Parteien einig: Impfpflicht kommt nicht

Für ÖVP-Gesundheitssprecherin Gabriela Schwarz ist klar: „Wir müssen die niedergelassene Versorgung stärken, und wir möchten in diesem Zusammenhang den Facharzt für Allgemeinmedizin implementieren. Das ist ein dringendes Thema und steht ganz oben auf der Agenda“, sagt sie im Interview. Sie ist hier mit den Gesundheitssprechern der anderen Parteien einig (Tabelle). Man brauche dringend nicht nur den Facharzt für Allgemeinmedizin, sondern auch einen Ausbau der Telemedizin, sagen alle. Grüne-Gesundheitssprecher Ralph Schallmeiner will aber noch weiter gehen. Er will darüber diskutieren, „wie wir die einzelnen Teile unseres Gesundheitswesens besser ineinander verzahnen – also niedergelassener Bereich, Ambulanzen, Krankenhäuser und Apotheken“.

 

 

Mehr Geld fürs System

Elementar für alle ist auch die Frage der finanziellen Ausstattung des Gesundheitswesens. Erste Gespräche zwischen der Regierung und der Österreichischen Gesundheitskasse haben zuletzt ergeben, dass man der ÖGK zumindest mit einem dreistelligen Millionenbetrag aushelfen will, um coronabedingte Ausfälle abzufangen. Für SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher ist das aber noch nicht genug. „Der – durch falsche Reformen der schwarz-blauen Regierung geschwächte – Patient Gesundheitssystem leidet an Geldmangel, weil die Regierung kein Geld nachschießt und auch keine Garantien abgibt“, sagt er. Das schade enorm und zwinge alle Akteure im Gesundheitssystem zum Sparen beim Patienten. Kucher: „Die Regierung muss eine Geldinfusion geben. Spitals- und Kassenärzte halten das Gesundheitssystem aufrecht und brauchen dringend insgesamt eine Stärkung. Ich denke, das wird Geld kosten.“ Man müsse den „Sparwahn der ÖVP“ im öffentlichen Gesundheitssystem beenden, fordert er. Bis auf die FPÖ sind deshalb auch alle Parteien einig, dass die öffentliche Hand die Ausrüstung der Ordinationen mit Schutzausrüstung übernehmen muss. FPÖ-Gesundheitssprecher Gerhard Kaniak wünscht sich hingegen eine Lösung dahingehend, dass die hausärztliche Versorgung generell ausgebaut wird: „Dies muss auch mit einer entsprechenden Aufwertung in der Honorarordnung im Rahmen des Gesamtvertrags mit der Sozialversicherung Berücksichtigung finden“, sagt er.

 

Corona-Ausweg gesucht

Einig sind sich alle Parteien auch, dass Corona das bestimmende Thema im Herbst bleiben wird. „Im Herbst braucht es vorrangig coronabezogene Reformen auf der Versorgungsebene“, sagt NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker. Dazu zählen für ihn etwa sämtliche Digitalisierungsschritte, die helfen, die Patientenkontakte mit dem Gesundheitssystem soweit wie möglich abseits der Ordinationen zu gestalten. Eine visuelle Komponente für 1450 – Fotos oder Videokontakt – würde ebenso helfen wie Videoordination, betont Loacker. Gerhard Kaniak fordert vor allem Lösungen für einen Ausweg aus der Corona-Krise: „Bis heute fehlt eine klare Exitstrategie, wie wir wieder aus der Corona-Krise herauskommen. Trotz massiver Versäumnisse der Vergangenheit und Fehler, die in der Krise passiert sind, werden jedoch häufig die falschen beziehungsweise überhaupt keine Schlüsse gezogen.“

Debatte über Impfkampagne

Einigkeit herrscht bei allen Parteien darüber, dass es auch im Fall einer Coronaimpfung keine generelle Impfpflicht geben soll. „Wir werden notorische Impfgegner nicht überzeugen können, aber insgesamt ist in der Bevölkerung die Bereitschaft zur Impfung – auch durch Corona – sicher höher als noch im Vorjahr“, sagt ÖVP-Sprecherin Schwarz. Sie selbst lasse sich auch gegen Grippe impfen und hofft, „dass genügend Impfstoff bestellt wurde“. Davon abgesehen sollte man aber ein verpflichtendes Impfgespräch in den Eltern-Kind-Pass aufnehmen, „weil wir sehen, dass bei vielen Kindern zwar erstgeimpft, aber dann nicht aufgefrischt wird“. Auch darüber herrscht im Grunde Einigkeit unter den Parteien. Schallmeiner will wie sein Parteikollege Gesundheitsminister Rudolf Anschober über Impfen aufklären, um „diese wichtige Präventionsmaßnahme“ verstärkt in den öffentlichen Fokus zu rücken. Schallmeiner: „Impfen wirkt, und Impfen sollte niederschwelliger angeboten, leichter verfügbar und als Teil einer allgemeinen Präventionsstrategie gratis zumindest für all jene, die finanziell nicht gut dastehen, angeboten werden.“ Ob dies bedeute, dass künftig auch Apotheken impfen dürfen, wie diese das fordern, will Schallmeiner nicht sagen. Die Oppositionsparteien sind hier klarer: sie alle fordern eine Impfmöglichkeit in den Apotheken. Kommen dürfte sie dennoch nicht. Denn die ÖVP ist dagegen.