Was tun bei erhöhten Leberwerten und fokalen Leberläsionen im Ultraschall?

In vielen Fällen ist mittels detaillierter Anamnese, weniger Labortests und einer sorgfältigen Sonografie der Oberbauchorgane eine relativ genaue Eingrenzung der Differenzialdiagnose möglich (siehe Abb.).

Gallensteinleiden

Entscheidend ist beim sehr häufigen Gallensteinleiden und der Gallenkolik die Anamnese (z. B. starke wellenförmige Schmerzen im rechten Oberbauch < 15 Minuten bis Stunden, Ausstrahlung in die Magengegend und den Rücken). Charakteristisch beim symptomatischen Gallensteinleiden ist primär ein cholestatisches Enzymmuster (= γGT und/oder AP >> ALT), sonografisch erweiterte Gallenwege und ein positiver Steinnachweis. Zu beachten ist, dass sich bei einer kurzen Zeitspanne zwischen der ersten Kolik und der Vorstellung der Patient:innen ein akuter Steinverschluss biochemisch jedoch als hepatitisches Muster präsentieren kann (= ALT >> AP und/oder γGT), da die Erhöhung von ALT der von AP/γGT um Stunden/Tage vorausgeht, was häufig als akute Hepatitis fehlinterpretiert wird.

Intoxikationen und Nahrungsmittelvergiftungen

Anamnestische Fragen und Angaben zu Naturheilmittel- oder Nahrungsergänzungsmitteleinnahme (z. B. Aloe vera, Teufelskrallenextrakte, Schöllkraut, Nahrungsergänzungsmittel zum schnelleren Muskelaufbau) sind in der Abklärung erhöhter Leberfunktionstests (LFTs) sehr wichtig. Die Latenzzeit medikamentös-toxischer Leberschädigungen kann eine Woche bis drei Monate betragen. Auf immun-allergische Symptome wie Exantheme, Fieber und vergrößerte Lymphknoten sollte geachtet werden. Bauchschmerzen und Fieber können führende Symptome sein und machen die Differenzialdiagnose oft schwierig. Die Differenzialdiagnose sollte nicht wegen eines früh gehegten Verdachts eingeschränkt werden. Eine Virus-Hepatitis (A, B, C, E) sollte immer in Betracht gezogen werden. Besonders hervorzuheben ist die Möglichkeit eines chronischen Verlaufs einer Hepatitis E bei immunsupprimierten Patient:innen. Ganzjährig sollte zudem an Pilzintoxikationen und Nahrungsmittelvergiftungen gedacht werden.

Nichtalkoholische Fettlebererkrankung

Häufig wird bei erhöhten LFTs zusammen mit Adipositas oder metabolischem Syndrom eine nichtalkoholische Fettlebererkrankung vorliegen. Unbestritten kommt dem alkoholisch bedingten Leberzellschaden in Österreich eine große Bedeutung zu. Zentral für die Risikostratifizierung ist dabei der einfache FIB-4-Index, der sich mit Alter, AST, ALT sowie der Thrombozytenzahl mittels Online-Rechnern bestimmen lässt. Liegt dieser unter 1,3, kann von der Abwesenheit einer signifikanten Leberfibrose ausgegangen werden, während Werte über 1,3 eine Leber-Elastografie indizieren. Liegt dabei der Wert zwischen 7,9 und 9,6 kPa, kann von der Möglichkeit einer fortgeschrittenen Fibrose ausgegangen werden, während bei einem Wert über 9,6 eine fortgeschrittene Fibrose als praktisch gesichert gilt. Ein FIB-4-Index von über 2,67 sollte eine Vorstellung bei Leberspezialist:innen triggern. Bei Patient:innen mit vermuteter Fettlebererkrankung sollten oben genannte Differenzialdiagnosen (z. B. Virushepatitis, Stoffwechselerkrankungen) ausgeschlossen werden. Therapeutisch steht bei Fettleber meist und primär die Modifikation des Lebensstils im Vordergrund. Bei Alkoholkrankheit sind das Ansprechen des Problems und Kurzinterventionen häufig die ersten und wichtigsten Schritte.

Moderne Sonografie

Die moderne Ultraschalldiagnostik ist von enormer Bedeutung. Die Elastografie der Leber hat die klinische Hepatologie in Diagnostik und Prognosekalkulation revolutioniert. Eine sorgfältige Untersuchung erlaubt in den meisten Fällen die Klärung, ob eine fortgeschrittene Fibrose oder ein klinisch signifikanter portaler Hypertonus vorliegt. Aszites kann bereits in kleinsten Mengen detektiert werden, und farbcodierte Verfahren ermöglichen rasch und verlässlich eine Untersuchung der Durchblutungsverhältnisse der Leber und der splenoportalen Achse (z. B. bei Verdacht auf Pfortaderthrombose oder Budd-Chiari Syndrom). Auch in der primären Abklärung von Leberrundherden kommt der Sonografie ein hoher Stellenwert zu. So ist in vielen Fällen die sichere Diagnosestellung eines Hämangioms oder einer fokal nodulären Hyperplasie (FNH) möglich oder die dringende Verdachtsdiagnose von Karzinommetastasen erstellbar. Unklare Leberrundherde (insbesondere in fibrotischer/zirrhotischer Leber) machen häufig eine weitere Abklärung mittels kontrastmittelgestützter MRT notwendig. Hier ist auf spezielle Untersuchungsprotokolle mit hohen Qualitätsstandards (3/4-phasige Untersuchung, idealerweise mit gallengängigem Kontrastmittel) zu achten, da sonst unnötige Wiederholungen der Untersuchungen getriggert werden, die für Patient:innen und das Gesundheitssystem unnötige Mehrbelastungen nach sich ziehen.

Wissenswertes für die Praxis

  • Lebererkrankungen sind in ihrer Prävalenz (z. B. Fettleber) häufig zunehmende und in vielen Fällen behandelbare Erkrankungen (z. B. CHC, CHB, Hämochromatose).
  • Da Lebererkrankungen häufig lange asymptomatisch verlaufen, kommt ihnen in der sorgfältigen Abklärung von pathologischen Leberfunktionstests oder sonografisch als Zufallsbefund entdeckter fokaler Leberläsionen große Bedeutung zu.
  • Die eingehende Anamnese und klinische Untersuchung sollten immer um eine Ultraschalluntersuchung der Oberbauchorgane erweitert werden.