Pankreatitis kompakt

Chronische Pankreatitis

Alkohol und Nikotin stellen die wichtigsten äußeren Einflussgrö­ßen dar. Interventionen zur Reduktion von Alkohol- und Nikotinabusus zeigen eine Reduktion von akuten Exazerbationen und dem generellen Fortschreiten der Chronifizierung. Mittlerweile wird von einer multifaktoriellen Genese, einer genetischen Prädispositi­on in Kombination mit triggernden Umweltfaktoren, ausgegangen. Bei Ersterem betreffen Mutationen die Aktivierung der Verdau­ungsenzymkaskade (PRSS1, SPINK1) sowie die Konsistenz des Pankreassekrets (CFTR).
Entsprechend ist die Früherkennung wichtig, um Risikofaktoren zu reduzieren sowie um Langzeitfolgen wie Malnutrition, Diabe­tes (Typ 3c; Versuch mit Metformin möglich, CAVE bei Insulin und fehlender Gegenregulation durch Glukagon – Hypoglykä­miegefahr!) und Osteoporose hintanzuhalten. Hier nehmen bild­gebende Verfahren den wichtigsten Stellenwert ein. Bei Verdacht und unsicheren bildmorphologischen Zeichen kann in Kombina­tion mit dem typischen Symptomkomplex Oberbauchschmerz, Lipaseerhöhung, exokrine Insuffizienz (oder auch bekannte Hochrisiko-Mutationen) die Diagnose dennoch gestellt werden. Eventuell ist auch eine Zuweisung zur Endosonografie sinnvoll.
Zusätzlich birgt die chronische bzw. akute Schmerzsymptomatik eine starke Einschränkung der Lebensqualität und sollte entspre­chend dem WHO-Stufenschema therapiert werden. Hier stehen zusätzlich Antidepressiva wie Sertralin oder Antikonvulsiva wie Pregabalin oder Gabapentin zur Verfügung. Vor der Eskalation auf Opioide sollte eine Vorstellung an einer Spezialabteilung erfol­gen, um potenzielle endoskopisch bzw. chirurgisch behandelbare Ursachen abzuklären. Mittels neuer Generationen von „biodegra­dable stents“ lässt sich die Anzahl der Interventionen bei einem Stenting-Programm potenziell verringern (Abb. 1).

Kontrollen sollten einmal jährlich zur klinischen Verlaufsbeurtei­lung und Erhebung des Ernährungsstatus durchgeführt werden, begleitend sollten auch Knochendichtemessungen und das Scree­ning auf eine exokrine Insuffizienz mittels Stuhl-Elastase-Bestim­mung erfolgen. Da diese Patientengruppe für das Pankreaskarzi­nom besonders vulnerabel ist, gilt es auf Warnzeichen wie unerklärbaren Gewichtsverlust trotz optimierter Enzym- und Nährstoffsubstitution sowie plötzliches Auftreten bzw. Verschlech­terung eines Diabetes zu achten. Bei hereditären Pankreatitiden (PRSS1) kann ab dem 40. Lebensjahr ein Screening-Programm an­geboten werden.

Akute Pankreatitis

Die akute Pankreatitis ist eine potenziell lebensbedrohliche Er­krankung. Milde Verläufe sind vorherrschend, allerdings besteht bei 20 % eine schwere Pankreatitis mit Nekrosen, infizierten Zys­ten und/oder Thrombosen und systemischen Komplikationen (SIRS) mit einer Mortalität bis 40 %. Die Diagnose wird durch 2 der 3 Atlanta-Kriterien gestellt (Tab.). Bei wegweisendem Labor und Symptomatik ist keine unmittelbare Bildgebung not­wendig und auch in weiterer Folge, 72–96 Stunden später, nur bei Verdacht auf schwere Verläufe (Zeichen von Organversagen) zur Prognoseevaluierung („CT severity index“) oder bei Verdacht auf Komplikationen im selben Aufenthalt notwendig. Patienten mit leichten bis moderaten Verläufen können unter supportiven Maß­nahmen meist nach 1–2 Wochen wieder entlassen werden, auf­grund der teils unberechenbaren Verläufe einer akuten Pankreati­tis sollte zumindest eine 48-stündige Observanz erfolgen. Bisher etablierte Prognose-Scores zeigen nur eine geringe Wertigkeit im klinischen Setting. Flüssigkeitssubstitution und Schmerzmanage­ment stellen die wichtigsten Maßnahmen dar und richten sich nach Allgemeinzustand und Komorbiditäten des Patienten. Nah­rungskarenz ist nicht notwendig und richtet sich nach dem Appe­tit des Patienten, nach 72 Stunden insuffizienter Kalorienaufnah­me sollte allerdings eine enterale Ernährung mittels nasoenteraler Sonde erwogen werden.
Häufigste Ursachen sind Choledocholithiasis und Alkoholabusus (± Nikotinabusus). In der Region Ost zeigt sich der Alkoholabusus als führender Risikofaktor, dicht gefolgt von der biliären Pankrea­titis (Abb. 2). Bei Frauen herrscht die biliäre Genese, bei Männern der Alkoholabusus vor. Im Falle einer biliären Genese gilt es, das Konkrement mittels endoskopisch retrograder Cholangiografie zu bergen und die Entfernung der Gallenblase zu forcieren. Im Falle einer schweren Pankreatitis steht vorerst das Abklingen der Ent­zündung und das Behandeln der Komplikationen im Vordergrund. Diese sind mannigfaltig und können von Flüssigkeitsansammlun­gen bzw. nekrotischen Veränderungen zu Thrombosen, duodena­ler Obstruktion, bakterieller Infektionen bis hin zum intensiv­pflichtigen Multiorganversagen führen. Die Ursachensuche ist von grundlegender Bedeutung, um rezidivierende Ereignisse zu ver­hindern und damit das Risiko der Chronifizierung zu senken.
Je nach Ausmaß der Organzerstörung gelten weiterführend die Behandlungsprinzipien der chronischen Pankreatitis mit Substi­tution der endokrinen und exokrinen Funktion, Screening für Mangelernährung sowie dem Schmerzmanagement. Bei klini­schen Kontrollen im niedergelassenen Bereich gilt es, an besagte Komplikationen zu denken und den Patienten bei Bedarf kurz­fristig mit einer entsprechenden Bildgebung an eine Spezialabtei­lung zuzuweisen.

Autoimmunpankreatitis („steroid-responsive pancreatitis“)

Es werden zwei Typen der Autoimmunpankreatitis (AIP) unter­schieden. Handelt es sich bei der einen – AIP Typ I, nach dem histologischen Bild auch lymphoplasmozytäre sklerosierende Pankreatitis genannt – um eine IgG4-assoziierte Systemerkran­kung mit chronischem Verlauf in der älteren männlichen Bevöl­kerung, steht dieser mit der idiopathischen, gangzentrierten chro­nischen Pankreatitis – AIP Typ II – eine pankreasspezifische Erkrankung des jungen Erwachsenenalters gegenüber, die sich in 50 % der Fälle als akute Pankreatitis präsentiert und die oft mit chronischen Darmerkrankungen auftritt. Mit einem der Leitsym­ptome der beiden Erkrankungen, dem schmerzlosen Ikterus bei Pseudotumor im Pankreaskopfbereich, stellt die AIP eine wichtige Differenzialdiagnose des Pankreaskarzinoms dar.
Histologie und Bildgebung (CT/MRT) sind die Eckpfeiler der Di­agnose. Die Therapie der AIP Typ I besteht aus einem initialen Kortisonstoß für 4 Wochen mit langsamer Reduktion der Dosis bis auf eine Erhaltungstherapie für 1 Jahr. Im Falle der AIP Typ II ist aufgrund des geringen Rezidivrisikos keine Erhaltungstherapie notwendig. Bei anhaltender Kortisonabhängigkeit sollte das Re­gime um andere Immunmodulatoren ergänzt werden. Hier ge­winnt Rituximab zunehmend an Bedeutung und verdrängt klassi­sche Substanzen in der Second-Line-Therapie.

Tab.: Atlanta-Kriterien: Diagnosekriterien für die akute Pankreatitis (2 von 3 notwendig)

  • typischer Oberbauchschmerz
  • Pankreaslipase > 3-Fachen des „upper limit of normal“
  • typische bildmorphologische Zeichen