Volkskrankheit Ein- und Durchschlafstörungen

Schlaf ist ein Grundbedürfnis des Menschen. Wir verbringen fast ein Drittel unseres Lebens im Schlaf, deshalb ist es nicht verwunderlich, dass eine Störung des Schlafes oft eine große Belastung für die Betroffenen darstellt und die Behandler herausfordert.
Mit Schlafstörungen ist fast jeder, wenn auch meist nur kurz, konfrontiert. Was aber, wenn die Schlafstörungen zu einem wirklichen Problem werden, der Schlaf nicht mehr als ausreichend empfunden wird und auch Einschränkungen am Tag auftreten? Von einer solchen Insomnie, die sich in Ein- und/oder Durchschlafstörungen bemerkbar machen kann, sind ca. 30–45 % der erwachsenen Bevölkerung betroffen. Ein Mangel an Schlaf oder eine schlechte Schlafqualität macht anfälliger für depressive Verstimmungen, Depressionen. Darüber hinaus haben Menschen, die an einer Insomnie leiden, schätzungsweise ein siebenfach erhöhtes Risiko, in einen Unfall verwickelt zu sein, als gute Schläfer.

Akute vs. chronische Insomnie

Wenn Schlafstörungen den Alltag beeinträchtigen, sollte frühzeitig Hilfe in Anspruch genommen werden. Von einer akuten Insomnie spricht man, wenn die Symptome nicht länger als 4 Wochen anhalten. Oft gibt es hierfür ein auslösendes Lebensereignis, wie z. B. der Verlust eines Angehörigen, anstehende Prüfungen, Veränderungen am Arbeitsplatz oder im Privatleben, die erklären, warum der Schlaf vorübergehend gestört ist. In diesem Fall ist der kurzfristige Einsatz schlaffördernder Medikamente nützlich, dieser sollte jedoch zeitlich auf max. 4 Wochen begrenzt sein. Halten Ein- und Durchschlafstörungen länger als drei Monate an und führen diese zu einer anhaltenden Beeinträchtigung im Alltag, wird diese als chronische Insomnie bezeichnet. In diesem Fall ist eine weitere Abklärung sinnvoll. Die Ursachen für die Insomnie sind vielfältig. So können Schlafstörungen auch ohne ein erkennbar auslösendes Ereignis auftreten – die sogenannte „primäre Insomnie“ betrifft ca. 10 % der Bevölkerung und nimmt mit steigendem Alter an ihrer Häufigkeit zu. Frauen sind davon häufiger betroffen als Männer.

Gelegentlich sind schlafbezogene Atmungsstörungen oder schlafbezogene Bewegungsstörungen (wie z. B. das Restless-Legs-Syndrom) Ursache von Schlafstörungen, um diese zu verifizieren, ist eine ausführliche Schlafanamnese und ggf. eine weiterführende Diagnostik in einem Schlaflabor notwendig.

Therapieoptionen bei Schlafstörungen

Grundsätzlich sollte jede Schlafstörung ernst genommen werden. Wenn Betroffene eine Beeinträchtigung ihres Schlafes und damit auch ihrer Tagesbelastung erleben, besteht oft auch eine relevante Beeinträchtigung der Lebensqualität, dann sollte eine Schlafstörung auch behandelt werden. Gelegentlich ist eine gute Aufklärung über Schlafstörungen, ergänzt durch verhaltensmodifizierende schlafhygienische Maßnahmen (Tab.), bereits ausreichend, um eine Insomnie positiv zu beeinflussen. Sollten diese Maßnahmen jedoch keinen Effekt zeigen, sind andere spezifische Therapieverfahren, wie etwa die kognitive Verhaltenstherapie für Insomnie (CBT-I), indiziert. In manchen Fällen ist eine zumindest vorübergehende Behandlung mit schlafanstoßenden Medikamenten sinnvoll, diese sollten aber immer in Kombination mit verhaltensmodifizierenden Maßnahmen eingesetzt werden.

 

 

Schlaffördernde Medikamente

Benzodiazepine und Benzodiazepinrezeptoragonisten sollten nur in der Kurzzeitbehandlung der Insomnie eingesetzt werden (≤ 4 Wochen). Präparate mit einer kürzeren Halbwertszeit haben dabei in Bezug auf Sedierung am Morgen möglicherweise weniger Nebenwirkungen. Eine Langzeitbehandlung wird vor allem aufgrund möglicher Nebenwirkungen/Risiken nicht empfohlen. Schlafanstoßende Antidepressiva, auch das Chronotherapeutikum Melatonin, finden ihren Einsatz sowohl in der Kurz- als auch in der Langzeitbehandlung von Schlafstörungen. Lichttherapie und Bewegungsübungen können als ergänzende Therapien ebenfalls nützlich sein.

Wissenswertes für die Praxis
  • Ein- und Durchschlafstörungen sollten früh erkannt und ernst genommen werden.
  • Mittel der ersten Wahl in der Behandlung der Insomnie ist die kognitive Verhaltenstherapie für Insomnie (CBT-I). Vorübergehend kann auch der Einsatz einer medikamentösen Therapie angezeigt sein.
  • Bei anhaltenden oder therapierefraktären Insomnien oder bei Verdacht auf Vorliegen von Schlafatmungsstörungen oder schlafassoziierten Bewegungsstörungen sollte eine Schlaflaboruntersuchung erfolgen.

Risikofaktor für andere Erkrankungen

Ein chronischer Schlafmangel ist mit verschiedenen Erkrankungen assoziiert. Dazu gehören neben Depressionen und anderen psychischen und psychiatrischen Erkrankungen auch Assoziationen zu Übergewicht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, arterieller Hypertonie, Diabetes und einer Schwächung des Immunsystems, vermutlich sogar verschiedene Krebserkrankungen. Weiters zeigen Studien einen Zusammenhang zwischen Insomnie und der Entwicklung neurodegenerativer Erkrankungen, vor allem Demenz. Eine gute Schlafqualität trägt somit nicht nur zu einer Verbesserung der Lebensqualität im Allgemeinen bei, sondern sie ist auch wesentlich für die allgemeine Gesundheit.