Stopp der Gewalt – doch wie?

Seit dem schockierenden Messer-Attentat wird verstärkt über zunehmendes Aggressionspotenzial und Gewalt gegenüber Ärzten und Gesundheitspersonal berichtet –und nach Maßnahmen gerufen.

Woran lässt sich die zunehmende Aggression festmachen? Verglichen mit anderen Ländern ist die Datenlage in Österreich zum Thema Aggression besonders für den niedergelassen Bereich sehr dünn. Viele Ärzte – in einer aktuellen Umfrage 80 Prozent – berichten, in den letzten beiden Jahren verbale Bedrohungen erlebt zu haben. Neben den Ärzten stehen oft auch Ordinationsassistentinnen „in der ersten Reihe“ und sind Adressat von Aggression. Insgesamt wird sogar eine weitere Verschärfung befürchtet: „Die Medizin wird weiblicher, und gerade Frauen sind besonders gefährdet, Opfer von aggressivem Verhalten zu werden“, sagt Dr. Brigitte Steininger, ­Vizepräsidentin der burgenländischen Ärztekammer.

Das Thema „zunehmende Aggression“ wirft viele Fragen auf: Steigt das Aggressionspotenzial, oder steigt auch die Sensibilität, Gewalt wahrzunehmen, wie es etwa im KAV Wien vermutet wird? In den letzten Wochen wurden für Krankenhäuser verschiedene Maßnahmen diskutiert, von Eingangsschleusen, Metalldetektoren bis zu Schaltern hinter Panzerglas. Doch welche der geforderten Maßnahmen sind adäquat und geeignet, eine Eskalation der Gewalt zu verhindern? Die geforderte Strafverschärfung bedeutet die strafrechtliche „Gleichbehandlung der Angriffe auf Gesundheitspersonal mit jenen auf Beamte“. Diese Gleichstellung ist plausibel, doch der Ruf nach dem Strafrecht greift zu kurz. Denn ob sich ein Aggressor dadurch abschrecken lässt, dass dann eine leichte Körperverletzung wie eine starke geahndet wird, ist wohl fraglich. Und der ganze Bereich verbaler Aggression ist davon unberührt.

Doch wie kann einer Gewalteskalation vorgebeugt werden? Und warum werden ­Patienten aggressiv? In einer großen KAV-Studie konnten bereits 2007 als Hot-Spots neben den Bereichen Psychiatrie und Geriatrie die Akutbereiche und Notaufnahmen identifiziert werden. Als häufigster Auslöser werden Wartezeiten genannt. Das Problem ist somit auch ein institutionelles.

Und damit schließt sich ein weiteres Mal der Kreis zu Einsparungen und zum gravierenden Personalmangel. Neben Deeskalationstrainings, Workshops zur Gewaltprävention und organisatorischen Maßnahmen auf besonders exponierten Abteilungen wird man in den Ausbau der Akutbereiche und in zusätzliche Planstellen investieren müssen. Die Ärztekammer fordert allein für den Wiener KAV 300 bis 350 zusätzliche Ärzte.