlich 7 Jahre nach erstmaligem Auftreten von Beschwerden. Zur Diagnosestellung wird eine Ösophagusbiopsie benötigt, und es müssen typische Symptome bestehen. Allen voran sind hier Dysphagie, retrosternale Schmerzen, Regurgitationen und Bolusobstruktionen zu nennen. Diese treten insbesondere bei der Aufnahme fester Nahrung auf und können in schweren Fällen zu Notfallsituationen führen, in denen eine endoskopische Extraktion des Nahrungsbolus notwendig wird. Rund die Hälfte der Patient:innen, die mit einem Bolusereignis vorstellig werden, leidet an einer EoE. Kinder präsentieren sich oft mit unspezifischen Bauchschmerzen, Erbrechen oder Gedeihstörungen.

Bei Verdacht auf EoE ist eine Gastroskopie unerlässlich, um eine Biopsie zu gewinnen und Differenzialdiagnosen wie Reflux, Malignom, Soor oder Achalasie auszuschließen. Typische Veränderungen wie konzentrische Ringe („Trachealisierung“), Längsfurchen, weiße Exsudate, Strikturen und eine fragil erscheinende Schleimhaut können den Verdacht erhärten und können mittels EREFS-Score (EREFS = Exsudate, Ringe, Ödeme, Furchen, Strikturen) klassifiziert werden (Abb.).

© Füssel Lisa-Michaela

Bei etwa 10 % der Patient:innen imponiert die Schleimhaut allerdings unauffällig, und die Diagnose kann nur mittels mindestens 6 Gewebeproben aus 2 Höhen gestellt werden. Ein zentrales Kriterium ist das Vorhandensein von mindestens 15 eosinophilen Granulozyten pro hochauflösendem Mikroskopiefeld (HPF), wobei manche Autor:innen die Grenze niedriger ansetzten.

Therapeutische Ziele und Optionen

Die Therapie der EoE verfolgt das Ziel, die Progression zu verhindern, Symptome zu lindern und Komplikationen wie Strikturen oder Stenosen zu vermeiden. Als Remission wird eine Granulozytenzahl unter 15/HPF in der bioptischen Kontrolle definiert.

  • Die Six-Food-Elimination-Diät (Verzicht auf Milch, Weizen, Soja, Eier, Nüsse und Fisch/Meeresfrüchte) führt in 70% der Fälle zu einer histologischen Remission. Erfahrungsgemäß ist die diesbezügliche Adhärenz allerdings sehr schlecht. In Einzelfällen kann eine One-Food-Eliminationsdiät mit Milch ausreichend sein.
  • Topische Kortikosteroide werden als Erstlinientherapie empfohlen. Budesonid-Schmelztabletten (1mg 2-mal tägl.) wirken lokal am Ösophagusepithel und erzielen bei 80% ein Ansprechen.
  • Hochdosierte Protonenpumpeninhibitoren (PPI) können bei etwa 30–50% der Patient:innen eine Remission bewirken (z.B. Esomeprazol 40 mg 2-mal tägl.)
  • Dupilumab (s.c. 1-mal/Woche), ein IL-4/IL-13-Inhibitor, der für therapierefraktäre Fälle zugelassen wurde und ebenfalls gute Ergebnisse zeigt, ist eine gute Option bei Vorliegen weiterer atopischer Erkrankungen.
  • Eine endoskopische Bougierung/Dilatation kann bei fortgeschrittener EoE mit Strikturen erforderlich sein, sollte jedoch nur bei unzureichendem Ansprechen auf die entzündungshemmende Therapie erfolgen (Zieldurchmesser ≥ 16 mm).

Eine Kontrolle des Therapieansprechens sollte 3 Monate nach Therapiebeginn mittels Gastroskopie und Biopsie erfolgen. Die eosinophile Ösophagitis stellt eine wichtige Differenzialdiagnose bei Patient:innen mit Dysphagie dar. Durch rasche gezielte Diagnostik und individuell abgestimmte Therapie kann die Lebensqualität der Betroffenen deutlich verbessert werden.

Handlungsanweisungen für den Praxisalltag

  1. Bei Schluckbeschwerden oder Bolus-Ereignissen sollte eine EoE in Betracht gezogen werden. Es ist zu bedenken, dass Patient:innen oft ihr Essverhalten adaptieren (vermehrtes Kauen, weichere Konsistenzen, vermehrte Flüssigkeitszufuhr beim Essen) und somit die Diagnose verzögert wird.
  2. Eine rasche endoskopische Abklärung mit Biopsien aus 2 Ösophagushöhen ist zur Diagnosesicherung essenziell. PPI sollten zumindest 2 Wochen vorher pausiert werden.
  3. Die Therapieauswahl muss individuell unter Berücksichtigung von Begleiterkrankungen und Compliance getroffen werden.
  4. Patient:innen mit EoE benötigen regelmäßige Verlaufsuntersuchungen zur Therapiekontrolle und -anpassung.
  5. Eine ausführliche Aufklärung über die Erkrankung, Therapie und Ernährungsanpassungen fördert die Adhärenz.