Sinnhaftigkeit des Mitarbeiter:innengesprächs

Nach einem aufregenden Vorfall in der Ordination, an dem Mitarbeiter:innen beteiligt waren, kann ein strukturiertes Mitarbeiter:innengespräch in vielfacher Hinsicht hilfreich sein. Einerseits hilft es, die emotionale Balance der Betroffenen wiederherzustellen, andererseits ist es eine Möglichkeit, für eventuell später eintreffende juristische Beschwerden besser gerüstet zu sein, drittens kann ein derartiges Gespräch − wenn es auch nur kurz dauert − wichtiges Instrument der Praxisführung sein. Betriebsinhaber:innen festigen die Beziehung zu den Mitarbeiter:innen und haben die Chance, Unzufriedenheit oder Überlastung früh zu erkennen.
Eine kurze strukturierte Dokumentation des Vorfalls, die im Ordinationshandbuch später aufbewahrt werden sollte, kann zur Versachlichung beitragen. Das Niederschreiben hilft dabei, Distanz zu gewinnen und eigene und andere Emotionen von der Metaebene aus zu betrachten.

Ziel definieren

Damit das Gespräch gelingt, gehört ein klares vorher mitgeteiltes Ziel, insbesondere der Ausdruck der Wertschätzung als Voraussetzung für ein gutes Ergebnis, eine Zeitvorgabe und natürlich ein störungsfreier Rahmen. Die Mitarbeiter:innen werden das Ereignis aus ihrer Sicht darstellen. Für Sie als Vorgesetzte:n besteht die Chance, Ideen zur Konfliktvermeidung oder -behebung, zum Praxisablauf oder eventuelle andere Änderungen im Vieraugengespräch zu erörtern und auf Machbarkeit zu prüfen, ehe eventuell erarbeitete Inhalte im beidseitigen Einverständnis der großen Runde mitgeteilt werden. Wenn noch andere Mitarbeiter:innen bei dem Vorfall betroffen waren oder bei der Eskalation mitgewirkt haben, sollten keine Vorwürfe im Zweiergespräch über andere erhoben werden und auf konstruktive Fairness geachtet werden. Falls Konflikte im Team zum Ausdruck kommen, ist es besser, ein weiteres Gespräch in größerem Rahmen zu planen.

Konfliktursachen

Die häufigsten Konfliktursachen sind international sehr ähnlich, meist handelt es sich um Konflikte zwischen Ärzt:innen und Patient:innen, die Mitarbeiter:innen sind aber eben häufig Prellbock dazwischen:

  1. Lange Wartezeiten auf Spezialuntersuchungen – auf hausärztlicher Seite Unmut, dass eine Beschleunigung nicht möglich ist, aus Patient:innensicht das Gefühl, dass ihrem Bedürfnis zu wenig Nachdruck verliehen wurde.1
  2. Differenz in der Sichtweise, ob eine spezielle Untersuchung erforderlich ist.1
  3. Das Gefühl auf Patient:innen enseite, dass eine Diagnose verzögert oder verfehlt erfolgte.2
  4. Das Gefühl der Geringschätzung auf ärztlicher Seite wegen Nichteinhaltung von Terminen, unnötiger Inanspruchnahme oder Ähnlichem.3
  5. Insbesondere bei psychischen Beratungsursachen ist die fehlende Übereinstimmung über die Natur der Beschwerden häufiger Konfliktgrund.4
  6. Häufig auch Meinungsverschiedenheiten über die Sinnhaftigkeit von Medikamentenverschreibungen.5