Orthopädie in der Hausarztpraxis

KOMMENTAR

Die Betreuung von Menschen mit Beschwerden des Stütz- und Bewegungsapparates hat in der Hausarztpraxis schon allein aufgrund der Häufigkeit einen hohen Stellenwert. Orthopädische Probleme zu betreuen bedeutet jedoch mehr, als nur NSAR zu rezeptieren – es erfordert viel Wissen und Erfahrung. Die postpromotionelle Ausbildung von Ärzt:innen erfolgt bekannterweise großteils in Krankenhäusern.

Hier werden Menschen vornehmlich mit schweren pathomorphologischen Veränderungen zur operativen Rekonstruktion vorstellig. In der niedergelassenen Praxis werden Ärzt:innen dann mit Krankheitsbildern konfrontiert, auf die sie nicht vorbereitet sind. Durch die Implementierung der sechsmonatigen Lehrpraxis in der Ausbildung zur Allgemeinmediziner:in seit 2015 hat sich die Situation etwas gebessert.

In der Praxis wird die so genannte „Apparatediagnostik“ sehr stark eingesetzt. Eine Überweisung zu schreiben ist bequem, juristische Überlegungen sind natürlich auch von Bedeutung. So wie bei fast allen Krankheitsbildern gibt es auch in der Orthopädie Red Flags, diese darf man natürlich nie aus den Augen verlieren. Leider klaffen jedoch häufig radiologischer Befund und klinische Relevanz weit auseinander. Anamnese und klinische manuelle Diagnostik sind zumeist nicht nur richtungsweisend, sondern zur Erstellung einer Diagnose ausreichend. Die manuelle Diagnostik ist eine Grundfertigkeit und umfasst Strukturpalpation, Schmerzpalpation, Funktionsuntersuchungen und Provokationstests. Bei akuten Beschwerden des Stütz- und Bewegungsapparates muss Reizabbau erfolgen. Bei chronischen Beschwerden müssen hingegen Reize gesetzt werden – jeweils idealerweise mit verschiedenen Methoden aus manuellen und physikalischen Therapien, beinahe immer indiziert ist die medizinische Trainingstherapie.

Ohne Begeisterung für den Bewegungsapparat und ohne Ausbildungen in diese Richtung kann das Thema frustrierend sein. Welche Probleme tun sich in einer Hausarztpraxis trotz Begeisterung fürs Orthopädische auf? Wie immer das Riesenthema Zeit sowie das Schaffen von therapeutischen Möglichkeiten. Mit Stoßwellentherapien und vielen anderen Tools im Sinne eines multimodalen Zugangs kann man auch als Allgemeinmediziner:in komplexe Probleme des Bewegungsapparates zur Zufriedenheit der Patient:innen behandeln.